Stefan Wolf
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Stefan Wolf, Vorstandsvorsitzender der ElringKlinger AG und Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall.

Bürgergeld vs. Mindestlohn

Gesamtmetall-Chef wird deutlich: Höheres Bürgergeld ein „kapitaler Fehler“

  • Lisa Mayerhofer
    VonLisa Mayerhofer
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Die Ampel-Koalition hat für 2024 eine kräftige Erhöhung des Bürgergelds geplant. Für Gesamtmetall-Chef Stefan Wolf ein Fehler.

Berlin – Die Ampel-Koalition hat angesichts der steigenden Lebenshaltungskosten das Bürgergeld für das kommende Jahr noch einmal kräftig erhöht: Ab 2024 sollen erwachsene Bezieherinnen und Bezieher monatlich 563 Euro bekommen – also 61 Euro mehr als derzeit. Der Mindestlohn wird im kommenden Jahr dagegen nur von 12 Euro auf 12,41 Euro steigen – also um 41 Cent. Arbeitgeber-Verbände sind deshalb empört: Sie fürchten, dass die Bürgergeld-Erhöhung die Motivation, einen Job auf Mindestlohn-Niveau anzunehmen, sinken lässt.

Gesamtmetall-Chef: Bürgergelderhöhung ein „kapitaler Fehler“

Das bekräftigte nochmals Stefan Wolf, Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, gegenüber der Bild am Sonntag. Dabei nannte er die geplante Bürgergelderhöhung einen „kapitalen Fehler“: „Je nach individueller Situation kann es sich in der Metall- und Elektroindustrie beispielsweise dann in den zwei unteren Gehaltsstufen nicht mehr lohnen, jeden Tag arbeiten zu gehen. Der Abstand zum Bürgergeld, ohne arbeiten zu müssen, ist dann einfach zu gering.“

Wolf beklagte gegenüber der Zeitung zudem eine zunehmende Abkehr vom Leistungsprinzip in Deutschland. Schon mit dem Begriff „Work-Life-Balance“ habe er ein Problem, sagte der Gesamtmetall-Chef. „Er sagt aus, Work ist schlecht, Life ist gut. Dabei sind Leben und Arbeit doch keine Gegensätze.“ Das Thema Leistung und Arbeit müsse wieder positiv dargestellt werden, nicht nur von Arbeitgebern und Verbänden, vor allem in den Familien und an den Schulen, sagte Wolf.

Bürgergeld vs. Mindestlohn: SPD-Generalsekretär sieht Arbeitgeber in der Pflicht

Kevin Kühnert sieht dagegen die Arbeitgeber in der Pflicht. Der Generalsekretär der SPD verwies auf die vielen unbesetzten Stellen, die es inzwischen in Deutschland gebe. Sie seien das Ergebnis schlechter Arbeitsbedingungen und Niedriglöhne. Arbeitnehmer würden deswegen zunehmend „das Weite suchen“, sagte Kühnert im September im ARD-Mittagsmagazin. „Ich glaube, Arbeitgeber müssen ein Eigeninteresse daran haben, Arbeitsbedingungen herzustellen – das ist nicht nur Lohn, aber eben auch -, die dazu geeignet sind, dass Beschäftigte ihrem Unternehmen auch treu bleiben.“

Die Nachfrage nach Arbeitskräften in Deutschland weiterhin sehr hoch, es fehlt an vielen Stellen an Fachkräften. Die Zahl der offenen Stellen gab die Bundesagentur für Arbeit im September mit 761.000 an. Allerdings lässt die Nachfrage angesichts der schwächelnden deutschen Wirtschaft leicht nach.

Die Regierung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte das Bürgergeld zum 1. Januar 2023 eingeführt – es löste das bisherige Hartz-IV-System ab. Das Bürgergeld ist eine zentrale sozialpolitische Reform der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP. Bürgergeld-Beziehenden sollen mit der Reform mehr Freiheiten und Weiterbildungsmöglichkeiten eingeräumt werden. Aktuell erhalten mehr als fünf Millionen Menschen in Deutschland Bürgergeld. Viele davon haben keinen Berufsabschluss – mit der Reform soll sich das ändern.

Mit Material von dpa und AFP

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