Stellenabbau im Handwerk
Fünftes Jahr im Minus: Bau und Handwerk in der Krise – doch es gibt Aussicht auf Besserung
VonMoritz Maierschließen
Bei Bau und Handwerk fehlen die Arbeitskräfte. Gleichzeitig drohen gerade dort Entlassungen. Wo Herausforderungen und Perspektiven liegen.
Berlin – Die deutsche Wirtschaft steckt in der Krise: Sie droht, im dritten Jahr in Folge zu schrumpfen. Ein großer Wirtschaftstreiber in Deutschland sind die Bauindustrie und das Handwerk. Die Probleme der Branche stehen in vielen Fällen aber symptomatisch für die gesamte Ökonomie Deutschlands: riesiger Investitionsstau, Auftragsschwund und jahrelanger Fach- und Arbeitskräftemangel.
Die Zahl der offenen Stellen in Bau und Handwerk stieg zwar zuletzt weiter. Doch der Trend kehrt sich um. Insbesondere im Bau erwarten Branchenverbände einen Rückgang der Beschäftigtenzahl.
Stellenabbau und fehlende Investitionen in Bau und Handwerk
Rund 918.000 Menschen arbeiteten 2024 im deutschen Bauhauptgewerbe, wie aus Zahlen des Statistischen Bundesamts hervorgeht. 63 Prozent davon sind in Kleinbetrieben mit höchstens 49 Angestellten beschäftigt. Von 2009 bis 2024 ging die Zahl der Angestellten kontinuierlich nach oben – trotz der harten wirtschaftlichen Einschnitte während der Corona-Pandemie.
Auch die Zahl unbesetzter Stellen steigt. Das zeigen neue Daten von index Anzeigedaten, einem Unternehmen, das sich auf Auswertungen von Stellenanzeigen spezialisiert hat. So schrieben Betriebe der Berufsgruppen Bauwesen, Handwerk und Umwelt im gesamten Jahr 2024 insgesamt über 2,5 Millionen Stellen aus.
Das Wachstum bei den Stellenausschreibungen wird aber geringer. Und die Zahl der insgesamt in der Baubranche beschäftigten Menschen sinkt sogar bereits. Der Aufwärtstrend endete 2024; erstmals seit 15 Jahren ging die Zahl der Beschäftigten zurück. Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) prognostiziert für 2025 ein weiteres Absinken auf Stellen für 910.000 Mitarbeitende.
| Jahr | Beschäftigte Bauhauptgewerbe (in 1.000) |
|---|---|
| 2016 | 781 |
| 2017 | 812 |
| 2018 | 837 |
| 2019 | 870 |
| 2020 | 893 |
| 2021 | 911 |
| 2022 | 927 |
| 2023 | 928 |
| 2024 | 918 |
| 2025 (Prognose HDB) | 910 |
„Wir rechnen damit, dass sich diese in diesem Jahr um ein Prozent reduzieren wird“, sagt HDB-Hauptgeschäftsführer Tim-Oliver Müller unserer Redaktion. „Dies ist aber nicht auf übermäßige Entlassungen zurückzuführen, wie immer wieder behauptet wird, sondern im Wesentlichen darauf, dass freigewordene Stellen nicht nachbesetzt werden. Denn trotz der wirtschaftlichen Lage setzen die Unternehmen alles daran, die Belegschaft um jeden Preis zu halten“, sagt der Verbandschef.
Wie Bau und Handwerk aus der Krise kommen können
Wie in vielen Branchen mangelt es auch im Bau nicht an Aufgaben. Steigende Preise sorgen aber für zu wenig Geschäft. „Wohnungen, Brücken, Straße, Schiene: Die Leistungen der Bauindustrie sind gefragt wie nie – aber es wird einfach zu wenig gebaut. Das schlägt sich auch in den Zahlen nieder: Insgesamt erwarten wir für 2025 einen Umsatzrückgang von 1,4 Prozent. Ein Rückgang im fünften Jahr in Folge“, sagt Müller zur bitteren Situation. Die Zahl der Bauzulassungen brach ein und auch die Bundesregierung hinkt ihren selbstgesteckten Zielen beim Neubau seit Jahren hinterher. Der HDB fordert in Zeiten zahlreicher Krisen entschiedenes Handeln der Politik und höhere öffentliche Investitionen.
„Wenn öffentliche Investitionen fließen, wird der Bau automatisch zu einem Motor der Binnenkonjunktur. Jeder investierte Euro in den Bau erzeugt 2,50 Euro an privater Wertschöpfung. Das sichert Beschäftigung in vielen Sektoren“, sagt HBD-Chef Müller. „Wenn eine Bundesregierung dann endlich wieder Stabilität und Verlässlichkeit ausstrahlt, sollte sie dieses positive Momentum nicht wieder dadurch torpedieren, mit kleinteiligen Vorgaben zu versuchen, der bessere Unternehmer zu sein.“
Der Bauverband sieht vor allem in zu viel Regulierung beim Bauen ein Problem. Zwar hat Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) schon lange angekündigt, dort die Axt anzusetzen. Ob echte Besserung eintritt und damit der Rückgang der Wirtschaft und der Beschäftigungszahlen beendet werden kann, hängt aber an der neuen Bundesregierung nach der Bundestagswahl.
Rubriklistenbild: © IMAGO