IEA Report

Erstaunliche Entwicklung: Wie China seine Wirtschaft klimaneutral aufstellt

  • Amy Walker
    VonAmy Walker
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Der aktuelle Bericht der Internationalen Energieagentur sorgt für Aufsehen. Demnach steht das Ende der fossilen Ära kurz bevor. Grund dafür ist China.

Peking/Paris – Um die globalen Klimaziele zu erreichen, spielen die größten Emittenten wie China, die USA oder Indien eine enorme Rolle. Das zeigt sich deutlich im diesjährigen Energiebericht der Internationalen Energieagentur (IEA) in Paris. Demnach sinkt Chinas Nachfrage nach Kohle, Öl und Erdgas, stattdessen steigt der Bedarf an erneuerbarem Strom. Das Land beendet seine jahrzehntelange Aufholjagd mit dem Westen – mit Erfolg. Für die Regierung in Peking beginnt jetzt eine Neuausrichtung auf eine klimaneutrale Wirtschaft.

Daten zeigen erstaunliche Entwicklung in China

Ein ganz wesentlicher Grund für die Trendwende in China ist die Kohle. Bis heute ist China der größte Kohleverbraucher weltweit: Ein Drittel des weltweiten Verbrauchs geht auf das asiatische Land zurück. Aber damit soll bald Schluss sein. Noch vor 2030 werden die Emissionen aus Kohle in China ihren Scheitelpunkt erreichen, so die IEA. Danach beginnt die Ära der grünen Technologien.

Zur Veranschaulichung einige Daten aus dem Report der IEA: 60 Prozent aller verkauften E-Autos wurden 2022 in China verkauft. 50 Prozent der neuen Windkraftanlagen und 45 Prozent aller neuen Solaranlagen weltweit wurden in China aufgestellt und in Betrieb genommen. Und 30 Prozent der neuen globalen Kapazitäten für Atomstrom gingen auf die asiatische Großmacht zurück. China ist damit nicht nur auf gutem Weg, die selbstgesteckten Ziele bis 2030 zu erreichen; mutmaßlich werden die Ziele sogar noch früher erreicht, als geplant. Die IEA geht davon aus, dass ab 2025 die Emissionen kontinuierlich sinken werden.

Grund für sinkende Emissionen: Schwächelnde Wirtschaft

Ein Grund für die sinkenden Emissionen in China liegt schlicht auch daran, dass der Wirtschaftsboom vorbei ist. Während 2015 die chinesische Wirtschaft noch um 6,9 Prozent zulegte, sind es 2023 mutmaßlich nur noch 4,9 Prozent. 2030 geht die Energieagentur von einem leichten Wachstum von 3,3 Prozent aus.

Dass die Boom-Jahre in China vorüber sind, lässt sich ganz besonders an der Baubranche erkennen: Die beiden größten Immobilienunternehmen des Landes, Evergrande und Country Garden, können ihre Schulden nicht mehr begleichen, sie könnten sogar pleitegehen. Die Nachfrage im Bausektor ist in China zurückgegangen – die Mega-Städte wachsen nicht mehr so drastisch an, wie noch vor 20 Jahren. Der Bausektor war aber in den vergangenen Jahren einer der wichtigsten Gründe für das Wirtschaftswachstum im Land, ein Viertel des Bruttoinlandsproduktes ging auf diesen Bereich zurück.

Solaranlagen in einem Tal in der Provinz Guizhou. (Archivbild)

Fürs Klima sind das aber gute Nachrichten. Denn die Baubranche verursacht große Mengen CO₂, beispielsweise durch die Verwendung von Materialien wie Beton und Stahl. Ein Rückgang der Bautätigkeit in China bedeutet also zwangsläufig auch ein Rückgang der Emissionen. Das zusammen mit der wachsenden Bedeutung an regenerativen Energien wirkt sich positiv auf die Klimabilanz des Landes aus.

China strebt Klimaneutralität bis 2060 an

China wird aber, auch das stellen die Autoren des IEA-Papiers fest, nach aktuellen Prognosen bis 2050 nicht klimaneutral sein. Das ist auch gar nicht das Ziel der Regierung in Peking: Sie strebt eine Klimaneutralität bis 2060 an. Aber auch wenn die erneuerbaren Energien in China an Bedeutung gewinnen, wird das Land im Jahr 2050 immer noch der größte Verbraucher von fossilen Energien sein. Kohle wird vielleicht stark an Bedeutung verlieren, aber beim Erdgas und Öl geht es nur schleppend voran. Dem Bericht zufolge werden die Emissionen durch Erdgas ihren Scheitelpunkt erst 2040 erreichen, beim Öl wird der Höhepunkt vermutlich 2030 schon erreicht, der Rückgang bis 2050 soll danach aber nur langsam erfolgen.

Dennoch bleibt der Report insgesamt optimistisch. Wird Chinas Kohleverbrauch so sehr sinken, wie aktuelle Prognosen vermuten, dann ist das global gesehen ein großer Meilenstein. Die Kohleverbrennung in China ist aktuell verantwortlich für ein Viertel der gesamten CO₂-Emissionen weltweit. Damit rückt das 1,5-Grad-Ziel wieder in erreichbare Nähe. Es müsse zwar noch sehr, sehr viel passieren, so die Autoren. Aber die Weichen werden aktuell gestellt.

Rubriklistenbild: © Liu Fuchao/dpa