Zulasten von Mieter und Eigentümern

Kommunen füllen leere Kassen mit Grundsteuer-Erhöhungen – Haken der Reform?

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    VonBona Hyun
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Kommunen brauchen dringend Geld – und erhöhen inmitten der Wirtschaftskrise die Grundsteuer. Folgende Bundesländer zählen zu den Spitzenreitern.

Berlin – In vielen Kommunen werden seit 2018 vorausschauend die Hebesätze für die Grundsteuer B erhöht. Der Hebesatz ist neben dem Grundstückswert einer der Faktoren zur Berechnung der Grundsteuer. Städte und Gemeinden legen ihn eigenständig fest. Sie bestimmen damit die Höhe der Steuer.

Für die Kommunen ist die Grundsteuer eine der wichtigsten Einnahmequellen. Eine Bild-Umfrage in den Bundesländern ergibt nun: Zum Teil hat jede vierte Kommune 2023 die sogenannte Grundsteuer B (für bewohnte Gebäude) angehoben.

Ein Grundsteuerbescheid für 2024 wird vor einem Privatgrundstück hochgehalten.

Schock für Steuerzahler: In Nordrhein-Westfalen erhöhte mehr als jede vierte Kommune die Grundsteuer

In Nordrhein-Westfalen soll demnach mehr als jede vierte Kommune die Grundsteuer B erhöht haben. Von 400 Kommunen erhöhten im vergangenen Jahr 113 die Grundsteuer B. Auch in anderen Bundesländern schraubten Städte und Gemeinden die Hebesätze massiv nach oben. In Niedersachsen langte jede fünfte der 945 Kommunen zu, ergab die Umfrage.

Die Grundsteuer B wird seit einigen Jahren kontinuierlich teurer. 2022 wurde die Grundsteuer so stark erhöht wie seit 2016 nicht mehr. 2023 erfolgte eine weitere Erhöhung. Der durchschnittliche gewogene Hebesatz der Grundsteuer B stieg von 549 Prozent (2022) um 5 Prozentpunkte auf 554 Prozent. Das zeigte eine Analyse der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) aus Ende 2023. Die DIKH erhebt jährlich die Hebesätze für die Gewerbesteuer und die Grundsteuer B in allen Gemeinden ab 20.000 Einwohnern.

Immer mehr Kommunen erhöhen Hebesätze der Grundsteuer

Insgesamt 103 Kommunen erhöhten die Hebesätze der Grundsteuer B im Jahr 2023. Zur Erklärung: Im Gegensatz zur Bild wurden in der Umfrage ab 20.000 Einwohnern betrachtet. „Aus Berichten wissen wir, dass vor allem auch kleinere Kommunen ihren Hebesatz der Grundsteuer B erhöht haben“, sagte die Pressestelle des DIHK auf Nachfrage von Ippen.Media.

Der IHK-Hebesatzumfrage zufolge fällt die Spannbreite der Erhöhungen in den unterschiedlichen Kommunen dabei insgesamt sehr groß aus. Demnach erhöhten 26 Gemeinden den ihren Hebesatz jeweils zwischen 20 und 49 Punkten. Insgesamt 38 Gemeinden erhöhten ihren Grundsteuer-Hebesatz jeweils um 50 und 100 Prozentpunkte – und 17 Gemeinden sogar um mehr als 100 Prozentpunkte.

Absoluter Spitzenwert der Hebesatz-Erhöhungen ist das hessische Bad Homburg vor der Höhe – um satte 345 Prozentpunkte wurde der Grundsteuer-Hebesatz dort im vergangenen Jahr angehoben. Damit steigt er in der hessischen Kreisstadt auf insgesamt 690 Prozent. Dahinter liegt das nordrhein-westfälische Xanten mit einem Plus von 200 Punkten auf insgesamt 850 Prozent, sowie die hessische Stadt Oberursel mit einem Anstieg um 197 auf insgesamt 947 Prozentpunkte.

Bewohner leiden unter erhöhter Grundsteuer – was ist der Grund?

Was könnte der Grund für die massive Erhöhung der Grundsteuer sein? Die Städte und Gemeinden könnten sich laut der Bild auf die Grundsteuer-Reform vorbereiten, die ab 2025 gelten soll. Dann soll eine neue Grundsteuer-Berechnung gelten. Das hatte das Bundesverfassungsgericht gefordert, da die Finanzämter den Wert einer Immobilie zuletzt auf der Grundlage völlig veralteter Daten kalkuliert hatten. 

Weil sich ab 2025 andere Messwerte ändern, „müsste das, wegen der versprochenen Aufkommensneutralität, in den meisten Kommunen zur Absenkung der Hebesätze führen“, sagte Ralf Seibicke (63), Präsident des Verbandes der Steuerzahler Sachsen-Anhalt der Bild. Als Maßstab kommt für Seibicke „das Jahr 2018 in Betracht, allenfalls ein Durchschnitt der Hebesätze der Jahre 2018 bis 2023.“

Grundsteuer A, B und C

Mit Grundsteuer A und Grundsteuer B werden die unterschiedlichen Hebesätze betitelt. Die Festsetzung der Hebesätze erfolgt dabei durch die jeweilige Kommune. Dabei „A“ steht für „agrarisch“ und gilt für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke. „B“ steht laut Grundsteuer-digital für „baulich“ und wird angewendet bei bebauten und unbebauten gewerblichen und privaten Grundstücken.

Die Grundsteuer C ermöglicht es Kommunen ab 2025 einen eigenen Hebesatz für baureife Grundstücke einführen.

Was ist die Grundsteuer?

Die Grundsteuer wird auf den Grundbesitz erhoben. Hierzu gehören Grundstücke, einschließlich der Gebäude sowie Betriebe der Land- und Forstwirtschaft. Gezahlt wird sie grundsätzlich von den Eigentümern. Im Fall der Vermietung kann die Grundsteuer über die Betriebskosten auf Mieter umgelegt werden.

Die durch die Grundsteuer erzielten Einnahmen fließen ausschließlich den Städten und Gemeinden zu. Derzeit sind es laut Angaben des Bundesfinanzministeriums fast 15 Mrd. Euro jährlich. Gemeinden benötigen die Grundsteuer, um kommunalen Einrichtungen wie Schulen, Schwimmbäder, Kindergärten und ähnliches zu finanzieren. Außerdem geht das Geld in die Infrastruktur und ermöglicht den Bau von Radwegen und Straßen.

Rubriklistenbild: © Bernd Weißbrod/dpa

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