Strompreis

Bestraft für Energiewende: Norden und Osten zahlen mehr

  • Lars-Eric Nievelstein
    VonLars-Eric Nievelstein
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Der Norden und Osten Deutschlands sind die Vorhut der Energiewende in Deutschland. Aktuell sind höhere Stromkosten der Lohn dafür. Das hat die Bundesnetzagentur auf den Plan gerufen.

Berlin – Schon im vergangenen Jahr forderten die nördlichen Bundesländer eine Aufteilung Deutschlands in sogenannte Strompreiszonen. Der Grund dafür sind die unterschiedlich hohen Entgelte für Verbraucher, die den Norden tendenziell mehr belasten als den Süden. Und das, obwohl der Norden und Osten die größten Anstrengungen bezüglich der Energiewende unternehmen.

Leistung von Windkraftanlagen in Schleswig-Holstein7.456 Megawatt (Stand 2022)
Höchstes Netzentgelt15 c/KwH)
Bundesland mit den höchsten StromkostenSaarland
Mögliche Strompreiserhöhung 202432 Prozent

Erneuerbare Energie im Norden und Osten

In Schleswig-Holstein zum Beispiel sorgen die Windkraftanlagen für einen Output von 7.456 Megawatt (Stand 2022). Damit übertrifft das kleine Bundesland die kombinierte Leistung von Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen. Laut dem Bundesverband WindEnergie (BWE) haben lediglich Brandenburg (über 8.200 Megawatt) und Niedersachsen (über 12.000 MW) eine höhere Leistung aus der Windkraft.

Bestraft für Energiewende: Der Norden zahlt mehr

Gleichzeitig zahlt Schleswig-Holstein mit die höchsten Stromkosten. Die Pro-Kopf-Stromkosten pro Jahr belaufen sich im nördlichsten Bundesland auf 574 Euro, lediglich übertroffen vom Saarland mit 597 Euro. Dem deutschen Stromspiegel zufolge sind diese Kosten dafür in Sachsen (465 Euro pro Kopf) und Berlin (467 Euro) am niedrigsten. Das hat auch mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien zu tun.

Das Kostenproblem hinter der Energiewende

Der bereits angesprochene Streit dreht sich im Kern die (zwischen den Bundesländern deutlich schwankenden) Stromnetzentgelten. Diese muss jeder Verbraucher zahlen. Die Kosten gehen erst an seinen Stromanbieter, der wiederum den Betreiber des Stromnetzes entlohnen muss. In welcher Höhe und wie konkret die Netzentgelte von Bundesland zu Bundesland schwanken, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Die Bundesnetzagentur nennt dabei zum Beispiel:

  • Die Dichte der Industriegebiete im Bundesland
  • Bevölkerungsdichte
  • Integration der erneuerbaren Energien

Nördliche Bundesländer zahlen höhere Netzentgelte

Aktuell tragen die Kunden in den Netzregionen, die jetzt entlastet werden sollen, sämtliche Kosten für die Integration der erneuerbaren Stromerzeugung. Das bedeutet: Die Kosten verteilen sich nicht gleichmäßig auf alle Netznutzer. In weiten Teilen Nord- und Nordostdeutschlands sind die Netzentgelte – als Teil der Stromkosten – darum deutlich höher als etwa im Süden. Laut Bundesnetzagentur gibt es in einigen Regionen Netzentgelte bis zu 15 Cent pro Kilowattstunde, während sie in anderen Regionen weniger als fünf Cent betragen. Sogar innerhalb einzelner Bundesländer kann es zu starken Schwankungen kommen.

„Diese Entwicklung hat über die Jahre eine nicht weiter hinnehmbare Dimension angenommen“, erklärt die Bundesnetzagentur dazu. Mit dem weiteren Ausbau erneuerbarer Energien würde sie sich verschärfen. In Regionen, die deutlich mehr erneuerbaren Strom erzeugen als sie verbrauchen, entstehen für den Umbau der Netze hohe Kosten. Dabei versorgt dieser Strom die ganze Bundesrepublik.

Entlastung von der Bundesnetzagentur

Eine Novelle des Energiewirtschaftsrechts soll ich das ändern. Eine finanzielle Entlastung für Verteilnetzbetreiber, in deren Netzgebiet besonders viele Ökostromanlagen angeschlossen sind, müsse her. Die Finanzierung soll über eine bestehende Umlage geschehen, die alle Stromkunden bereits jetzt als Teil der Strompreise bezahlen. Diese soll von 0,4 Cent auf ungefähr 0,6 Cent pro Kilowattstunde steigen.

Das würde den durchschnittlichen Haushalt eine Einsparung von zehn Euro im Jahr bedeuten. „Wir faire Netzentgelte für die Menschen und Unternehmen, die in Regionen mit einem starken Ausbau der Erneuerbaren leben beziehungsweise wirtschaften“, sagt Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, dazu. „Die Energiewende ist eine Gemeinschaftsaufgabe, und Investitionen in die Netze kommen allen zugute. Wir wollen eine gerechte Verteilung der Kosten erreichen.“

Diesen Vorschlag will die Bundesnetzagentur nun mit der Politik, der Branche und zivilgesellschaftlichen Akteuren diskutieren. Im dritten Quartal 2024 will sie außerdem eine Festlegung zur sachgerechten Verteilung der Mehrkosten erlassen, die frühestens zum 1. Januar 2025 in Kraft tritt.

Massive Erhöhung im neuen Jahr

Vorher aber könnten noch deutlich höhere Strompreise auf alle Kunden zukommen. Diese Woche gaben die Stadtwerke bekannt, dass durch den Wegfall der Strompreisbremse Preiserhöhungen um 32 Prozent auf Verbraucher zukommen können.

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