Automobil-Arbeitsmarkt in Krisenzeiten

Trotz Schwächephase: Diese Berufsgruppen sind jetzt in der Autoindustrie gefragt

  • Fabian Hartmann
    VonFabian Hartmann
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Nicht nur die Nachfrage nach Elektroautos ist 2024 gesunken, sondern auch die Zahl der Pkw-Neuzulassungen. Viele in der Branche bangen um ihren Job. Welche begehrt sind, zeigt eine neue Studie.

München – Während die Nachfrage nach klassischen Verbrennermotoren 2024 stark schwankte, verlangsamte sich der Absatz innerhalb der Elektroauto-Branche im Jahresverlauf immer mehr – bis er im August einbrach, wie unlängst bekannt wurde. Ganze 69 Prozent weniger neue E-Autos wurden in Deutschland im August im Vergleich zum Vorjahresmonat registriert. 197.322 neu zugelassene Pkw zählte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) im August 2024, was einem Rückgang von 27,8 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat entspricht.

In der Automobilbranche geht unterdessen die Sorge vor einer Kündigungswelle um – zumal zuletzt auch Volkswagen ankündigte, seine seit 1994 geltende und bis 2029 laufende Beschäftigungssicherung zu beenden. Zudem steht die deutsche Autoindustrie auch weiterhin unter Druck aus China, das staatlich subventionierte Elektroautos auf den europäischen Markt schwemmt. Welche Fähigkeiten und Berufe in der Branche zu einem solch heiklen Zeitpunkt gefragt sind, legen neue Arbeitsmarkt-Analysen für die Automobilbranche nahe.

Zahl der Stellenausschreibungen innerhalb der Automobilbranche variiert je nach Region deutlich

Die Employer-Branding-Beratung Index hat sich in einer Analyse Stellenausschreibungen in insgesamt 197 Printmedien, 298 Online-Stellenportalen sowie auf rund 650.000 Unternehmenswebsites genauer angesehen. Auch das Stellenportal der Bundesagentur für Arbeit wurde in die Erhebung einbezogen. Ausgewertet wurden Daten zur Berufsgruppe „Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen“. 

Werknahes Aussennlager des Volkswagenkonzerns

Ein Hoffnungsschimmer zuerst: „Trotz des schwierigen Marktumfelds hat die Automobilindustrie von Januar bis Juli 2024 bundesweit rund 66.700 Stellen ausgeschrieben“, wird Index-CEO Jürgen Grenz von der Wirtschaftswoche zitiert. Bei ihrer Erhebung konnten die Index-Analysten auf Daten bis einschließlich Juli zurückgreifen, weshalb es durchaus sein könne, dass die Werte zum Jahresende ähnlich hoch ausfallen wie in den Vorjahren.

Aus der Erhebung geht unter anderem hervor, dass deutsche Autobauer und ihre Zulieferer im Vergleich zum Vorjahr deutlich weniger in Werbung für Stellenanzeigen investierten: Waren es bis Jahresende 2023 fast 115 Millionen Euro gewesen, sind es mit Stand Ende Juli nur rund 40 Millionen. Deutliche Unterschiede werden aber auch in der Zahl veröffentlicher Stellenanzeigen je nach Bundesland deutlich: In Sachsen zählten die Index-Analysten 6862 Stellenausschreibungen innerhalb der Automobilbranche, in Bayern dagegen 54.646 und in Baden-Württemberg immer noch 34.498. Dagegen waren es auch in Niedersachsen mit 9136 ausgeschriebenen Stellen weit weniger als im Süden des Landes.

Deutschlands Autozulieferer schrieben 2024 bislang weniger Stellen aus als im Vorjahr

Den Index-Analysten zufolge wird aber auch deutlich, wie sehr sich die Krise in der Automobilindustrie auch auf die Zulieferer auswirkt. Und zwar schlägt sie „voll auf die Zulieferer durch“, wie sie in einer Stellenmarkt-Auswertung aus dem August (13. August) schreiben. Als zentrale Ergebnisse gehen aus der Index Research Stellenmarkt-Auswertung speziell für Auto-Zulieferer hervor, dass die drei größten Zulieferer im Land 2024 deutlich weniger Stellen ausschrieben als noch zum gleichen Zeitpunkt 2023.

Bosch etwa schrieb zwischen Januar und Juli 2024 rund 64 Prozent weniger Stellen aus als im gleichen Zeitraum des Vorjahres, bei der ZF Friedrichshafen waren es rund 55 Prozent weniger Stellen als im Vorjahr. Die Continental AG aus in Hannover veröffentlichte rund 25 Prozent weniger Berufsangebote als noch 2023.

In den ersten sieben Monaten dieses Jahres inserierten alle drei Zulieferer mit rund 2.000, 468 und 827 Positionen die meisten Stellenangebote für die Berufsgruppe technischer Fachkräfte. Insgesamt veröffentlichte Bosch von Januar bis Juli 2024 fast 5500 Berufsangebote, ZF rund 1100 und Continental etwa 2900, wie aus dem Bericht von Index Research hervorgeht. Da ihre Analysten bisher jedoch nur Daten bis einschließlich Juli in ihre Auswertung einbeziehen konnten, könne es sogar sein, dass man bei der Zahl der beworbenen Stellen auf einem ähnlich hohen Niveau landet wie in den beiden Vorjahren.

So verteilt sich die Nachfrage aktuell auf dem Arbeitsmarkt innerhalb der Automobilbranche

Welche Positionen und Fähigkeiten sind in Krisenzeiten wie den aktuellen nun in der Automobilbranche besonders gefragt, und auf welche fällt im Gegensatz hierzu die geringste Nachfrage ab? Mit großem Vorsprung vor allen anderen Berufsgruppen innerhalb des Automobilsektors liegen technische Berufe wie Architekten, Ingenieure oder Konstrukteure hinsichtlich der Nachfrage mit 52.843 ausgeschriebenen Stellenanzeigen einsam an der Spitze.

Gefolgt werden sie von der Berufsgruppe Bauwesen, Handwerk und Umwelt innerhalb der Automobilbranche mit 31.408 ausgeschriebenen Stellenanzeigen sowie 18.767 Stellenausschreibungen im Bereich von IT und Telekommunikation. Auch Positionen im Bereich der Forschung erfreuten sich in den ersten sieben Monaten 2024 mit 15.521 Stellenausschreibungen innerhalb der Automobilbranche einer recht hohen Nachfrage.

Deutlich schlechter stand es da etwa um den Berufszweig Sekretariat/Office und Management/Verwaltung innerhalb der Automobilindustrie. Hier wurden lediglich 6450 Stellen zwischen Januar und Juli 2024 ausgeschrieben. Noch weniger gab es in den Bereichen Einkauf, Materialwirtschaft (6134), Personalwesen (3836), im Werbe- und PR- sowie Design- und Multimedia-Zweig der Branche (3849), sowie in Consulting und Beratung (2719). (fh)

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