Bundeshaushalt 2024

Ampel-Trick beim Bürgergeld: Regierung nutzt Beitragszahler als Sparschwein

  • Amy Walker
    VonAmy Walker
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Um ihr Haushaltsloch zu stopfen, will die Ampel 1,5 Milliarden Euro bei der Bundesagentur für Arbeit einsparen. Die weiß aber nicht, wie das gehen soll – hat aber eine dunkle Vermutung.

Berlin – Nach der Haushalts-Einigung wird schrittweise klar, wie die drei Koalitionäre aus SPD, Grüne und FDP planen, ihr milliardenschweres Finanzloch zu stopfen. Alle Ressorts leisten ihren Beitrag, überall wird ein bisschen gekürzt, zudem werden neue Steuern eingeführt, die die Einnahmen erhöhen sollen. Auch beim Arbeitsministerium wird der Rotstift angesetzt, immerhin gehen fast 40 Prozent des Haushalts auf den Sozialbereich zurück.

So soll beim Bürgergeld gespart werden: Der Bürgergeld-Bonus in Höhe von 75 Euro pro Empfänger fällt ab 2024 weg. Doch nach Angaben des Arbeitsministeriums werden dadurch gerade mal 250 Millionen Euro gespart. Insgesamt soll das Ressort in den nächsten beiden Jahren jeweils aber 1,5 Milliarden Euro weniger ausgeben, in den Jahren 2026 und 2027 dann noch jeweils 1,1 Milliarden Euro weniger. Woher das übrige Geld kommen soll, wusste bisher niemand so recht. Bis jetzt.

Ampel will Beitragssätze verwenden

So erfährt die BA nach Angaben der Zeit und der Nachrichtenagentur Reuters nun, dass die Regierung das Geld aus ihren Rücklagen nehmen will. So erwarte man 2023 erstmals seit der Corona-Krise wieder Mehreinnahmen von rund 1,7 Milliarden Euro. Dieses Geld kommt aus den Beiträgen, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber anteilig jeden Monat einzahlen. Aktuell beträgt der Beitragssatz für die Arbeitslosenversicherung 2,6 Prozent. In Jahren, wo es wirtschaftlich gut läuft, dann ist es üblich, dass die BA mehr Geld einnimmt als sie ausgeben muss. Das ist auch gut so: In Krisenzeiten hat sie dann genug Rücklagen, um den Menschen finanziell unter die Arme zu greifen.

Das war zuletzt in der Corona-Krise so, als massenhaft Kurzarbeitergeld ausgezahlt werden musste. Doch auch trotz der gebildeten Rücklagen musste die BA 2020 und 2021 von der Regierung Zuschüsse bekommen, um all diese Kosten zu stemmen. Wie die Zeit jetzt aber berichtet, hat die Bundesregierung nun entschieden, dass sie das Geld zurück haben will. Also: Der Zuschuss soll kein Zuschuss mehr sein, sondern jetzt ein Darlehen. Um diesen abzubezahlen, sollen die neu gebildeten Rücklagen der BA herangezogen werden. Insgesamt will die Regierung nach Angaben von Reuters damit 5,2 Milliarden Euro eintreiben.

Bürgergeld-Antrag: Ab 2024 gibt es zwölf Prozent mehr.

Das ist aber Geld, dass der Regierung so eigentlich gar nicht zusteht. Schließlich sind das die Beiträge von Arbeitnehmer und Arbeitgeber für die Arbeitslosenversicherung – nicht zur Stopfung eines Finanzlochs der Ampel-Koalition. Entsprechend empört reagieren auch Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände. „Beitragsmittel der Arbeitslosenversicherung sind kein Sparbuch. Die Bundesregierung kann nicht auf die Beitragskasse nach Belieben zugreifen. Den Zuschuss nachträglich in willkürlicher Höhe wieder in ein Darlehen umzuwandeln, ist das Gegenteil von verlässlichem Regierungshandeln“, sagte die Arbeitgebervertreterin Christina Ramb in der Zeit.

„Regierung bricht ein gegebenes Versprechen“

Und auch die Bundesvorständin des Deutschen Gewerkschaftsbunds reagiert empört auf die neuen Informationen: „Wenn die Ampel-Koalition jetzt den Rotstift ansetzt und Bundeszuschüsse aus der Zeit der Pandemie zurückfordert, bricht sie ein gegebenes Versprechen - und das zulasten der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler“, erklärte Anja Piel vom DGB.

Die Mehrausgaben durch die Corona-Pandemie mit zeitweilig bis zu 1,5 Millionen Kurzarbeitenden hatten der BA für die Jahre 2020 und 2021 ein Finanzloch von rund 50 Milliarden Euro beschert. Die vor der Corona-Krise durch Überschüsse angesammelte Rücklage von 26 Milliarden Euro wurde vollständig aufgezehrt. Für den Rest sprang der Bund mit Steuergeld ein.

Zudem wurde die Kürzung des Rentenzuschusses aus dem Etat von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) von geplanten 600 Millionen Euro auf 1,2 Milliarden Euro verdoppelt. Insgesamt steuere das Arbeits- und Sozialministerium für 2024 daher etwa drei Milliarden Euro an Einsparungen bei, hieß es in der Koalition.

„Nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil war klar, dass wir alle noch stärker sparen müssen als zunächst angenommen“, sagte Heil dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Kürzung des Rentenzuschusses habe „kurz- und mittelfristig keine Auswirkungen auf die Beitragssatzentwicklung und ist mit der Stabilisierung des Rentenniveaus vereinbar“. Zu schärferen Sanktionen im Bürgergeld sagte Heil: „Wer dabei nicht mitzieht und sich allen Angeboten verweigert, muss mit härteren Konsequenzen rechnen.“

Mit Material von Reuters

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