Tarifstreit
Wegen Bahnstreiks: Millionen Entschädigungsanträge bei der Deutschen Bahn
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Lisa Mayerhofer
Richard Strobl
Patrick Freiwah
Der sechstägige GDL-Streik geht am Freitag weiter. Die Deutsche Bahn verbucht nach vier Warnstreiks 2023 erneut einen Entschädigungsrekord.
Update vom 26. Januar, 09.35 Uhr: Die Deutsche Bahn musste im vergangenen Jahr auch wegen der Streiks Entschädigungen in Rekordhöhe an die Fahrgäste zahlen. Der bundeseigene Konzern bearbeitete 2023 5,6 Millionen Entschädigungsanträge und zahlte den Kundinnen und Kunden insgesamt 132,8 Millionen Euro, wie ein Bahn-Sprecher der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage mitteilte. Der Sprung ist gewaltig: 2022 wurden 92,7 Millionen Euro ausgezahlt. Auch das war damals ein Rekordwert.
Neben den Warnstreiks nannte die Bahn zur Begründung eine im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegenen Zahl an Reisenden, eine Rekordzahl an kurzfristigen Baustellen und die Wintereinbrüche im Dezember. Bei Zugausfällen infolge von Streiks oder Warnstreiks können sich Fahrgäste den gesamten Ticketpreis zurückholen. 2023 wurde die Deutsche Bahn viermal bestreikt, je zweimal von der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG und der Lokführergewerkschaft GDL.
Ein DB-Sprecher betonte, dass Bahnreisende von den großzügigsten Regelungen aller Verkehrsmittel profitierten. „Richtig ist aber auch: Es fehlt ein dreistelliger Millionenbetrag, der für die dringend notwendigen Investitionen in die Modernisierung der Eisenbahn in Deutschland gebraucht wird“, sagte der Sprecher. „Nur so können wir die Pünktlichkeit unserer Züge nachhaltig verbessern.“
Weselsky keilt gegen Deutsche Bahn: „kaputtgespartes, marodes System“
Update vom 25. Januar, 15.35 Uhr: Die GDL streikt, viele Züge stehen still. Doch der Notfahrplan der Deutschen Bahn ist auch am zweiten Streiktag der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) stabil gelaufen. „Die Züge rollen, und man kann auch während des Streiks reisen“, sagte Bahn-Vorstandsmitglied Stefanie Berk am Donnerstag in Frankfurt am Main mit Blick auf den Fernverkehr. Das Angebot funktioniere zuverlässig. Reisende sollten sich weiterhin online über ihre Zugverbindung informieren und Sitzplätze reservieren.
Wie schon bei vorigen Arbeitskämpfen der GDL im laufenden Tarifstreit mit dem bundeseigenen Konzern sind rund ein Fünftel der Fernzüge im Einsatz. „Das ist auch unser Plan für die nächsten Tage“, sagte Berk. Im Regionalverkehr kommt es ebenfalls zu weitreichenden Einschränkungen, die jedoch unterschiedlich stark ausfallen.
Die Lokführergewerkschaft GDL bestreikt bis einschließlich Montag den Fern-, Regional- und Güterverkehr der Deutschen Bahn. Trotz der erheblichen Auswirkungen des sechstägigen Bahnstreiks für Reisende und Pendler wähnt GDL-Chef Claus Weselsky die öffentliche Meinung aufseiten der Streikenden. „Nicht die veröffentlichte Meinung spiegelt wider, wie die Menschen zu diesem Streik stehen, sondern die öffentliche Meinung“, sagte er am Donnerstag bei einer Kundgebung in Stuttgart.
Diese sei definitiv anders, weil „der überwiegende Teil der Menschen in diesem Lande sind Arbeitnehmer – egal mit welcher Qualifizierung, egal in welchem Industriezweig oder in welchem Unternehmen sie tätig sind“. Weselsky teilte am Donnerstag auch erneut kräftig gegen die Führung des Bahn-Konzerns aus. „Wir sind es leid, in einem kaputtgesparten, maroden System Dienst zu tun, unsere Freizeit zu opfern für die Typen, die sich in großen Limousinen mit Chauffeur durch dieses Land kutschieren lassen und davon fabulieren, dass sie was vom Eisenbahnsystem verstehen“, sagte er.
Bahn-Streik der GDL: Ramelow sieht Schuld bei der Deutschen Bahn
Update vom 25. Januar, 10.05 Uhr: Auch am Donnerstag stehen zum Bahn-Streik weiter viele Züge still. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat der Deutschen Bahn die Schuld an der Eskalation des Tarifkonflikts mit der Gewerkschaft der Lokführer (GDL) gegeben. „Ich verstehe überhaupt nicht, was die Strategie der Bahn ist“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Ramelow hatte gemeinsam mit dem früheren Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg, Matthias Platzeck (SPD), den langen Tarifkonflikt zwischen der Bahn und der GDL im Jahr 2015 geschlichtet. Auch 2017 wurden er und Platzeck als Schlichter eingesetzt.
Ramelow sagte, es gebe kein schlichtungsfähiges Angebot. Der Bahn-Vorstand versuche stattdessen immer wieder, juristisch gegen die GDL vorzugehen. Das Ziel sei offenbar, die Gewerkschaft kaputt zu machen. „Das macht sie aber erst recht zu einer Kampforganisation. Ich kann da nur verblüfft den Kopf schütteln“, sagte der Ex-Bahn-Schlichter.
GDL-Streik: Schlichtungsstelle kann bei Bahn-Ärger helfen
Update vom 24. Januar, 07.30 Uhr: Die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) kann bei Ärger mit der Deutschen Bahn weiterhelfen. Das Angebot ist kostenlos. Die Voraussetzungen: Das Verkehrsunternehmen muss Mitglied bei der SÖP sein – das trifft im Fall der Deutschen Bahn zu. Zudem müssen Kunden vorher versucht haben, sich direkt mit dem Unternehmen zu einigen. Wenn das scheitert, kann ein Schlichtungsantrag bei der SÖP gestellt werden. Die Stelle prüft den Antrag und setzt sich mit dem Unternehmen in Verbindung. In etwa 80 bis 90 Prozent der Fälle lasse sich so eine Lösung finden.
„Ein aktuelles Beispiel wäre etwa, dass der gebuchte Zug streikbedingt ausfällt und Reisende für ihre Fahrt einen Mietwagen buchen“, sagt Christof Berlin, Leiter der Schlichtungsstelle. „Die Kosten für den Mietwagen und Sprit könnten Verbraucher dann im Rahmen der Schlichtung geltend machen.“
Streik-Beginn: GDL streikt seit frühem Mittwochmorgen im Personenverkehr der Deutschen Bahn
Update vom 24. Januar, 06.53 Uhr: „Im gesamten Fern- und Regionalverkehr kommt es bis einschließlich Montag zu massiven Beeinträchtigungen durch den Streik der GDL“, teilte die Bahn mit. Der Notfahrplan biete ein stark verringertes, aber verlässliches Angebot an Fahrten. „In welchem Umfang dies möglich ist, unterscheidet sich regional stark“, erklärte die Bahn. Reisenden werde geraten, im Fernverkehr früh einen Sitzplatz zu reservieren und sich 24 Stunden vor Fahrtantritt über die geplante Verbindung zu informieren.
Update vom 24. Januar, 06.30 Uhr: Der Streik der Lokführer im Personenverkehr hat am frühen Mittwochmorgen bei der Deutschen Bahn begonnen. Bundesweit legten die Lokführer ihre Arbeit 02.00 Uhr nieder. Der Güterverkehr der Bahn wird bereits seit Dienstag um 18.00 Uhr bestreikt.
Im gesamten Fern- und Regionalverkehr komme es bis einschließlich Montag zu massiven Beeinträchtigungen durch den Streik der Lokführergewerkschaft GDL. Der Notfahrplan für den DB-Personenverkehr sei jedoch wie geplant angelaufen, erklärte die Deutsche Bahn.
GDL-Vorschlag: Deutsche Bahn lehnte neues Angebot ab
Update vom 23. Januar, 22.31 Uhr: Die Bahn hat gegenüber dem BR bestätigt, dass ein neues Angebot der GDL abgegeben wurde. Allerdings habe die Bahn dieses zurückgewiesen. „Das ist kein Einigungsvorschlag, das ist die Wiederholung altbekannter Maximalforderungen, die so nicht umsetzbar sind“, sagte ein Bahn-Sprecher gegenüber dem Bayerischen Rundfunk. Die GDL sei der Bahn mit dem Angebot in „keinem einzigen Punkt“ entgegengekommen. „Das zeigt die Notwendigkeit, endlich wieder an einen Tisch zu kommen und nach Lösungen und Kompromissen zu suchen“, so der Sprecher weiter. Der Konzern sei „jeder Zeit und an jedem Ort verhandlungsbereit“.
GDL initiiert nächsten Bahnstreik: Schon am Dienstagabend geht es los
Berlin/München - Passionierte Zugreisende kennen es bereits: Wieder einmal werden die Züge der Deutschen Bahn von einem Bahnstreik der Lokführergewerkschaft GDL lahmgelegt. Während die Maßnahmen im Güterverkehr bereits am Dienstag (23. Januar 2024) ab 18.00 Uhr in Kraft treten, wird der Personenverkehr in der Nacht auf Mittwoch ab 02.00 Uhr heimgesucht.
Dabei greift Arbeitnehmervertretung von GDL-Chef Claus Weselsky im Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn offenkundig zu immer härteren Mitteln, um ihre Forderungen durchzusetzen: Mit 144 Stunden im Güterverkehr und 136 Stunden im Personenverkehr wäre der anstehende Bahnstreik der längste Arbeitskampf der GDL überhaupt bei der Bahn. Entschärfen dürfte sich die Lage dann erst wieder am kommenden Montag ab 18 Uhr, wenn das Ende im Bahnstreik anberaumt ist.
Bahnstreik: GDL-Maßnahmen kosten deutsche Wirtschaft viel Geld
Während die Arbeitsniederlegungen einerseits die Reiseplanung von Hunderttausenden bis Millionen Menschen der Nation beeinträchtigen, sehen Ökonomen die Folgen für die deutsche, ohnehin angeschlagene Wirtschaft: Der gesamtwirtschaftliche Schaden der GDL-Offensive beziffere sich angeblich auf bis zu einer Milliarde Euro.
In der aktuellen Tarifrunde, die im November des vergangenen Jahres begonnen hatte, ist der anstehende Mega-Streik bereits der vierte: Im Dezember untermauerte die Gewerkschaft ihre Vorstellungen mit einem eintägigen Warnstreik, im Januar folgte schließlich ein dreitägiger Ausstand. Die Dauer der Warnstreiks gegen die Deutsche Bahn wird demzufolge immer länger.
Derweil wehrt sich Weselsky gegen Kritik am neuerlichen Bahnstreik der Gewerkschaft. In Bezug auf die Gerichtsentscheidung des Antrages der Deutschen Bahn Anfang Januar erklärt der 64-Jährige: „Wir sind nicht gestoppt worden, weil unsere Streiks rechtmäßig, verhältnismäßig und zulässig sind.“
(Mit Material der dpa)
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