Schlechter Zeitpunkt
Nach Schnee-Chaos folgt Bahnstreik – es hagelt Kritik am Vorgehen der GDL
VonSandra Sporerschließen
Am ersten Adventswochenende legte der Schnee den Bahnverkehr lahm – und nun erneut die GDL. Auch der Fahrgastverband kritisiert das Timing des Streiks.
München – In Teilen Deutschlands war beim Schienenverkehr auch am Donnerstag (7. Dezember) noch nicht wieder Normalität eingekehrt. So verkehrten zum Beispiel in München viele S-Bahnen nur auf einem Teil ihrer eigentlichen Strecke. Und dann kam am Mittwoch (6. Dezember) auch noch die Hiobsbotschaft, dass die GDL ab Donnerstagabend bis Freitagabend erneut einen Warnstreik durchführen wird. Schon am Nachmittag fielen deswegen viele Züge der Deutschen Bahn aus – sehr zum Unmut der Reisenden. Das sehr ungünstige Timing und die wieder sehr knapp bemessene Vorlaufzeit bescherten der Gewerkschaft einiges an Kritik. Selbst ein Meteorologe wendete sich mit einer deutlichen Ansage an die GDL.
Bahnstreik nach Schnee-Chaos erntet von vielen Seiten Kritik
Der Meteorologe Dominik Jung appellierte eindringlich an die Lokführer, den Streik in Anbetracht der Wetterlage zu verschieben. „Der Bahnstreik gehört am morgigen Freitag dringend abgesagt. Er gefährdet aufgrund der hohen Unfallgefahr auf den Straßen sogar Menschenleben“, sagte Jung mit Blick auf die Wetterprognose, die Eisregen und somit glatte Straßen vorhersagte.
Auch der Fahrgastverband PRO BAHN e.V. findet den Zeitpunkt des GDL-Streiks alles andere als gut gewählt. Auf Anfrage von Merkur.de von IPPEN.MEDIA sagt der Bundesvorsitzende von PRO BAHN, Detlef Neuß: „Die Verärgerung der Fahrgäste ist für uns nachvollziehbar. (...) Manche Strecken in Bayern sind immer noch gesperrt. Jetzt wird ein ansatzweiser Normalbetrieb auch noch ausgerechnet zum Wochenende durch einen Streik verhindert. Für den Streik wäre ein anderer Termin sicher besser gewesen.“
Der Fahrgastverband fordere schon seit Jahren einen vertraglich geregelten Streikfahrplan, der zumindest einen Teil der Verbindungen verlässlich aufrechterhalte, so der PRO-BAHN-Bundesvorsitzende weiter. Die Deutsche Bahn hat einen solchen Notfahrplan ausgearbeitet. Dennoch strandeten viele Reisende.
Damit hält sich Neuß in seiner Kritik im Vergleich zum Meteorologen Jung deutlich zurück und betont auch noch einmal ausdrücklich: „Grundsätzlich stellt unser Verband das Streikrecht als Grundrecht nicht in Frage.“ Er fügt an: „Positiv zu bewerten ist, dass die GDL angekündigt hat, dass es sich um den letzten Streik in diesem Jahr handeln wird und der nächste nicht vor dem 07.01.2024 beginnen wird.“
Wie sieht der neue Zug „ICE L“ der Deutschen Bahn aus?




Reisende machen ihrem Ärger über den erneuten Bahn-Streik online Luft
Wesentlich weniger vorsichtig wählten viele Reisende ihre Worte, die dank des Streiks ihr Ziel nicht erreichten oder ihre Reise gar nicht erst antreten konnten. Viele machten ihrem Ärger in den sozialen Medien Luft. So schrieb etwa ein Nutzer: „Es kann doch nicht sein, dass ständig die Durchsage kommt, dass nur verkehrende Züge angezeigt werden und dann trotzdem keine Bahn kommt!“ „Notfallplan! Dass ich nicht lache“, echauffierte sich ein anderer.
Eine Nutzerin gab den Lokführern ob des Streiks eine düstere Zukunftsprognose: „Die permanenten Bahnstreiks bei gleichzeitigem Personalmangel werden die führerlosen und ferngesteuerten Bahnwaggons, S-Bahnen etc. promoten und man wird in Kürze dem Vorbild Frankreichs folgen!“
Es gibt online jedoch auch einige, die sich mit den Streikenden solidarisieren. Andere nehmen es schlicht mit Humor. So lautet ein Tweet: „Bahnstreik in Deutschland. Positiv sehen! Es gibt keine defekte Heizung, Bord-Restaurant oder Weichenstörung über die man sich aufregen kann.“ (sp)
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