Verband fordert mehr Kapazitäten
„Aufgabe erfüllt“ – Habeck lobt Fortschritte beim Windkraftausbau und nimmt die Industrie in die Pflicht
VonLars-Eric Nievelsteinschließen
Die Windenergie-Steigerung ist in vollem Schwung. Die Bundesregierung sieht nun die Unternehmen in der Verantwortung. Die sehen das anders.
Hamburg – „Europa baut nicht genug neue Windparks, um seine Energieziele für 2030 zu erreichen.“ So bilanziert Giles Dickson, der Geschäftsführer des europäischen Verbands WindEurope, den Ausbau der Windenergie. Vor allem beim Ausbau der Netze und bei den Genehmigungsprozessen gebe es dringenden Handlungsbedarf. Die Ampel-Koalition sieht das anders – auf einer Messe in Berlin erklärte der Bundeswirtschaftsminister, inwiefern.
„Aufgabe erfüllt“ – Habeck lobt Bundesregierung für Fortschritte bei Windkraft-Ausbau
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ist zufrieden mit dem, was die Ampel-Koalition bislang beim Ausbau der Windkraft erreicht hat. Bei der Eröffnung der Messe WindEnergy Hamburg war der Minister virtuell anwesend und sprach ein Lob aus: „Ich würde sagen, zum ersten Mal in der deutschen Energiegeschichte hat die politische Seite ihre Aufgabe erfüllt.“ Er sei wirklich stolz auf das, was die Bundesregierung, das Bundeswirtschaftsministerium und die Mitarbeiter sowie Länder, Kommunen und Ämter geleistet hätten.
Aber: Es gebe immer noch Potenzial für Verbesserungen. Einen Engpass beim Ausbau der Windenergie gebe es nicht nur auf der politischen Seite. Jetzt sei die „praktische“ Seite gefordert – dabei gehe es um Transport, um die Produktion und die Installation. Kurz gesagt: Seiner Meinung nach muss jetzt die Industrie liefern.
Die auf der WindEnergy Hamburg anwesenden Unternehmer ließen das nicht lange auf sich sitzen. José Luis Blanco, Chairman bei WindEurope und CEO der Nordex Group, sagte dazu, beim Ausbau komme es auf die gesamte Wertschöpfungskette an. „Es geht um Energiesicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz: Engpässe wie Stromnetze und Verkehrsinfrastruktur müssen angegangen werden, um den Ausbau neuer Windkraftanlagen zu beschleunigen“, zitierte die Welt den Unternehmer. Der Enercon-CEO Udo Bauer warnte außerdem vor dem Einfluss Chinas und den Dumpingpreisen. „Wir brauchen ein Level Playing Field, das fairen Wettbewerb in Deutschland und Europa sicherstellt“, erklärte Bauer.
Ausbau bei Windenergie „verzwanzigfachen“ – Bundesregierung steckt hohe Ziele
Der Ausbau der Windenergie ist eines der Kernthemen der Bundesregierung, wenn es um die Energiewende geht. Bis 2030 sollen erneuerbare Energieträger 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs abdecken. An Land gebaute Windkraftanlagen sollen – selbes Stichjahr – 115 Gigawatt an installierter Leistung beitragen. Schon 2023 teilte die Bundesregierung dazu mit, dass ein Zubau um zehn Gigawatt pro Jahr notwendig sei, um dieses Ziel zu erreichen.
Während Deutschland beim Ausbau von Photovoltaik vergleichsweise zügig vorangeht, brauche die Windkraft dringend neue Lösungsansätze. „Verglichen mit den 2023 neu gebauten Windkraftanlagen müssen wir im Freistaat den jährlichen Zubau der Windenergie sogar verzwanzigfachen, um das bayerische Klimaziel bis 2040 erreichen zu können“, hatte Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), im April 2024 dazu gesagt.
Verband fordert mehr Kapazitäten – Ausbau bei Windenergie ist stabil
Auf der WindEnergy Hamburg war auch der Bundesverband WindEnergie (BWE) vertreten, der Deutschland auf einem guten Weg sieht. „Überall in Europa zieht der Zubau der Windenergie an Land und auf See an“, erklärte BWE-Geschäftsführer Wolfram Axthelm. „Die Analyse bestätigt: Deutschland als europäischer Kernmarkt ist mit hoher Vitalität zurück.“ Bei den Genehmigungen für neue Windenergieanlagen sei ein stabiler Zuwachs zu beobachten, außerdem gebe es steigende Zuschläge in den Ausschreibungen.
Insgesamt gingen im ersten Halbjahr 2024 Windkraftanlagen mit einem Volumen von 6,4 Gigawatt neu in Betrieb. 1,7 Gigawatt entfielen bei den Neuinstallationen auf Deutschland. Deutschland habe seine Position als „Spitzenreiter und Kernmarkt in Europa“ untermauert. Noch in diesem Jahr seien Zuschläge in einem Volumen von rund zehn Gigawatt erreichbar.
Dafür müssten aber die Rahmenbedingungen stimmen. Die Kapazitäten müssten wachsen – in der Produktion, Zulieferung, Wartung und Instandhaltung. Außerdem seien neue Fachkräfte notwendig. Im April hatte der Verband BWE vor einer chinesischen Dominanz am Windkraftmarkt gewarnt. Zu viele chinesische Anlagen im Mix könnten das Risiko einer Manipulation erhöhen.
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