Lücken im Lebenslauf

„Schädlich für die Karriere“? Mutter löst mit Station im Lebenslauf Diskussion aus

  • Giorgia Grimaldi
    VonGiorgia Grimaldi
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Mehr als 10.000 „Mitarbeitende“ arbeiten bei „Unpaid Care Work“. Die Gründerin des fiktiven Unternehmens will das Tempo beibehalten.

117 Milliarden Stunden. So viel Zeit verbringen Deutsche im Jahr damit, das Mittagessen zu kochen, Hausaufgaben zu kontrollieren oder Oma zur Gymnastik zu fahren. Für diese Sorgearbeit, auch Care-Arbeit genannt, gibt es kein Gehalt.

Um Care-Arbeit mehr Sichtbarkeit einzuräumen, hat Franziska Büschelberger Ende April das fiktive Unternehmen „Unpaid Care Work“ auf der Plattform LinkedIn gegründet. Der „Betrieb“ erlebt einen enormen Erfolg. Und das, obwohl es bisher „nicht professionell“ gewesen sei, Care-Arbeit im Lebenslauf anzugeben, wie sie BuzzFeed News Deutschland, einem Portal von IPPEN.MEDIA, sagt.

Frauen leisten täglich deutlich mehr unbezahlte Care-Arbeit als Männer. (Symbolbild)

Unternehmerin will Care-Arbeit sichtbar machen

„Ich habe meine Zeit als aktiv geforderte, alleinerziehende Mutter schon immer hier bei LinkedIn unter meiner Berufserfahrung angegeben“, erzählt Büschelberger, die als Coachin für Teambuilding und Unternehmenskultur tätig ist. Ihr sei klar gewesen, dass die meisten Menschen diese Art der Arbeit in ihrem Lebenslauf verschweigen.

„Es wird als nicht professionell angesehen. Daher kaschieren es die Menschen und versuchen Care-Arbeits-Lücken unsichtbar zu machen“, sagt sie. Mit Büschelbergers Initiative können nun alle, die unbezahlte Care-Arbeit leisten, einen Arbeitgeber angeben.

Das kommt gut an. Wenige Tage nach Gründung hat der „Betrieb“ bereits mehr als 10.000 „Mitarbeitende“. „Habe wie viele Frauen lange so getan, als hätte ich keine Kinder. Weil es so schädlich für die Karriere war“, lautet einer der Kommentaren auf LinkedIn.

Mehr dazu: „Frauen sind durch Mutterschaft in mehrfacher Hinsicht bestraft“

Dies ist ein Artikel von BuzzFeed News Deutschland. Wir sind ein Teil des IPPEN.MEDIA-Netzwerkes. Hier gibt es alle Beiträge von BuzzFeed News Deutschand.

Ohne Care-Arbeit „würde deutsche Wirtschaft zusammenbrechen“

44,3 Prozent mehr Zeit bringen Frauen täglich für unbezahlte Sorgearbeit auf als Männer. Durch diese geschlechtsspezifische Lücke (Gender Care Gap) erleben Frauen wirtschaftliche Nachteile, haben schlechtere Chancen im Beruf und sind finanziell abhängig, was sich auf die Rente auswirkt.

Auf Nachfrage von BuzzFeed News Deutschland erklärt Büschelberger, dass auch viele Männer und Väter auf ihre Initiative reagiert haben. Sie habe gewusst, dass einige ihrem Aufruf folgen würden, doch „welch enorme Welle ich auslösen würde, habe ich nicht erahnt“.

Zum 1. Mai publizierte die Gründerin einen Mitarbeiterrundbrief. Büschelberger schreibt: „Sorgearbeit ist Arbeit – Arbeit, ohne die unsere Wirtschaft zusammenbrechen würde.“ Sie hofft, dass Unpaid Care Work das bald zum „schnellst wachsenden Unternehmen in Deutschland“ und die Vision auch über LinkedIn hinaus wirksam wird.

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