Trends auf dem Arbeitsmarkt

Entwicklung der Vier-Tage-Woche auf dem deutschen Arbeitsmarkt – zwischen Trend und Möglichkeit

  • Carina Blumenroth
    VonCarina Blumenroth
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Weniger Arbeiten bei gleichem Lohn, dieser New Work-Trend spiegelt sich in den Stellenanzeigen wider. Wer die besten Chancen auf eine kurze Arbeitswoche hat.

Mehr Freizeit und mehr vom Leben haben, das wünschen sich wohl zahlreiche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Naheliegend kann in dem Zusammenhang eine Vier-Tage-Woche sein. Die Jobplattform Indeed hat untersucht, wie hoch der Anteil der Stellenanzeigen ist, die eine Vier-Tage-Woche in Aussicht stellen. Das Ergebnis überrascht.

Angebot und Nachfrage bei der Vier-Tage-Woche steigen

Im Handwerk, beispielsweise in Malerbetrieben, kann eine Vier-Tage-Woche sinnvoll sein. (Symbolbild)

Innerhalb der vergangenen fünf Jahre ist der Anteil der Stellenanzeigen mit der Möglichkeit der Vier-Tage-Woche um rund 848 Prozent gestiegen, wie aus einer Pressemitteilung von Indeed hervorgeht. Im gleichen Zuge stiegen auch die Suchanfragen von Bewerberinnen und Bewerben enorm an.

Im März 2023 hatten mehr als 5.000 Stellen einen Hinweis auf eine Vier-Tage-Woche. Bei Indeed waren zu dem Zeitpunkt rund zwei Millionen offene Stellen gemeldet.

Die Untersuchung von Indeed basiert auf Daten, die im Zeitraum von März 2018 bis März 2023 erhoben wurden.

Welche Branchen sind besonders für eine Vier-Tage-Woche geeignet?

Nicht in allen Branchen ist eine Vier-Tage-Woche einfach umsetzbar. Die Ergebnisse der Untersuchung haben gezeigt, welche Branchen sich gut eignen könnten. In folgenden Bereichen gab es demnach bereits Stellenangebote mit Verweis auf die Vier-Tage-Woche.

  • Zahnmedizinische Fachangestellte: Rund 2,3 Prozent der Gesuche haben Hinweise auf die Vier-Tage-Woche.
  • Koch: Rund 2,2 Prozent der Gesuche haben Hinweise auf die Vier-Tage-Woche.
  • Physiotherapeut: Rund 1,9 Prozent der Gesuche haben Hinweise auf die Vier-Tage-Woche.
  • Produktionsmitarbeiter: Rund 1,8 Prozent der Gesuche haben Hinweise auf die Vier-Tage-Woche.
  • Küchenhilfen: 1,6 Prozent der Gesuche haben Hinweise auf die Vier-Tage-Woche.

Mit neuen Arbeitsmodellen Fachkräfte locken?

Als Arbeitgeber attraktiv wirken, Fachkräfte an sich binden und wettbewerbsfähig bleiben, damit müssen sich viele Menschen beschäftigen. Vor allem in Handwerk: Eine, die den Wandel geschafft hat, ist Jessica Hansen. Sie ist Malermeisterin mit eigenem Betrieb in Schleswig-Holstein. Mittlerweile hat sie mehr als 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wie sie das geschafft hat? Mit dem Angebot, flexibel zu arbeiten und einer Vier-Tage-Woche. Innerhalb von drei Wochen haben sie 50 Bewerbungen erreicht, wie sie in der ZDF-Dokumentation ‚Am Puls‘ erzählt. „Es tat mir schon richtig leid, ich kann sie ja nicht alle einstellen“, sagt Hansen in dem TV-Beitrag. Die Maßnahmen von Jessica Hansen im Überblick:

  • Flexible Arbeitszeiten: Gesellen dürfen selbst entscheiden, ob sie um 7 Uhr oder um 8 Uhr anfangen.
  • Vier-Tage-Woche
  • Bezahlung: rund 2.800 brutto

Vorreiter für das Projekt sei Dänemark, wie Hansen gegenüber dem ZDF erläutert, dort werde das flexible Arbeitsmodell schon seit Jahrzehnten vorgelebt. Auch bei ihren Mitarbeitern in Schleswig-Holstein kommt es an. Geselle Kristian Tabel gefällt vor allem die Möglichkeit, später anzufangen, da er vor Arbeitsbeginn seinen Sohn in die Kita bringen muss. In den meisten anderen Betrieben, so sagt er, sei um 7 Uhr Arbeitsbeginn. Ändern könne man das nicht, dort die Begründung, „dann wollte das jeder machen“.

Neues Arbeitsmodell gerade für das Handwerk attraktiv?

Laut Indeed kann die Vier-Tage-Woche ein neuer Ansatz sein, Schüler und Schülerinnen von diesen Berufen zu überzeugen. Für Jessica Hansen ist es allerdings wichtig, dass man die Menschen ganzheitlich anspricht, wie sie ZDF gegenüber sagt: „Wichtig ist, dass das Handwerk die Jugendlichen abholt, aber auch ganz viel die Eltern. Dass wir überzeugen können: ‚Mensch, schick dein Kind ins Handwerk, dann wird aus dem auch was.‘“ Im Jahr 2022 haben, verglichen mit dem Vorjahr, rund 2,3 Prozent weniger Menschen eine Ausbildung im Handwerk gemacht, informiert das Statistische Bundesamt.

Vier-Tage-Woche ist kein Massenphänomen, könnte aber Zünglein an der Waage sein

Eine Reduzierung von Fehltagen, eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Steigerung der Motivation der Beschäftigten, das seien, wie Indeed mitteilt, Vorteile von einigen Pilotprojekten. Die Produktivität im Allgemeinen würde demnach auch nicht darunter leiden. Für alle Berufe sei es allerdings nicht anwendbar, trotzdem sieht Dr. Annina Hering, Ökonomin im Indeed Hiring Lab, Chancen, gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an sich zu binden: „Die Vier-Tage-Woche ist weit davon entfernt, ein Massenphänomen zu sein, sie könnte aber im Rennen um die besten Talente zu einem werden, wenn Angebot und Nachfrage weiter so stark zunehmen.“

Der Fachkräftemangel ist kein neues Problem und wird auch nicht innerhalb des nächsten Jahres zu lösen sein. „Fachkräfte wird das Thema der nächsten zehn Jahre sein. Das Gute ist, dass man was tun kann, es ist jetzt kein Schicksal“, sagt Andrea Nahles, Vorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, im Gespräch mit dem ZDF. In dem Zusammenhang sind sicherlich auch neue Arbeitsmodelle und Flexibilität ausschlaggebend. Deutschland gehen jährlich rund 86 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung wegen fehlender Arbeitskräfte verloren, berichtet spiegel.de. Das Portal beruft sich auf Informationen der Unternehmensberatung Boston Consulting.

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