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Sportwissenschaftler Ingo Froböse: „Kämpfe niemals gegen das Fett“ – Ratschläge zur Gewichtsabnahme
VonSven Trautwein
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Die Steigerung des Stoffwechsels ist der Weg zu einem gesünderen Leben. Dies wird ab dem 50. Lebensjahr noch entscheidender. Ingo Froböse, Fachmann für Sportwissenschaften, gibt Einblicke.
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Es ist unerlässlich, dass wir täglich genügend Energie zu uns nehmen, um unsere Körperfunktionen reibungslos aufrechtzuerhalten. Unser Stoffwechsel befindet sich in einem ständigen Wandel. Insbesondere für Personen, die das 50. Lebensjahr überschritten haben, sind eine gesunde Ernährung, ausreichende körperliche Aktivität und qualitativer Schlaf noch bedeutsamer als in der Jugend. Tim Spector, Autor von „Nahrung fürs Leben“, legt ebenfalls großen Wert auf das Thema Ernährung. Wie wir unseren Stoffwechsel auf Trab bringen und ihm etwas Gutes tun, verrät Prof. Dr. Ingo Froböse im Interview.
Interview mit Sportmediziner Prof. Dr. Ingo Froböse
Lieber Herr Froböse, stellen Sie sich bitte den Lesern einmal kurz vor. Worum geht es in Ihrem Buch „Der Stoffwechsel-Kompass“?
Ich bin Hochschullehrer für Prävention und Rehabilitation an der Deutschen Sporthochschule Köln, bin 66 Jahre alt und passionierter Sportler. In meinen Büchern geht es primär darum, die Gesundheit der Menschen positiv zu beeinflussen, und zwar durch eigenes Handeln. Dabei steht bei mir der Stoffwechsel im Mittelpunkt, weil er letztendlich die Schaltstelle unseres Lebens ist. Er sorgt dafür, dass wir uns versorgen und auch letztendlich die Energie bekommen, die wir für unsere Vitalität benötigen.
Gesund ernähren, gesund leben: Die zehn besten Ernährungsratgeber
Mit folgenden Fragen: Wo kommt eigentlich die Energie für uns her? Wie schaffen wir es, unsere 36,6 Grad Körpertemperatur den ganzen Tag zu erhalten? Woher kommt die Energie fürs Herz oder die Leber? In unserem Körper muss es ein Geheimnis geben und das heißt Stoffwechsel.
Gibt es „gute“ und „schlechte” Kalorien? Wenn ja, geht es beim Abnehmen einfach nur darum, das Kaloriendefizit so ein bisschen zu regulieren?
Die Botschaft ist eindeutig. Den Kampf gegen das Fett wird man verlieren. Also kämpfe niemals gegen das Fett. Das ist die Hauptbotschaft. Und deswegen: Spare niemals zu viel Kalorien ein. Denn wer abnehmen will, muss essen. Und wer gesund leben will, muss auch essen. Und zwar ausreichend. In der Quantität und in der Qualität. Deswegen geht es eben nicht nur darum, Kalorien einzusparen oder Kalorien zu kontrollieren. Es geht letztendlich darum, die Körperkomposition, das heißt das Orchester des Körpers, zu verändern. Wir sollten probieren, die großen Kompartimente Wasser, Bindegewebe, Fettmasse und Muskelmasse, in eine gewisse Harmonie hineinzubringen.
Was entgegnet man denen, die sagen, ich habe für das alles keine Zeit?
Das ist ja eine Ausrede. Es hängt ja nicht nur mit Sport zusammen. Ich treibe täglich ca. 90 Minuten Sport. Das macht in der Woche durchschnittlich zehn Stunden aus. Die Woche hat aber 168 Stunden. Die zehn genommenen Stunden bedeuten Achtsamkeit. Zudem muss ich bestimmte Dinge bewusster angehen. Hat man das begriffen und in den Alltag integriert, kann man viel erledigen, ohne Zeit zu verlieren. Auch für die körperliche Fitness kann ich viel machen: Warum nutze ich nicht das Treppenhaus für das Muskeltraining, anstatt auf die Rolltreppe zu warten? Es gibt schon „gute“ und „schlechte“ Kalorien, das ist in der Tat so. Die schlechten kann der Körper für sich nicht nutzen. Wir essen pro Jahr rund eine Tonne, 1.000 Kilogramm. Wenn das nicht gut ist, kann dabei auch nichts Gutes herauskommen.
Welche Rolle spielt beispielsweise die Trinkmenge beim Abnehmen?
Die Flüssigkeit in unserem Körper hat eine Grundaufgabe: lösen, transportieren, reinigen und kühlen. Flüssigkeit ist niemals Nahrung. Trinke ich beispielsweise eine angereicherte Limonade, die schon voll an Nährstoffen und Vitalstoffen ist, kann diese nicht mehr lösen und transportieren.
Wir brauchen etwa 30 Milliliter pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag an Flüssigkeit. Dazu zählen all jene Flüssigkeiten, die zu keinem Verlust führen, was man dem Kaffee und dem Tee ja nachsagt. Aber das ist so marginal und das ist also bis zu einem Konsum von fünf Tassen auch völlig unerheblich. Somit zählt es absolut zur Flüssigkeitsmenge dazu.
Aber mir ist eines wichtig: Die meisten Menschen trinken falsch, weil sie nicht biorhythmisch trinken. In einer durchschnittlichen Nacht verlieren wir im Winter 1 bis 1,5 Liter, im Sommer 2 bis 2,5 Liter Flüssigkeit. Morgens benötigen wir daher eine große Menge davon, um das Defizit wieder auszugleichen. Da reicht morgens kein Espresso. Gegen Abend kann man deutlich reduzierter konsumieren und auch mal den einen oder anderen Schluck Wein genießen.
Wie bekommt man das Bauchfett gezielt weg? Durch Muskeltraining oder Ausdauertraining?
Das ist ganz schwierig. Es ist eine Art Depot und das Depot ist immer Reserve für den Körper, an die er relativ schlecht drangeht. Insofern ist erst einmal wichtig, dass wir wissen, man kann nicht gezielt am Körper, am Bauch abnehmen. Das viszerale Fett ist das gefährlichste Fett. Was hilft, ist eine Kombination aus Ausdauertraining, Muskeltraining und vernünftiger Ernährung. Dies braucht alles Zeit. Kurzfristig geht hier nichts – Wie es gelingen kann, zeigt Ingo Froböses Buch „Anti-Bauchfett-Formel“.
Sollte ich nach dem Sport erst mal eine Pause machen, mit dem Essen?
Normalerweise ja. Flüssigkeit sollten Sie zuführen und die ersten zwei Stunden möglichst auf Nahrung verzichten. Möchten Sie hingegen gezielt Muskelmasse aufbauen, essen Sie eine kleine Portion, ca. 40 Gramm Eiweiß, mit etwas Kohlenhydraten angereichert.
Haben wir das Schmecken und den Genuss schon ein bisschen verlernt?
Wir haben in vielem die Wahrnehmung verloren. Unsere Sensibilitäten, wie Fühlen, Spüren, Riechen, Schmecken haben wir ein wenig verlernt. Fastfood hat den Geschmack abgetötet. Ein anderer Punkt ist die To-Go-Mentalität. To-Go bedeutet, dass ich mich dabei bewege und habe am Ende viel weniger Ressourcen zur Verfügung, um Wahrnehmung überhaupt stattfinden zu lassen. Und dadurch geht noch mehr an Geschmack verloren.
Womit sollten die Menschen anfangen und wie kriegen sie wieder mehr Lust am Genuss?
Ich glaube, dass Selberkochen der Schlüssel zum Erfolg ist, was Ernährung betrifft. Beim Kochen haben wir alles selbst in der Hand. Kochen ist fast die einzige Ressource des Tages, die nicht fremdbestimmt ist. Das muss ich nicht jeden Tag machen. Ich kann auch für einige Tage im Voraus etwas vorbereiten, was mir an anderen Tagen wichtige Zeit einspart. Stück für Stück kehrt dann auch der Genuss zurück.
Was kann man seinem Stoffwechsel noch Gutes tun?
Eine Ruhephase ist das Entscheidende. Tagsüber haben wir einen Energiestoffwechsel, nachts einen Baustoffwechsel. Somit sollten wir biorhythmisch essen: energiegeladen, nährstoffreich, eiweißreich. Wir essen zu oft zu kohlenhydratlastig. Vor allem am Abend, wenn die Energie nicht mehr benötigt wird. Hier sollte man auf proteinreiche Ernährung setzen. Zudem helfen Ruhephasen vor dem Einschlafen. Kein Smartphone und kein Fernsehen mit schlechten Nachrichten. Lesen Sie ein Buch und fahren Sie langsam herunter, Ihre Körpertemperatur sinkt etwas und der Schlaf gelingt besser und regelt auch den Melatoninstoffwechsel.