Erste Testfahrt
Neuer Opel Corsa Electric: Kleinwagen mit großer Reichweite
VonRudolf Bögelschließen
Der Opel Corsa ist der beliebteste und meistverkaufte deutsche Kleinwagen. Mit dem Facelift kommt auch der Elektro-Corsa neu – mit mehr Reichweite.
Für den neuen Opel-Chef Florian Huettl ist der Corsa „das Herz der Marke“: 14 Millionen Exemplare wurden seit 1982 produziert und unters Volk gebracht. Vier von zehn Opel-Kunden entscheiden sich für einen Corsa. Außerdem ist er seit zwei Jahren in Folge auch noch der meistverkaufte Kleinwagen – in Großbritannien und in Deutschland. Und die Zukunftsaussichten könnten sogar noch rosiger sein: Denn erstens wird die Konkurrenz immer übersichtlicher, weil zum Beispiel der traditionelle Lieblingsgegner Ford seinen Fiesta komplett eingestellt hat. Und zweitens, weil die Opelaner als einer der wenigen Hersteller mit dem Corsa Electric einen halbwegs bezahlbaren und effizienten Elektro-Kleinwagen bestell- und lieferbar im Programm haben. Ganz abgesehen von den Chinesen, die mit dem MG 4 Electric oder dem BYD Atto 3 ebenfalls in diesem Fahrzeugsegment vertreten sind.
Der neue Opel Corsa Electric – Gesichts-OP statt Facelift
Das Herz von Opel hatte 2017 schwere Rhythmus-Störungen. Just in der Launch-Phase des neuen Corsa-Modells wechselte Opel von General Motors (GM) in den damaligen PSA-Konzern (Peugeot-Citroën). Mit der Folge, dass das fast zu Ende entwickelte Auto von der Technik her teilweise komplett umgestrickt werden musste. Mit Hängen und Würgen kam der Corsa dann 2019 auf den Markt. Damals noch mit der alten Optik – weshalb das Facelift jetzt nach vier Jahren mehr eine Gesichtstransplantation ist. Denn jetzt bekommt auch der Corsa das neue Vizor-Design und sieht deshalb wie ein komplett neues Auto aus.
Dafür sorgen auch die neuen Matrix-Leuchten und der Komplett-Verzicht auf Chrom. Auch innen hat sich der Kleine fein herausgeputzt: Der Touchscreen wächst auf 10 Zoll (25,4 cm), Lenkrad und Gangwahlhebel (jetzt ein Wipp-Schalter) kommen neu und sind schicker. Erstmals gibt es schon in der Serien-Ausstattung eine Bluetooth-Schnittstelle für Apple Car Play und Android Auto, man kann sogar ganz ohne Strippen aufladen oder eben per Kabel an drei USB-C-Ports.
50 Kilometer mehr Reichweite kosten 3.400 Euro
So – aber nun zum Herz des Rüsselsheimer Herzbuben, dem Antrieb. Gleich zwei Elektro-Varianten bietet Opel nach dem Facelift an: das alte Set-up mit 136 PS, 48 kWh-Akku (netto) und 354 Kilometer Reichweite. Und die jetzt neue und optimierte Alternative mit einer 51 kWh großen Batterie, einer auf 156 PS verbesserten E-Maschine und 405 Kilometer Reichweite. Bei Ladezeit und -Leistung sind sich die beiden Modelle ähnlich: über drei Stunden mit 11 kW (AC) und 30 Minuten mit 100 kW (DC von 0 auf 80 Prozent).
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Auch beim Drehmoment von 260 Nm gibt es keinen Unterschied. Allerdings schafft der stärkere Corsa den Sprint auf Tempo 100 in 8,1 Sekunden und ist damit um 0,6 Sekunden schneller. In unseren Augen sind das Nebensächlichkeiten – ähnlich wie die Reichweitensteigerung um 50 Kilometer. Die Frage ist doch die: Ist einem Käufer dieser Unterschied rund 3.400 Euro wert? Das kostet der stärkere E-Corsa nämlich mehr, während der schwächere beim alten Preis von 34.650 Euro bleibt.
Bei den Fahrmodi nervt ein kleines Detail
Wie fährt sich der neue Corsa Electric? Auf den knapp 200 Testkilometern, hauptsächlich über Autobahnen, aber auch über Landstraßen im Taunus, ist uns jedenfalls nicht langweilig geworden. Höchstens auf der Autobahn, weil der E-Corsa hier ab Tempo 120 leistungstechnisch zur lahmen Ente schrumpft. Bei 150 ist dann sowieso Schluss. Eine Abriegelung hätte es aber gar nicht gebraucht, weil man mangels ordentlicher Beschleunigung schon weitaus früher aufgibt. Freiwillig.
Auf kurvigen Strecken macht das Fahren jedoch herzhaft Spaß. Der Rüsselsheimer lenkt sich direkt und nicht zu leichtgängig. Das Fahrwerk ist ein guter Kompromiss zwischen Komfort und Sportlichkeit. Weder hart noch herzlich. Unangenehm aufgefallen ist uns der unsaubere Übergang, wenn man von Normal auf Sport schaltet und umgekehrt. Da geht jedes Mal ein hässlicher Ruck durch das Auto. Aber das lässt sich ja vielleicht mit einem Software-Update beheben.
Alles Elektro oder was? Nein es gibt auch noch Benziner beim Corsa
Was den Verbrauch angeht, zählt der E-Corsa zu den genügsameren Vertretern. Beim Start hatten wir 99 Prozent Akkuladung und 400 Kilometer Reichweite. Nach genau 180 Kilometern waren es noch 52 Prozent oder 180 Kilometer. Der Verbrauch lag bei genau 14 kWh auf 100 Kilometer – und damit auf Höhe der offiziellen Angaben. 14 kWh sind ein sehr ordentlicher Wert, zumal das Auto aufgrund der gewählten Teststrecke über Landstraßen und Autobahnen nur wenig (Brems-)Energie zurückgewinnen konnte. Vorstellbar, dass man den Verbrauch sogar auf 12 kWh drückt, wenn im Stop-and-Go-Verkehr in der Stadt mehr Strom rekuperiert werden kann. Wenn man den deutschen Durchschnittspreis von 46 Cent für die Kilowattstunde (Stand Sommer 2023) zugrunde legt, dann würde man für 100 Kilometer Autofahren nur etwas mehr als fünf Euro zahlen.
So preiswert dürfte man mit den Verbrennern nicht unterwegs sein: ein Basis-Benziner mit 75 PS und dann noch zwei Hybrid-Modelle mit 1,2-Liter Turbobenziner, Startergenerator und Puffer-Batterie. Sie leisten 100 respektive 136 PS. Vor allem das Einstiegsmodell dürfte preislich interessant sein: Mit 19.800 Euro landet es knapp unter der Schmerzgrenze von 20.000 Euro. In der heutigen Zeit ist der kleinste Corsa damit schon ein Schnäppchen.
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Unser Fazit zum neuen Opel Corsa Electric
Hat der Elektro-Opel unser Herz berührt? Auf alle Fälle, weil das Auto gut aussieht, weil es zweckmäßig ist und trotzdem jede Menge Fahrspaß bietet. Die elektronischen Assistenten arbeiten zurückhaltend, aber gut. So manch einer würde sich leistungsmäßig einen Herzschrittmacher wünschen, aber so ein Corsa ist ja auch keine Rennsemmel. Ein absoluter Pluspunkt ist der Verbrauch, der das Auto im laufenden Betrieb wirklich günstig macht. Auf die Art und Weise kann man die für ein Elektroauto immer noch sehr hohen Anschaffungskosten zumindest teilweise reinholen. (Rudolf Bögel)
Technische Daten Opel Corsa Electric Long Range GS
- Motor: stromerregte Synchronmaschine
- Antrieb: Front / Automatik
- Spitzenleistung: 115 kW (156 PS)
- Drehmoment: 260 Nm
- 0 – 100 km/h: 8,1 s
- V.max: 150 km/h (abgeregelt)
- Akku-Kapazität: 51 kWh (netto)
- Ladezeiten: 0 – 100 % bei 11 kW AC (dreiphasig) 3 h 10 min
- 0 – 80 % bei 100 kW (max) DC 30 min
- Verbrauch: 14,2 – 14,6 kWh / 100 km
- Reichweite: bis zu 402 km
- Länge / Breite / Höhe: 4,06 / 1,77 / 1,44
- Radstand: 3,00 m
- Leergewicht / Zuladung: 1.544 / 376 kg
- Kofferraum: 267 – 1042 l
- Preis: 38.045 Euro
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