Durchhaltevermögen fördern

Ausdauer und Entschiedenheit: Wie man „Grit“ an Kinder weitergibt

„Grit“ verbessert die Beharrlichkeit, doch ein Übermaß kann Kinder belasten. Wie Eltern den Ausgleich zwischen Antrieb und Ruhezeit bewahren.

Jeder, der je versucht hat, ein Musikinstrument zu erlernen oder sich in einem neuen Sport zu beweisen, kennt das Gefühl: Am Anfang sprüht man vor Motivation und Enthusiasmus, doch mit der Zeit können diese positiven Gefühle Frustration und Entmutigung weichen – vor allem dann, wenn es nicht sofort perfekt klappt. Jetzt braucht man, was den Unterschied zwischen Erfolg und Aufgeben ausmacht: „Grit“. Die gute Nachricht: „Grit“ kann man erlernen und Eltern, Lehrer und Erzieher können auch Kindern beibringen, in schwierigen Zeiten dranzubleiben und Ziele hartnäckig zu verfolgen.

Was ist „Grit“ und wieso sollten Eltern es ihren Kindern beibringen?

„Grit“ beschreibt eine Mischung aus Leidenschaft und Ausdauer, die nötig ist, um langfristige Ziele zu erreichen. Der Begriff wurde von der Neurowissenschaftlerin Angela Duckworth geprägt, die in ihren Studien zeigte, dass Eigenschaften wie Intelligenz oder Talent nicht allein für Erfolg entscheidend sind.

Kinder können Durchhaltevermögen und „Grit“ für Hobbys und Aktivitäten erlernen.

Es ist vielmehr „Biss“ oder „Mumm“, wie man den Begriff übersetzen könnte, der es Matheschülern, Elite-Kadetten und Verkaufsprofis ermöglicht, über sich hinauszuwachsen. „Grit“ bedeutet laut Deselfie.de, an einer Sache dran zu bleiben, selbst wenn sich der Weg als steinig erweist, und sich nicht von Rückschlägen entmutigen zu lassen. Eltern sollten ihren Kindern „Grit“ beibringen, da es eine Grundlage für Durchhaltevermögen ist, das sie in Schule, Sport und Leben stark macht und ihnen hilft, ihre Potenziale voll auszuschöpfen.

Grit erlernen: Die drei wichtigsten Regeln von Angela Duckworth

Angela Duckworth, die renommierte Forscherin und Autorin von Grit: The Power of Passion and Perseverance, hat eine einfache, aber wirkungsvolle Methode entwickelt, um ihren Kindern Durchhaltevermögen beizubringen: die „Hard-Thing-Rule“. Diese Regel besteht aus drei entscheidenden Prinzipien.

Erstens: Jedes Familienmitglied, einschließlich der Eltern, muss sich regelmäßig einer Herausforderung stellen, die kontinuierliches Üben erfordert, um sich allmählich zu verbessern. Es geht darum, sich bewusst für etwas zu entscheiden, das nicht sofort leichtfällt, sondern Mühe und Einsatz verlangt.

Zweitens: Was man begonnen hat, muss auch zu Ende gebracht werden. Wer beispielsweise eine Saison im Leichtathletikteam startet, beendet sie auch. Wird die Gebühr für den Geigenkurs bezahlt, so wird das Semester durchgezogen.

Drittens: Jeder darf seine eigene Herausforderung selbst wählen. Das soll die Autonomie und Motivation des Kindes fördern, da es sich nicht gezwungen fühlt, sondern selbstbestimmt handelt.

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„Grit“ beibringen: So geht’s – vier Schritte

Auch Angela Duckworth weiß aber, dass wahres Durchhaltevermögen nicht erzwungen werden kann, sondern aus dem eigenen Willen erwächst. Diesen Willen, also den „Grit“, kann man Kindern aber schon in jungen Jahren beibringen. Eltern können das durch eine gezielte Förderung und Erziehungsmethoden tun, die auf Ausdauer und Leidenschaft abzielen. Diese vier Schritte sollen laut Gofeminin.de dabei helfen.

1. Langfristige Ziele setzen und kleine Erfolge feiern
Kinder müssen verstehen, dass nachhaltiger Erfolg Zeit und Mühe erfordert. Eltern können sie dabei unterstützen, indem sie gemeinsam langfristige Ziele definieren und Zwischenziele setzen. Jede erreichte Etappe sollte als Erfolg gefeiert werden, um das Durchhaltevermögen zu stärken und die Motivation zu steigern.

2. Ausdauer und harte Arbeit betonen
Eltern sollten die Bedeutung von Ausdauer und harter Arbeit aktiv vermitteln. Indem sie selbst Herausforderungen annehmen und sich nicht bei ersten Rückschlägen entmutigen lassen, dienen sie als Vorbild. Kinder lernen so, dass Durchhaltevermögen eine wertvolle Eigenschaft ist, die sich auszahlt.

3. Ein unterstützendes Umfeld schaffen
Ein Umfeld, in dem Fehler als Lerngelegenheiten gesehen werden, ermutigt Kinder, aus Rückschlägen zu lernen, anstatt aufzugeben. Offene Gespräche über Herausforderungen helfen, ein positives Verhältnis zum Scheitern zu entwickeln.

4. Disziplin und Verantwortungsbewusstsein fördern
Regelmäßige Routinen und eigenverantwortliche Aufgaben fördern Disziplin. Wenn Kinder lernen, sich selbst zu organisieren und Aufgaben zu Ende zu bringen, entwickeln sie die Fähigkeit, langfristig an Zielen festzuhalten und ihre innere Motivation zu stärken.

Zu viel des Guten: Wenn „Grit“ in Kindern überhandnimmt

„Grit“ ist ohne Frage eine wertvolle Eigenschaft, die Kindern hilft, Hindernisse zu überwinden und ihre Ziele zu erreichen. Doch wie bei vielen positiven Charaktereigenschaften gibt es auch hier eine Schattenseite – nämlich, wenn es zu viel wird. Christian Thiele von der Deutschen Gesellschaft für Positive Psychologie (dggp) warnt laut Buzzfeed.de: „Es fehlt vielen nicht an ‚Grit‘, sondern eher an der Erlaubnis sich selbst gegenüber, Pause zu machen.“ Besonders in Zeiten, in denen der Leistungsdruck zunimmt, können Kinder durch ständigen Einsatz überlastet werden. Thiele sieht das Risiko, dass Eltern, die übermäßig auf Durchhaltevermögen pochen, unbeabsichtigt Stress und Überforderung fördern. Das kann zu Erschöpfung und sogar zu psychischen Belastungen führen.

Zehn Bücher, die Sie Ihren Kindern vorlesen sollten

Cover zum Klassiker „Elmar“ von David McKee
David McKee „Elmar“: Elmar ist alles andere als grau. Bunt und anders eben. Ein Buch über Farben und die Unterschiede, die uns ausmachen. Wunderbar! © Thienemann
Cover zu Axel Scheffler, Julia Donaldson „Die hässlichen Fünf“
Axel Scheffler, Julia Donaldson „Die hässlichen Fünf“: Gnu, Hyäne, Geier, Warzenschwein und Marabu sind eher die Außenseiter der Savanne. Dass sie aber die wahren Helden sein können, vermittelt dieses Buch. Es kommt nicht auf Äußerlichkeiten an. © Beltz
Cover zu „Die Streithörnchen“
Rachel Bright, Jim Field „Die Streithörnchen“: Der Streit um eine Nuss – der eine sammelt, der eine futtert sofort auf. Streit ist vorprogrammiert. Wie lässt sich Streit beilegen? Zauberhaft! © magellan
Cover zu Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat
Werner Holzwarth, Wolf Erlbruch „Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat“: für Kinder ist alles dabei, was sie lieben. Das perfekte Buch zum Vorlesen! © Peter Hammer Verlag
Cover zu „Für Hund und Katz ist auch noch Platz“ von Axel Scheffler und Julia Donaldson
Axel Scheffler, Julia Donaldson „Für Hund und Katz ist auch noch Platz“ – Auch wenn Axel Scheffler mit „Der Grüffelo“ einen Klassiker veröffentlichte, ist dieses nicht weniger vorlesenswert. Ein Buch über Freundschaft. © Beltz
Cover zu Eric Carle „Die kleine Raupe Nimmersatt“
Eric Carle „Die kleine Raupe Nimmersatt“: einer der Klassiker der Vorlesebücher. Dieser darf in der Sammlung natürlich nicht fehlen. © Gerstenberg
Cover des Mitmachbuches von Jörg Mühle „Nur noch kurz die Ohren kraulen“
Jörg Mühle „Nur noch kurz die Ohren kraulen“ – das perfekte Mitmachbuch für das Abendritual: Zähne putzen, Kopfkissen aufschütteln... und in das Reich der Träume sinken. © Moritz Verlag
Cover zum Buch „Das NEINhorn“ von Marc-Uew Kling und Astrid Henn
Marc-Uwe Kling, Astrid Henn „Das NEINhorn“: Wer kennt das Lieblingswort „Nein“ nicht. Ein Buch, das bei der jungen Zielgruppe zum Lieblingsbuch avancieren kann. Statt „nein“ ein „noch mal“. © Carlsen
Cover zum Buch „Gib mir mal die Hautfarbe“
Olaolu Fajembola/Tebogo Nimindé-Dundadengar: „Gib mir mal die Hautfarbe“ – Vorlesen dient ebenfalls zur Wertevermittlung. Es kann das Verständnis wichtiger Themen erweitern. © Beltz
Cover des Märchenbuches „Märchenland für alle“
„Märchenland für alle“: Klassische Märchen sind relativ zeitlos und kommen bei Kindern heutzutage genauso gut an, wie vermutlich bei Ihnen selbst in Ihrer Kindheit. © Dorling-Kindersley

Die Psychologin Gail Lucas ergänzt laut Greatschools.org diese Perspektive und weist darauf hin, dass „Grit“ nicht immer zu Erfolg führt. „Wir sollten Kindern beibringen, nicht nur aus Prinzip beharrlich zu sein, sondern strategisch,“ erklärt sie. Ihre Forschung zeigte, dass ein Übermaß an Durchhaltevermögen dazu führen kann, dass Kinder an Aufgaben festhalten, die keinen Nutzen bringen und sogar schädlich sein können. Lucas warnt: „Eine extreme Tendenz, zu beharren, kann die Fähigkeit, angemessen zu handeln, behindern.“ Es sei daher wichtig, Kindern beizubringen, wann es Zeit ist, loszulassen und sich neuen Herausforderungen zuzuwenden – ein Gleichgewicht, das Eltern mit Feingefühl vermitteln sollten.

Rubriklistenbild: © Yuri Arcurs/Imago