Xi Jinping beim Treffen mit Joe Biden Mitte November
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Xi Jinping beim Treffen mit Joe Biden Mitte November: China will sich Taiwan einverleiben.

Bei Gipfeltreffen in Kalifornien

Xi verlangt von Biden: USA sollen Anschluss Taiwans an China unterstützen

  • Sven Hauberg
    VonSven Hauberg
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Vor einem Treffen mit Xi Jinping forderte China von Joe Biden, er solle sich öffentlich für eine Vereinigung mit Taiwan einsetzen. Die USA blieben ihrer bisherigen Linie aber treu.

Es war eine Forderung, der Joe Biden unmöglich nachkommen konnte: Vor einem Treffen mit Chinas Staatschef Xi Jinping Mitte November sollen chinesische Regierungsbeamte darauf gedrängt haben, dass Biden öffentlich Pekings Forderungen nach einer friedlichen Vereinigung mit Taiwan unterstützt. Zudem sollte sich Biden von Befürwortern einer Unabhängigkeit Taiwans von China distanzieren. Beides habe das Weiße Haus aber abgelehnt, wie der US-Sender NBC am Mittwochabend unter Berufung auf zwei derzeitige und einen ehemaligen Regierungsbeamten berichtete.

Die USA erkennen Taiwan zwar nicht offiziell an und unterhalten nur zu China diplomatische Beziehungen; gleichzeitig ist Washington aber der Auffassung, dass eine mögliche Vereinigung des demokratisch regierten Inselstaats mit der kommunistischen Volksrepublik nur erfolgen darf, wenn diese friedlich und auf Wunsch beider Länder geschieht. Einer Umfrage der National Chengchi University in Taipeh zufolge unterstützen allerdings derzeit nur rund sieben Prozent der Taiwaner einen Anschluss ihres Landes an China; die überwiegende Mehrheit will den Status quo beibehalten, nach dem Taiwan zwar de facto eigenständig ist, sich aber nicht offiziell für unabhängig erklärt. Dies könnte etwa dadurch geschehen, dass sich Taiwan eine neue Verfassung gibt oder den offiziellen Namen des Landes von „Republik China, Taiwan“ in „Taiwan“ ändert.

China und Taiwan: Darum geht es in dem Konflikt

Taiwans F-16-Kampfjet (links) überwacht einen der beiden chinesischen H-6-Bomber, die den Bashi-Kanal südlich von Taiwan und die Miyako-Straße in der Nähe der japanischen Insel Okinawa überflogen.
Seit Jahrzehnten schon schwelt der Taiwan-Konflikt. Noch bleibt es bei Provokationen der Volksrepublik China; eines Tages aber könnte Peking Ernst machen und in Taiwan einmarschieren. Denn die chinesische Regierung hält die demokratisch regierte Insel für eine „abtrünnige Provinz“ und droht mit einer gewaltsamen „Wiedervereinigung“. Die Hintergründe des Konflikts reichen zurück bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. © Taiwan Ministry of Defence/AFP
Chinas letzter Kaiser Puyi
Im Jahr 1911 zerbricht das viele Jahrtausende alte chinesische Kaiserreich. Der letzte Kaiser Puyi (Bild) wird abgesetzt, die Xinhai-Revolution verändert China für immer. Doch der Weg in die Moderne ist steinig. Die Jahre nach der Republikgründung waren von Wirren und internen Konflikten geprägt.  © Imago
Porträt von Sun Yatsen auf dem Tiananmen-Platz in Peking
Im Jahr 1912 gründet Sun Yat-sen (Bild) die Republik China. Es folgen Jahre des Konflikts. 1921 gründeten Aktivisten in Shanghai die Kommunistische Partei, die zum erbitterten Gegner der Nationalisten (Guomindang) Suns wird. Unter seinem Nachfolger Chiang Kai-shek kommt es zum Bürgerkrieg mit den Kommunisten. Erst der Einmarsch Japans in China ab 1937 setzt den Kämpfen ein vorübergehendes Ende. © Imago
Mao Zedong ruft die Volksrepublik China aus
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs und der Kapitulation Japans flammt der Bürgerkrieg wieder auf. Aus diesem gehen 1949 die Kommunisten als Sieger hervor. Mao Zedong ruft am 1. Oktober in Peking die Volksrepublik China aus (Bild).  © Imago Images
Chiang Kai-shek
Verlierer des Bürgerkriegs sind die Nationalisten um General Chiang Kai-shek (Bild). Sie fliehen 1949 auf die Insel Taiwan. Diese war von 1895 bis 1945 japanische Kolonie und nach der Niederlage der Japaner an China zurückgegeben worden. Auf Taiwan lebt seitdem die 1912 gegründete Republik China weiter. Viele Jahre lang träumt Chiang davon, das kommunistisch regierte Festland zurückzuerobern – während er zu Hause in Taiwan mit eiserner Hand als Diktator regiert. © Imago
Richard Nixon und Zhou Enlai 1972
Nach 1949 gibt es zwei Chinas: die 1949 gegründete Volksrepublik China und die Republik China auf Taiwan, die 1912 gegründet wurde. Über Jahre gilt die taiwanische Regierung als legitime Vertreterin Chinas. Doch in den 70er-Jahren wenden sich immer mehr Staaten von Taiwan ab und erkennen die kommunistische Volksrepublik offiziell an. 1972 verliert Taiwan auch seinen Sitz in den Vereinten Nationen, und Peking übernimmt. Auch die USA brechen mit Taiwan und erkennen 1979 – sieben Jahre nach Richard Nixons legendärem Peking-Besuch (Bild) – die Regierung in Peking an. Gleichzeitig verpflichten sie sich, Taiwan mit Waffenlieferungen zu unterstützen. © Imago/UIG
Chiang Ching-Kuo in Taipeh
Im Jahr 1975 stirbt Taiwans Dikator Chiang Kai-shek. Neuer Präsident wird drei Jahre später dessen Sohn Chiang Ching-kuo (Bild). Dieser öffnet Taiwan zur Welt und beginnt mit demokratischen Reformen. © imago stock&people
Chip made in Taiwan
Ab den 80er-Jahren erlebt Taiwan ein Wirtschaftswunder: „Made in Taiwan“ wird weltweit zum Inbegriff für günstige Waren aus Fernost. Im Laufe der Jahre wandelt sich das Land vom Produzenten billiger Produkte wie Plastikspielzeug zur Hightech-Nation. Heute hat in Taiwan einer der wichtigsten Halbleiter-Hersteller der Welt - das Unternehmen TSMC ist Weltmarktführer. © Torsten Becker/Imago
Tsai Ing-wen
Taiwan gilt heute als eines der gesellschaftlich liberalsten und demokratischsten Länder der Welt. In Demokratie-Ranglisten landet die Insel mit ihren knapp 24 Millionen Einwohnern immer wieder auf den vordersten Plätzen. Als bislang einziges Land in Asien führte Taiwan 2019 sogar die Ehe für alle ein. Regiert wurde das Land von 2016 bis 2024 von Präsidentin Tsai Ing-wen (Bild) von der Demokratischen Fortschrittspartei. Ihr folgte im Mai 2024 ihr Parteifreund Lai Ching-te. © Sam Yeh/AFP
Xi Jinping
Obwohl Taiwan nie Teil der Volksrepublik China war, will Staats- und Parteichef Xi Jinping (Bild) die Insel gewaltsam eingliedern. Seit Jahrzehnten droht die kommunistische Führung mit der Anwendung von Gewalt. Die meisten Staaten der Welt – auch Deutschland und die USA – sehen Taiwan zwar als einen Teil von China an – betonen aber, dass eine „Wiedervereinigung“ nur friedlich vonstattengehen dürfe. Danach sieht es derzeit allerdings nicht aus. Die kommunistiche Diktatur Chinas ist für die meisten Taiwaner nicht attraktiv. © Dale de la Rey/AFP
Militärübung in Kaohsiung
Ob und wann China Ernst macht und in Taiwan einmarschiert, ist völlig offen. Es gibt Analysten, die mit einer Invasion bereits in den nächsten Jahren rechnen – etwa 2027, wenn sich die Gründung der Volksbefreiungsarmee zum 100. Mal jährt. Auch das Jahr 2049 – dann wird die Volksrepublik China 100 Jahre alt – wird genannt. Entscheidend dürfte sein, wie sicher sich China ist, einen Krieg auch zu gewinnen. Zahlenmäßig ist Pekings Armee der Volksrepublik den taiwanischen Streitkräften überlegen. Die Taiwaner sind dennoch gut vorbereitet. Jedes Jahr finden große Militärübungen statt; die Bevölkerung trainiert den Ernstfall, und die USA liefern Hightech-Waffen.  © Sam Yeh/AFP
Xi Jinping auf einem chinesischen Kriegsschiff
Analysten halten es für ebenso möglich, dass China zunächst nicht zu einer Invasion Taiwans blasen wird, sondern mit gezielten Nadelstichen versuchen könnte, den Kampfgeist der Taiwaner zu schwächen. So könnte Xi Jinping (Bild) eine Seeblockade anordnen, um die Insel Taiwan vom Rest der Welt abzuschneiden. Auch ein massiver Cyberangriff wird für möglich gehalten.  © Li Gang/Xinhua/Imago
Protest in Taiwan
Auch wenn die Volksrepublik weiterhin auf eine friedliche „Wiedervereinigung“ mit Taiwan setzt: Danach sieht es derzeit nicht aus. Denn die meisten Taiwaner fühlen sich längst nicht mehr als Chinesen, sondern eben als Taiwaner. Für sie ist es eine Horrorvorstellung, Teil der kommunistischen Volksrepublik zu werden und ihre demokratischen Traditionen und Freiheiten opfern zu müssen. Vor allem das chinesische Vorgehen gegen die Demokratiebewegung in Hongkong hat ihnen gezeigt, was passiert, wenn die Kommunistische Partei den Menschen ihre Freiheiten nimmt. © Ritchie B. Tongo/EPA/dpa

Xi Jinping: China hat keinen Zeitplan für Anschluss Taiwans

Bei dem Treffen mit Joe Biden soll Xi Jinping auch betont haben, dass es keinen Zeitplan für eine Vereinigung mit Taiwan gebe und dass Spekulationen, China könnte schon 2025 oder 2027 Fakten schaffen, keine Grundlage hätten. Dass es Xi ernst ist mit dem Anschluss des 23-Millionen-Einwohner-Landes an die Volksrepublik, ist allerdings unbestritten. So hatte er etwa im vergangenen Jahr auf dem Parteitag von Chinas Kommunisten erklärt, China strebe zwar eine friedliche Lösung an, werde aber „niemals versprechen, auf die Anwendung von Gewalt zu verzichten“. Beim Treffen mit Biden hatte er gesagt, Frieden sei zwar „schön und gut“, früher oder später müsse die Taiwan-Frage aber gelöst werden.

Tatsächlich übt Peking schon jetzt massiv Druck auf Taiwan aus. So entdeckt Taiwans Militär fast täglich chinesische Kampfjets und Kriegsschiffe in die Nähe der Insel, zudem versucht Peking mit Desinformationskampagnen Einfluss auf die anstehenden Präsidentschaftswahlen zu nehmen. Taiwan wählt am 13. Januar einen Nachfolger für die scheidende Präsidentin Tsai Ing-wen, Umfragen sehen derzeit Lai Ching-te vorne, den Peking-kritischen Kandidaten der Regierungspartei. Wegen Chinas ständiger Drohungen unterstützen die USA das Land mit Waffenlieferungen, zuletzt gab das US-Außenministerium vergangene Woche grünes Licht für ein Rüstungspaket in Höhe von 300 Millionen Dollar.

Beziehungen zwischen China und USA entspannen sich

Die Beziehungen zwischen China und den USA haben sich dessen ungeachtet zuletzt offenbar entspannt. So erklärte am Montag Admiral John Aquilino, der Befehlshaber des US-Indopazifik-Kommandos, Peking habe Militärmanöver gestoppt, bei denen sich in der Vergangenheit chinesische und amerikanische Kampfjets und Kriegsschiffe „gefährlich“ nahe gekommen waren. Aquilino brachte die Entwicklung mit dem Treffen zwischen Biden und Xi im November in Verbindung, der ersten Begegnung der beiden Staatschef seit rund einem Jahr.„Wenn sich dieser Trend fortsetzt, wäre das von großem Nutzen“, sagte Aquilino vor Journalisten in Tokio.