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„Völkerrechtlicher Realitätsverlust“: FDP und Grüne mit Blick auf Asylverfahren in Drittstaaten uneinig

  • Felix Durach
    VonFelix Durach
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Die Bundesregierung will die Möglichkeit von Asylverfahren in Drittstaaten prüfen. In Großbritannien ist ein ähnliches Modell vor Gericht gescheitert.

Frankfurt – Sollte man Asylbewerber künftig aus Deutschland in Drittländer bringen und dort ihre Asylanträge bearbeiten? Ein Vorschlag, der in der deutschen Migrationspolitik kontrovers diskutiert wird. NRWs Ministerpräsident Hendrik Wüst hatte sich zuletzt als Befürworter des sogenannten „Ruanda-Modells“ in Stellung gebracht.

Der Name leitet sich von dem Bestreben der britischen Regierung ab, Asylverfahren nach Ruanda auszulagern. Premierminister Rishi Sunak kassierte jedoch unter der Woche eine juristische Niederlage. Ist das Ruanda-Modell in Deutschland bereits jetzt gescheitert? Vertreter von Regierungs- und Oppositionsfraktionen im Bundestag haben auf Anfrage von FR.de von IPPEN.MEDIA Stellung bezogen.

Ruanda-Modell für Asylverfahren: Oberste Gerichtshof kippt Pläne von Premierminister Sunak

Am Mittwoch hatte sich der britische Oberste Gerichtshof dem Urteil eines Berufungsgerichts angeschlossen, wonach die Abschiebungen von aus Drittstaaten kommenden Migranten nach Ruanda rechtswidrig sind und gegen internationale Verträge verstoßen – unter anderem gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Es bestehe die Gefahr, dass Asylbewerber in dem ostafrikanischen Land kein faires Verfahren erhielten, betonte der Supreme Court. Das Gericht berief sich unter anderem auf Erfahrungsberichte des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR. Auch wenn das britische Urteil erstmal keine Auswirkungen auf die deutsche Migrationspolitik hat, kann man es doch als Fingerzeig für ähnliche Modelle in anderen europäischen Ländern werten.

Menschen demonstrieren in London gegen die Pläne der britischen Regierung, Asylbewerber nach Ruanda abzuschieben.

Denn im Rahmen des Bund-Länder-Gipfels zum Thema Migration am 6. November hatten sich die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten gemeinsam mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) auf eine Prüfung geeinigt, „ob die Feststellung des Schutzstatus von Geflüchteten unter Achtung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention zukünftig auch in Transit- oder Drittstaaten erfolgen kann.“

Ruanda-Modell auch für Deutschland: Grüne kritisieren – „völkerrechtlicher Realitätsverlust“

Sind diese Bemühungen mit Blick auf das Urteil in Großbritannien nun hinfällig? „Für die Überlegungen in Deutschland bedeutet das aus meiner Sicht große Klarheit. Wer Asylverfahren auf diese Art und Weise auslagern möchte, leidet unter völkerrechtlichem Realitätsverlust“, sagte Julian Pahlke, der fachpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, auf Anfrage von FR.de. „Das Urteil des Supreme Courts in London begründet ausdrücklich, dass der Plan der britischen Konservativen mit dem Völkerrecht unvereinbar ist. Ich sehe es als große Gefahr, dass rechtskonservative Migrationspolitik nicht mehr ohne Verletzungen des Völkerrechts auskommt“, sagte Pahlke weiter.

Der Grünen-Abgeordnete sprach sich stattdessen für die Abschaffung von Arbeitsverboten in Deutschland und „ernsthafte Bemühungen“ um eine faire Verteilungslösung in Europa aus. „Die Debatte um Scheinlösungen hilft am Ende keiner Kommune weiter“, sagte Pahlke mit Blick auf das Ruanda-Modell.

FDP und Grüne uneins – „Asylverfahren in Drittstaaten grundsätzlich möglich“

Zu einer gänzlich anderen Interpretation kommt jedoch der Koalitionspartner der Grünen in der Ampel-Regierung. Die FDP-Fraktion sieht in der Entscheidung in Großbritannien auch Möglichkeiten für Deutschland. „Das Urteil ist nicht direkt auf Deutschland übertragbar. Es zeigt aber, dass Asylverfahren in Drittstaaten grundsätzlich möglich sind, wenn hohe rechtsstaatliche Standards und Grundsätze eingehalten werden“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Stephan Thomae, gegenüber FR.de. „Daran müssen wir jetzt anknüpfen und dieses Konzept weiterverfolgen.“

„Denn wenn es gelänge, dass Drittstaaten faire Asylverfahren unter Achtung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention durchführen, wäre das ein erheblicher Fortschritt bei der Begrenzung irregulärer Migration“, führte Thomae weiter aus. Eine solche Regelung könnte aus Sicht des FDP-Politikers auch Menschen davon abhalten, „gefährliche Fluchtrouten“ auf sich zu nehmen.

Migrationspolitik in Deutschland – Völkerrechtler über Asylverfahren in Drittstaaten

Die Ansichten der beiden Ampel-Parteien auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in Großbritannien unterscheiden sich also stark. Auch wenn mit Blick auf die deutsche Migrationspolitik noch viele Fragen offen sind, zeigen die beiden Politiker mit ihrer Einschätzung die Komplexität des Vorhabens.

Matthias Hartwig, Völkerrechtler am Heidelberger Max-Planck-Institut für Völkerrecht, wollte im Gespräch mit Merkur.de von IPPEN.MEDIA ebenfalls „nicht ausschließen“, dass Asylverfahren in Drittstaaten grundsätzlich möglich sind. Allerdings müsse die Bundesregierung „im Einzelfall ganz genau prüfen, wo Asylverfahren auf europäischen Niveau“ stattfinden könnten.

Kabinett Scholz: Nach dem Ampel-Aus kommt Rot-Grün ohne Mehrheit

Olaf Scholz spricht zur Energiepolitik.
Olaf Scholz (SPD) ist der neunte Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Politisch wird er dem konservativen Flügel der Sozialdemokraten zugerechnet. Lange Zeit galt er als reiner „Scholzomat“ – ein Spitzname, den er sich wegen seiner mechanisch wirkenden Sprechblasen in seiner Zeit als Generalsekretär unter Kanzler Gerhard Schröder verdiente. Kurz nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine kündigte er in einer Sondersitzung des deutschen Bundestages einen Wandel der deutschen Politik an: „Wir erleben eine Zeitenwende.“  © Britta Pedersen/dpa
Robert Habeck auf Deutschlandtour.
Robert Habeck ist Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz im Kabinett Scholz sowie Stellvertreter des Kanzlers. Vom 27. Januar 2018 bis zum 14. Februar 2022 hatte er zusammen mit Annalena Baerbock den Bundesvorsitz der Partei Bündnis 90/Die Grünen inne. Habeck ist auch als Schriftsteller tätig. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Andrea Paluch veröffentlichte er mehrere Romane, u.a. Hauke Haiens Tod (2001). © Soeren Stache/dpa
Jörg Kukies kommt zu Beginn der Sitzung des Bundeskabinetts im Kanzleramt.
Am 7. November 2024 hat Jörg Kukies das Amt des Finanzminister übernommen. Der Sozialdemokrat Kukies ist derzeit Staatssekretär im Kanzleramt und gilt als einer der wichtigsten Berater von Kanzler Scholz. Er ist sein Mann für Wirtschaft und Finanzen und verhandelt für ihn die Abschlussdokumente der G7- und G20-Gipfel.  © Michael Kappeler/dpa
Christian Lindner im Kanzleramt in Berlin am 27. Juli 2022.
Christian Lindner ist Bundesminister der Finanzen im Kabinett Scholz. Der FDP-Politiker ist seit dem 7. Dezember 2013 Bundesvorsitzender der Liberalen. Schon 2017 sah es lange so aus, als würde die FDP an der Regierung beteiligt sein. Doch nach vierwöchigen Sondierungsgesprächen zur Bildung einer Jamaika-Koalition erklärte Lindner die Verhandlungen schließlich für gescheitert. Seine Begründung: „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren!“ © Emmanuele Contini/Imago
Nancy Faeser (SPD), alte und neue Landesvorsitzende der SPD in Hessen und Bundesinnenministerin, freut sich über ihre Wiederwahl.
Nancy Faeser führt im Kabinett Scholz als erste Frau das Bundesministerium des Innern und für Heimat. Die Juristin ist seit dem 2. November 2019 Vorsitzende der SPD Hessen. Zuvor war sie 16 Jahre lang Abgeordnete des Hessischen Landtags und ab 2019 als Vorsitzende der hessischen SPD-Fraktion auch Oppositionsführerin. Zudem war sie Spitzenkandidatin der SPD bei der Landtagswahl in Hessen 2023. Als Abgeordnete im Landtag erhielt sie zwei Drohbriefe, die mit NSU 2.0 unterschrieben waren. © Andreas Arnold/dpa
Annalena Baerbock ist im Kabinett Scholz Bundesministerin des Auswärtigen. Sie ist die erste Frau, die dieses Amt innehat. Bei der Bundestagswahl 2021 trat sie als Kanzlerkandidatin der Grünen an, die sich aber mit 14,8 Prozent der Zweitstimmen mit Platz drei hinter SPD und Union begnügen mussten. Von Januar 2018 bis Februar 2022 war sie gemeinsam mit Robert Habeck Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen.
Annalena Baerbock ist im Kabinett Scholz Bundesministerin des Auswärtigen. Sie ist die erste Frau, die dieses Amt innehat. Bei der Bundestagswahl 2021 trat sie als Kanzlerkandidatin der Grünen an, die sich aber mit 14,8 Prozent der Zweitstimmen mit Platz drei hinter SPD und Union begnügen mussten. Von Januar 2018 bis Februar 2022 war sie gemeinsam mit Robert Habeck Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen. © Thomas Imo/Imago
Marco Buschmann FDP, Bundesjustizminister, stellt Eckpunktepapier zum Selbstbestimmungsgesetz vor.
Marco Buschmann war bis zum 7. November 2024 Bundesminister der Justiz im Kabinett Scholz. Der FDP-Politiker war von Oktober 2017 bis Dezember 2021 Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion. Im Herbst 2020 warnte er während der Corona-Pandemie vor einer Verfassungskrise. Buschmann war auch Mitkoordinator der erfolgreichen Verfassungsklage der Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP gegen den Berliner Mietendeckel. Nach dem Rauswurf von Finanzminister Christian Lindner verließ Buschmann die Ampel.  © Jürgen Heinrich/Imago
Volker Wissing, Bundesverkehrsminister FDP, vor der Kabinettssitzung im Berliner Kanzleramt Bundeskanzleramt in Berlin
Volker Wissing wurde nah dem Ampel-Aus für sein Ausscheren aus dem Kurs von FDP-Parteichef Christian Lindner belohnt. Der Bundesminister für Digitales und Verkehr erhielt zusätzlich das Justizressort. Einer der letzten großen Ampel-Fans in der FDP zog nach dem Koalitionsbruch Konsequenzen: In einem beispiellosen Schritt trat er aus der Partei aus und bleibt bis zu den geplanten Neuwahlen als Parteiloser im Amt. Der Jurist war vom 19. September 2020 bis zum 23. April 2022 Generalsekretär der FDP. Wissing gibt als Hobby Weinbau an, vor allem im familieneigenen Weingut.  © Stefan Boness/Imago
Hubertus Heil besucht die Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete in Berlin-Spandau.
Hubertus Heil ist im Kabinett Scholz Bundesminister für Arbeit und Soziales – ein Amt, das der SPD-Politiker bereits seit dem 14. März 2018 innehat. Heil ist seit Dezember 2019 stellvertretender Bundesvorsitzender der Sozialdemokraten. Von November 2005 bis November 2009 und von Juni bis Dezember 2017 war er Generalsekretär seiner Partei. Heil spricht sich für einen Mindestlohn von mindestens 12 Euro aus, eine Erhöhung des Rentenalters auf über 67 Jahre lehnt er ab. © M. Popow/Imago
Boris Pistorius ist als Nachfolger von Christine Lambrecht ins Chefbüro des Verteidigungsministeriums im Bendlerblock gerückt. Pistorius gehört dem SPD-Parteivorstand an und gilt als erfahrener Polit-Manager. Von 1980 bis 1981 absolvierte er seinen Wehrdienst, anschließend studierte er Rechtswissenschaften in Osnabrück und Münster. Pistorius war zuvor seit 2013 Innenminister in Niedersachsen.
Boris Pistorius ist als Nachfolger von Christine Lambrecht ins Chefbüro des Verteidigungsministeriums im Bendlerblock gerückt. Pistorius gehört dem SPD-Parteivorstand an und gilt als erfahrener Polit-Manager. Von 1980 bis 1981 absolvierte er seinen Wehrdienst, anschließend studierte er Rechtswissenschaften in Osnabrück und Münster. Pistorius war zuvor seit 2013 Innenminister in Niedersachsen. © Michael Kappeler/dpa
Verteidigungsministerin Lambrecht besucht Marder-Kompanie
Bis zum 19. Januar 2023 hatte Christine Lambrecht das Amt der Verteidigungsministerin inne. Die SPD-Politikerin stand zumeist unter einem immensen Druck. Kritische Stimmen warfen ihr fehlende Sachkenntnis, die schleppend angelaufene Beschaffung für die Bundeswehr, aber auch ihr Auftreten in der Öffentlichkeit vor. Irritation rief schließlich eine Neujahrsbotschaft hervor, in der sie begleitet von Silvesterfeuerwerk in Berlin über den Ukraine-Krieg sprach. © Robert Michael/dpa
Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft läuft beim Treffen der G7 Agrarminister zum Eingang des Schlosses Hohenheim.
Cem Özdemir ist Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft im Kabinett Scholz. Özdemir ist der erste Bundesminister mit türkischem Migrationshintergrund. Von November 2008 bis Januar 2018 war er Bundesvorsitzender der Grünen. Im Dezember 2021 wurde er zum stellvertretenden Vorsitzenden des gemeinnützigen Vereins „Gegen Vergessen – Für Demokratie“ gewählt. Nach dem Ampel-Aus übernahm er auch das Ministerium für Bildung und Forschung.  © Bernd Weißbrod/dpa
Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, spricht beim hybriden Gipfeltreffen „Women7-Summit“.
Elisabeth „Lisa“ Paus ist seit dem 25. April 2022 Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Kabinett Scholz. Sie ist die Nachfolgerin von Anne Spiegel, die zuvor von diesem Posten zurückgetreten war. Paus gehört zum linken Parteiflügel der Grünen. Sie ist seit 2009 Abgeordnete im Deutschen Bundestag.  © Bernd von Jutrczenka/dpa
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier übergibt im Schloss Bellevue anlässlich des Amtswechsels im Bundesfamilienministerium die Entlassungsurkunde an Anne Spiegel (Bündnis 90/Die Grünen), bisherige Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Vorgängerin von Lisa Paus war Anne Spiegel, die am 25. April 2022 die Entlassungsurkunde von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erhielt. „Es war zu viel“, hatte die Grünen-Politikerin vorher bekennen müssen. Ihr Verhalten als Ministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität in Rheinland-Pfalz nach der Flutkatastrophe im Sommer 2021 wurde vom Untersuchungsausschuss des Landtags bis ins Detail untersucht. Die Kritik wurde zum Sturm – ihr Amt als Bundesfamilienministerin gab Spiegel deshalb auf. In ihrer Rücktrittserklärung betonte Spiegel, dass sie das Amt nicht länger belasten wolle und entschuldigte sich für begangene Fehler. © Bernd von Jutrczenka/dpa
Karl Lauterbach (SPD), Bundesgesundheitsminister, beantwortet auf einer Pressekonferenz Fragen von Journalisten zum Infektionsgeschehen und zur Impfentwicklung.
Karl Lauterbach ist Bundesminister für Gesundheit im Kabinett Scholz. Der SPD-Politiker ist Professor am Universitätsklinikum Köln und dort Leiter des Instituts für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie. Wegen seines Bundestagsmandats ist er derzeit beurlaubt. Während der Pandemie ist er für viele zu einer Reizfigur geworden. Als Minister konnte er sich mit seiner Forderung nach einer allgemeinen Corona-Impfpflicht nicht durchsetzen.  © Wolfgang Kumm/dpa
Steffi Lemke, Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz beim Treffen der G7 Klima-, Energie- und Umweltministerinnen und -minister.
Steffi Lemke hat im Kabinett Scholz den Posten als Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz inne. Die Politikerin von Bündnis 90/Die Grünen absolvierte ein Studium der Agrarwissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin, das sie 1993 als Diplom-Agraringenieurin abschloss. Von 2002 bis 2013 war sie politische Bundesgeschäftsführerin ihrer Partei. © Chris Emil Janssen/Imago
Bettina Stark-Watzinger im Portrait bei der Bundespressekonferenz zum Thema Veroeffentlichung des nationalen Bildungsberichts Bildung in Deutschland.
Bettina Stark-Watzinger ist Bundesministerin für Bildung und Forschung im Kabinett Scholz. Seit 2017 ist sie Abgeordnete im Deutschen Bundestag und seit März 2021 Vorsitzende der FDP Hessen. Ihr Studium der Volkswirtschaftslehre an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz und der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main schloss sie 1993 als Diplom-Volkswirtin ab. Sie ist Mitglied im Stiftungsrat der Karl-Hermann-Flach-Stiftung. © Imago
Svenja Schulze SPD, Bundesministerin fuer wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, aufgenommen im Rahmen der Konferenz fuer globale Ernaehrungssicherheit im Auswaertigen Amt in Berlin.
Svenja Schulze ist Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland im Kabinett Scholz. Die SPD-Politikerin ist Mitglied der Arbeiterwohlfahrt, der IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), ver.di, im Naturschutzbund Deutschland (NABU) und im Verein Slowfood. Sie ist Mitbegründerin des Netzwerkes „Frauenzeiten“. © Florian Gaertner/Imago
Klara Geywitz im Kanzleramt in Berlin am 27. Juli 2022. Kabinettssitzung in Berlin.
Klara Geywitz ist Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen im Kabinett Scholz. Zudem ist sie Beauftragte der Bundesregierung für den Berlin-Umzug und den Bonn-Ausgleich. Im Dezember 2019 wurde sie zu einer der stellvertretenden Bundesvorsitzenden der SPD gewählt. Geywitz gehört seit 2014 dem Vorstand der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit an. © Emmanuele Contini/Imago
Wolfgang Schmidt hisst die Regenbogenfahne am Bundeskanzleramt in Berlin.
Wolfgang Schmidt ist Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes im Kabinett Scholz. In dieser Funktion ist er außerdem Beauftragter der Nachrichtendienste des Bundes. Schmidt, der seit 1989 der SPD angehört, gilt als engster Vertrauter von Olaf Scholz. © Christian Spicker/Imago

Grundlegendes Konzept „bleibt richtig“ – Unions-Fraktion mit Blick auf Ruanda-Modell abwartend

Ministerpräsident Wüst sah das britische Urteil ähnlich wie die FDP als Chance für die deutsche Migrationspolitik. „Aus dem britischen Urteil können wir einiges für die deutsche Debatte lernen“, sagte der nordrhein-westfälische CDU-Chef bereits am Donnerstag (16. November) der FAZ. Die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag gab sich auf Anfrage von FR.de eher zurückhaltend. „Unser Ziel muss sein, dass sich die Menschen gar nicht erst auf den lebensgefährlichen Weg über das Mittelmeer machen. Das Konzept von Asylverfahren in sicheren Drittstaaten bleibt daher richtig, daran ändert das Urteil des Obersten Gerichts in Großbritannien nichts“, sagte der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Alexander Throm.

Throm betonte, dass das Urteil für Deutschland und EU ohnehin keine Gültigkeit habe. „Die EU muss das Konzept von Asylerfahren in sicheren Drittstaaten entschieden vorantreiben. Für uns ist selbstverständlich, dass das Verfahren im Drittstaat fair und rechtsstaatlich sein muss.“

Asylverfahren in Drittstaaten – Sunak beharrt auf Ruanda-Modell

Die Debatte über Asylverfahren in Drittstaaten dürfte in Deutschland also noch über einen längeren Zeitraum hinweg an der Tagesordnung stehen. Das Ergebnis der von Bund und Ländern angeordneten Prüfung könnte einen ersten Hinweis darauf geben, ob ein solches System in Deutschland Erfolgsaussichten hat.

Großbritanniens Premierminister Sunak lässt sich von dem Urteil immerhin ebenfalls nicht aufhalten. Bereits am Mittwoch kündigte der Regierungschef an, ein neues Abkommen mit Ruanda auf den Weg bringen und den ostafrikanischen Staat per Eilgesetz zum sicheren Land erklären lassen zu wollen. Sunak stellte zudem in Aussicht, sich auch über ein mögliches erneutes Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) hinwegsetzen zu wollen. Auch wenn die britischen Entscheidungen keine Gültigkeit für die politischen Entscheidungsträger in Berlin haben, dürfte Regierung und Opposition im Bundestag die Entwicklungen in London genaustens im Blick behalten. (fd)

Rubriklistenbild: © Tom Pilgrim/dpa