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„Nur im Kalten Krieg war es zwischen China und den USA noch schlimmer“
VonSven Hauberg
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Annäherung unmöglich? Am Wochenende reist US-Außenminister Blinken nach Peking. Ein Experte bezweifelt, dass das Treffen die Beziehungen zwischen China und den USA verbessern wird.
München – „Solange die Hügel grün sind, gibt es Holz, das man verbrennen kann“, heißt es in einem chinesischen Sprichwort. Auf Deutsch würde man wohl sagen: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Das gilt natürlich auch für die derzeit wohl kompliziertesten Beziehungen in der Weltpolitik, nämlich jene zwischen China und den USA. Auf dem Spiel steht vieles, vom Frieden in der Taiwan-Straße bis zur Zusammenarbeit beim Klimaschutz. Die Hoffnung aber schwindet, dass die beiden Großmächte bald wieder zueinander finden könnten. Dazu wurde in den vergangenen Jahren und Monaten zu viel Porzellan zerschlagen, von beiden Seiten. Ob der für dieses Wochenende geplante Peking-Besuch von US-Außenminister Blinken daran etwas ändern wird, ist fraglich.
Es habe in der Vergangenheit schon viele Tiefpunkte in den Beziehungen zwischen Peking und Washington gegeben, sagt Andrew Small, China-Experte bei der US-Denkfabrik German Marshall Fund. Etwa nach dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens im Jahr 1989, als die Führung in Peking Hunderte Demonstranten niederschießen ließ. Oder während einer der heftigsten Taiwan-Krisen, Mitte der 90er-Jahre: Damals wählte Taiwan erstmals frei seinen Präsidenten – und China feuerte als Antwort mehrere Raketen in Richtung Taiwan ab. Die USA schickten daraufhin mehrere Kriegsschiffe in die Region.
China wirft den USA „umfassende Eindämmung und Unterdrückung“ vor
„Heute aber geht es nicht um einzelne spezifische Themen“, sagt Small zu IPPEN.MEDIA. „Sondern um die Tatsache, dass beide Seiten sich in einer sich verschärfenden Rivalität sehen, die andauern wird.“ Im vergangenen März warf Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping dem Westen und allen voran den USA vor, „eine umfassende Eindämmung und Unterdrückung Chinas“ zu betreiben. Washington wolle den Aufstieg des Landes verhindern, etwa durch Sanktionen auf hoch entwickelte Mikrochips, klagt man in Peking. Die USA wiederum werfen Peking unfaire Handelsbedingungen, ein aggressives Machtgebaren im Südchinesischen Meer und in der Taiwan-Straße vor, sowie Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang und Tibet.
Längst ist ein neuer Systemkonflikt entbrannt. Xi Jinping will die weltweite Dominanz der USA brechen, mit Wladimir Putin als seinem Juniorpartner. Die USA wollen das nicht hinnehmen. Ein China auf Augenhöhe ist für Demokraten und Republikaner gleichermaßen ein Albtraumszenario. Die Beziehungen zwischen Peking und Washington seien zuletzt vor Aufnahme der diplomatischen Beziehungen in den 1970-er Jahren „oder gar nur in der Frühphase des Kalten Krieges noch schlimmer gewesen“ als heute, sagt Experte Small.
Blinken in China: Wieder Spionagevorwürfe kurz vor Reisebeginn
Voraussichtlich am Sonntag und Montag wird US-Außenminister Blinken in Peking mit seinem chinesischen Amtskollegen Qin Gang und wohl auch mit Präsident Xi zusammentreffen. Blinken ist der hochrangigste US-Politiker, der seit dem Amtsantritt von Joe Biden in China empfangen wird. Biden und Xi sprachen zuletzt im November, am Rande des G20-Gipfels, miteinander. Seitdem gab es zwar einige Treffen hochrangiger Diplomaten beider Seiten, vor allem aber viel verbales Säbelrasseln. Zuletzt Mitte der Woche, als Qin Gang von seinem amerikanischen Amtskollegen am Telefon „Respekt“ einforderte sowie die Bereitschaft, „Chinas Souveränität, Sicherheit und Entwicklungsinteressen“ zu respektieren.
Ursprünglich wollte Blinken bereits im Februar nach Peking fliegen, sagte seinen Besuch aber kurzfristig ab, nachdem über den USA ein mutmaßlicher chinesischer Spionageballon entdeckt worden war. Auch jetzt belastet eine Spionageaffäre die Beziehungen: Nachdem vergangene Woche zunächst das Wall Street Journalüber angebliche chinesische Spionageaktivitäten auf Kuba berichtet hatte, sah sich Blinken gezwungen, die Vorwürfe weitgehend zu bestätigen. China wies die Anschuldigungen umgehend zurück und warf den USA „wahllose Massenspionage in der ganzen Welt“ vor.
China und die USA: Beziehungen vor Missverständnissen schützen
Manch einer in China glaubt, dass der WSJ-Bericht nicht zufällig so kurz vor Blinkens Peking-Besuch lanciert wurde. Sondern dass auch die neuen Spionage-Vorwürfe Teil einer von langer Hand geplanten Kampagne gegen China seien.
Entsprechend gering sind die Hoffnungen, dass der Blinken-Besuch eine echte Trendwende einleiten könnte. China gibt sich zwar gesprächsbereit, wirft Washington aber zugleich ein falsches Spiel vor. „Es ist nicht hinnehmbar, dass man um Kommunikation bittet und dabei die Interessen der anderen Seite verletzt“, sagte Außenamtssprecher Wang Wenbin am Freitag. „Man kann nicht das eine sagen und das andere tun.“
Das Risiko versehentlicher Eskalationen ist in dieser Lage nicht zu unterschätzen. Es gehe jetzt vor allem darum, die Beziehungen „effektiv zu verwalten und zumindest die Fähigkeit zu erhalten, Geschäfte zu tätigen, Meinungen auszutauschen und Missverständnisse zu minimieren“, sagt daher Andrew Small. Mehr sei derzeit nicht drin im Verhältnis zwischen China und den USA.