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Söder und Aiwanger warnen vor der „zwanghaften Veganisierung“ - und wettern gegen Ampel-Koalition
VonMichelle Brey
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Eine Demonstration lockt in Erding mehr als 10.000 Menschen an. Darunter auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Er muss Kritik einstecken.
München - Die Demonstration in Erding gegen die Klimapolitik der Ampel-Koalition sorgte für Aufsehen. Rund 13.000 Menschen fanden den Weg dorthin und wurden Zeugen, wie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Hubert Aiwanger (Freie Wähler) die Kundgebung gegen das geplante Heizungsgesetz zu teils heftigen Attacken auf die Bundesregierung nutzten.
Beide ernteten für ihre Teilnahme an der Demo mit dem Motto „Stoppt die Heizungsideologie“, bei der auch AfD-Sympathisanten anwesend waren, im Nachgang viel Kritik. SPD und Grüne warfen ihnen „destruktiven Populismus“ und Stimmenfischen am rechten Rand vor, in Sichtweite der Landtagswahl am 8. Oktober. Aiwanger wurde auf der Plattform Twitter gar eine Wortwahl à la AfD vorgehalten.
Demonstration in Erding: AfD, Klimawandelleugner, Querdenker und Impfgegner vertreten
Mit organisiert wurde die Kundgebung von der Kabarettistin Monika Gruber, die offenbar maßgeblich für den großen Zulauf sorgte. Gruber hatte sich vorab von der AfD abgegrenzt und der Partei ein Rederecht verweigert. Die AfD rief aber gleichwohl dazu auf, nach Erding zu kommen, zu einer parallelen Kundgebung neben dem Volksfestplatz. Daneben waren in Erding auch Klimawandelleugner, Querdenker und Impfgegner vertreten.
Ich stehe für keine Partei. Ich mache das auch nicht als Kabarettistin. Sondern als Bürgerin der gesellschaftlichen Mitte. An diesem Tag wird die bürgerliche Mitte reden – und auf keinen Fall jemand von der AfD.
„Zwanghafte Veganisierung“, „Berliner Chaoten“: Söder und Aiwanger attackieren Ampel-Koalition
Bayerns Ministerpräsident wurde zu Beginn heftig ausgebuht - offenkundig unter anderem von AfD-Sympathisanten, von denen er sich dann als einziger Redner scharf abgrenzte und dafür erneut Pfiffe aus der Menge erhielt. „Die bürgerliche Mitte hat nichts mit AfD, hat nichts mit Anti-Demokraten zu tun“, rief er. Man sage „Ja“ zum Klimaschutz, „aber ‚Nein‘ zu diesem Heizungsgesetz“, sagte der CSU-Politiker.
Klimaschutz sei wichtig, aber er müsse gemeinsam mit den Bürgern vorangetrieben werden, nicht mit einer „Brachialkur“, wie von den Grünen. Beim Heizungstausch brauche es deutlich längere Fristen, forderte er. Des Weiteren sollten alle Rentner von der Pflicht befreit werden. Nicht zuletzt wandte er sich strikt gegen eine vermeintliche „zwanghafte Veganisierung“ und ein „zwanghaftes Gendern“. „Die Grünen haben die Philosophie, zu verbieten und umzuerziehen. Und wir wollen nicht, dass unser Land den ganzen Tag von einigen wenigen grünen Funktionären umerzogen wird“, sagte er.
Aiwanger holte in seiner Rede zum verbalen Rundumschlag aus. Wenn die Bundesregierung einen Funken Anstand hätte, würde sie zurücktreten, sagte er und sprach von „Berliner Chaoten“, die das Land spalten wollten. „Jetzt ist der Punkt erreicht, wo endlich die schweigende große Mehrheit dieses Landes sich die Demokratie wieder zurückholen muss und denen in Berlin sagen: Ihr habt‘s wohl den A**** offen da oben“, rief er. Die Kritik auf die Äußerungen ließ nicht lange auf sich warten.
Scharfe Kritik an Söder und Aiwanger nach Demo-Teilnahme in Erding
„Erding zeigt heute auf den Punkt, warum die Strategie, den Rechten nach dem Mund zu reden, nicht funktioniert“, twitterte Ricarda Lang, Grünen, Bundesvorsitzende. „Wenn Bürgerliche den rechten Kulturkampf bedienen, verlieren sie. Und es gewinnt das Original“, so die Politikerin. Karl Lauterbach (SPD) warf Söder vor, mit seiner Teilnahme „Fakenews“ zur Heizung zu bestätigen. „Er ist Kronzeuge der Ignoranten, die ihn dann verspotten und AfD wählen.“
Grünen-Landeschef Thomas von Sarnowski kritisierte: „Keine eigenen Vorschläge, stattdessen Ängste schüren und erneut Stimmen am rechten Rand fischen: Das zahlt am Ende beim Original ein.“ SPD-Landeschef Florian von Brunn warf Söder vor, sich mit Klimaschutz-„Querdenkern“ gemein zu machen. Zudem wurde von der CDU Kritik geäußert. „Aiwanger von den Freien Wählern redet wie die AfD“, twitterte beispielsweise Ruprecht Polenz. Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Matthias Hauer äußerte sich: „Wer ernsthaft meint, es müsse sich in Deutschland eine ‚schweigende Mehrheit‘ die ‚Demokratie zurückholen‘, der hat das Ende der Populismus-Fahnenstange erreicht und wiederholt AfD-Märchen.“
Kabinett Scholz: Nach dem Ampel-Aus kommt Rot-Grün ohne Mehrheit
Die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch sagte gegenüber der dpa: „Den Veranstaltern und den meisten Rednern auf der Demonstration dürfte klar geworden sein, dass dieses Spiel mit dem Feuer des Populismus für seriöse Politiker oder Veranstalter nicht zu gewinnen ist. Die Schreihälse spielen ihr eigenes Spiel: Entweder man wird einer von ihnen, oder man wird übertönt.“
Auf solchen Veranstaltungen ist für Demokraten kein Blumentopf zu gewinnen. Deshalb lassen diese besser die Finger davon.
Beim Radiosender Antenne Bayern äußerte sich am Samstag auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): „Das Gesetz, das im Deutschen Bundestag beraten wird, ist schon ein ganz anderes als das, über das viel diskutiert wurde anhand einer gar nicht zu Ende beratenen Referentenvorlage.“ Das „Gebäudeenergiegesetz“ solle im Bundestag nun in alle Richtungen abgeklopft werden - mit einem einzigen Ziel: „Es darf an keiner Stelle jemand überfordert werden und etwas tun müssen, das er oder sie sich nicht leisten kann.“ Das Heizungsgesetz soll wohl noch vor der Sommerpause kommen. (mbr mit dpa)