Homophobie- und Transfeindlichkeit

Entgegen AfD-Programm – Fraktionsvorsitzender Chrupalla nennt Weidel „traditionelle Frau“

  • Nils Thomas Hinsberger
    VonNils Thomas Hinsberger
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Die AfD steht für ein traditionelles Familienbild. Weidels Ehe mit einer Frau, stellt für Chrupalla keinen Widerspruch dar – wie passt das zusammen?

Berlin – Die AfD gilt als konsequente Gegnerin der Ehe für alle. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) nennt die Partei klar homophob und zeigt queerfeindliches Gedankengut im Programm der AfD auf. Und doch hat die AfD mit Alice Weidel eine offen lesbische Co-Fraktionsvorsitzende im Bundestag. Wie passt das zusammen?

Fragt man Tino Chrupalla, ebenfalls Co-Fraktionsvorsitzender der AfD, passe das sogar sehr gut, erzählte am Dienstag (6. Februar) in der Sendung „Frühstart“ der Sender RTL und n-tv. Trotz der Tatsache, dass Weidel mit einer Frau mit Migrationshintergrund eine eingetragene Lebenspartnerschaft führt und gemeinsam mit ihrer Partnerin zwei Kinder aufzieht, sei sie eine „traditionelle Frau“. Damit widerspricht Chrupalla der im Parteiprogramm der AfD selbst auferlegten Definition eines traditionellen Familienbilds.

Homophobie und Sexismus in der AfD – Chrupalla will trotzdem „andere Lebensformen“ akzeptieren

Die AfD hat in ihrem Grundsatzprogramm das traditionelle Familienbild mit aufgenommen. Dabei handele es sich um die Konstellation aus „Mutter, Vater, Kind“, so Chrupalla. Weshalb Weidel trotzdem dem traditionellen Bild der AfD entspricht, erklärt Chrupalla im Interview nicht weiter. „Warum nicht?“, antwortet er auf eine entsprechende Nachfrage im Interview von RTL und n-tv.

AfD-Co-Fraktionsvorsitzender Tino Chrupalla (r.) hält Alice Weidel, ebenfalls AfD-Vorsitzende, für eine „traditionelle Frau“. Obwohl die AfD homosexuelle Menschen aus ihrem traditionellen Familienbild ausschließt. (Archivbild)

Trotz ihrer Familienideologie würden „andere Lebensformen im privaten Bereich auch von uns akzeptiert werden“, so Chrupalla. Dem widerspricht der LSVD und verweist auf homophobe Äußerungen einiger Mitglieder. So gehöre Beatrix von Storch dem evangelikalen-bibeltreuen Flügel der AfD an, der Homosexualität als „Sünde“ oder „nicht gottgewollt“ bezeichne. Auch Björn Höcke, der Thüringer AfD-Vorsitzende, soll sich mehrfach abfällig über Homosexualität geäußert haben. Höcke habe unter anderem gesagt: „Wir stehen gerade und aufrecht für die Natürlichkeit der Familie, für die Natürlichkeit der Sexualität, für das, was die Gesellschaft prägt: die natürliche Verbindung aus Mann und Frau. Was denn sonst?“

Politik für Frauen laut AfD-Vorsitz Chrupalla „nicht erstrebenswert“?

Der Anteil der Frauen in der AfD liege in den Parlamenten bei gerade einmal zehn Prozent, stellt der Moderator der Sendung „Frühstart“ fest. Handelt es sich bei der AfD um eine Männer-Partei? Für Chrupalla sei das die Entscheidung der Frauen selbst. Da ihm zufolge keine Partei einen Frauenanteil über 50 Prozent vorweisen kann, schlussfolgert Chrupalla, dass die Politik „für viele Frauen sicherlich nicht so erstrebenswert ist“.

Tatsächlich geht die Ungleichverteilung von Frauen in der Politik laut Studien vor allem auf strukturelle Probleme zurück, wie dass Frauen im politischen Diskurs öfter unterbrochen werden oder nach ihrem Äußeren beurteilt werden. Damit sich daran etwas ändern kann, könnten Frauenquoten eingeführt werden. Von solchen Quoten hält die AfD aber nichts, bei der lediglich die „Leistung“ etwas zähle, so Chrupalla. Dass der Spitzenkandidat der AfD für die Europawahlen, Maximilian Krah, Feminismus als „Krebs“ bezeichnete, sei für Chrupalla nur „Wortklauberei“, von der er nichts halte.

80.000 Hessen protestieren gegen Rechts

Mehr als 1000 Menschen demonstrieren in Offenbach gegen rechts und die AfD.
Mehr als 1000 Menschen demonstrieren in Offenbach gegen rechts und die AfD. © Max Schäfer
Mehr als 1000 Menschen demonstrieren in Offenbach gegen rechts und die AfD.
Mehr als 1000 Menschen demonstrieren in Offenbach gegen rechts und die AfD. © Christian Reinartz
Mehr als 1000 Menschen demonstrieren in Offenbach gegen rechts und die AfD.
Mehr als 1000 Menschen demonstrieren in Offenbach gegen rechts und die AfD. © Christian Reinartz
Mehr als 1000 Menschen demonstrieren in Offenbach gegen rechts und die AfD.
Mehr als 1000 Menschen demonstrieren in Offenbach gegen rechts und die AfD. © Christian Reinartz
Mehr als 1000 Menschen demonstrieren in Offenbach gegen rechts und die AfD.
Mehr als 1000 Menschen demonstrieren in Offenbach gegen rechts und die AfD. © Max Schäfer
Mehr als 1000 Menschen demonstrieren in Offenbach gegen rechts und die AfD.
Mehr als 1000 Menschen demonstrieren in Offenbach gegen rechts und die AfD. © Christian Reinartz
In Frankfurt kamen so viele Demonstranten, dass der Römerberg schon vor Beginn der Kundgebung gefüllt war.
In Frankfurt kamen so viele Demonstranten, dass der Römerberg schon vor Beginn der Kundgebung voll war. © Dennis Pfeiffer-Goldmann
„Rassisten sind keine Alternative“, heißt es auf einem Schild bei der Demo gegen Rechts in Frankfurt.
„Rassisten sind keine Alternative“, heißt es auf einem Schild bei der Demo gegen Rechts in Frankfurt.  © Dennis Pfeiffer-Goldmann
Römer, Paulsplatz und die umliegenden Straßen waren gefüllt von Demonstranten bei Demo gegen Rechts in Frankfurt.
Römer, Paulsplatz und die umliegenden Straßen waren gefüllt von Demonstranten bei Demo gegen Rechts in Frankfurt.  © Koala Kollektiv
Ein Schild bei der Demonstration in Frankfurt gegen Rechts.
Ein Schild bei der Demonstration in Frankfurt gegen Rechts. © Dennis Pfeiffer-Goldmann
Tausende Menschen haben sich bereits zur Demo gegen Rechts auf dem Frankfurter Römerberg versammelt.
Tausende Menschen haben sich bereits zur Demo gegen Rechts auf dem Frankfurter Römerberg versammelt. © Boris Roessler/dpa
Tausende Menschen haben sich bereits zur Demo gegen Rechts auf dem Frankfurter Römerberg versammelt.
Tausende Menschen haben sich bereits zur Demo gegen Rechts auf dem Frankfurter Römerberg versammelt. © Andreas Arnold/dpa
Ein Schild bei der Demonstration in Frankfurt gegen Rechts.
Ein Schild bei der Demonstration in Frankfurt gegen Rechts. © Dennis Pfeiffer-Goldmann
Blick auf die Demo in Kassel
Blick auf die Demo in Kassel.  © Matthias Lohr
15.000 Menschen haben in Kassel gegen Rechts demonstriert.
15.000 Menschen haben in Kassel gegen Rechts demonstriert. © Hagemann/Lohr/Weyh/Hein/Klement
15.000 Menschen haben in Kassel gegen Rechts demonstriert.
15.000 Menschen haben in Kassel gegen Rechts demonstriert. © Hagemann/Lohr/Weyh/Hein/Klement
15.000 Menschen haben in Kassel gegen Rechts demonstriert.
15.000 Menschen haben in Kassel gegen Rechts demonstriert. © Hagemann/Lohr/Weyh/Hein/Klement
15.000 Menschen haben in Kassel gegen Rechts demonstriert.
15.000 Menschen haben in Kassel gegen Rechts demonstriert. © Hagemann/Lohr/Weyh/Hein/Klement
15.000 Menschen haben in Kassel gegen Rechts demonstriert.
15.000 Menschen haben in Kassel gegen Rechts demonstriert. © Hagemann/Lohr/Weyh/Hein/Klement
Rund 12.000 Menschen demonstrieren aktuell in der Gießener Innenstadt gegen Rechtsextremismus, Faschismus und die AfD
Rund 12.000 Menschen demonstrieren aktuell in der Gießener Innenstadt gegen Rechtsextremismus, Faschismus und die AfD. © Marc Schäfer

Weidel will mit Queerfeindlichkeit in der AfD „lockerer umgehen“

Die Kritik an der LGBTQ-Szene kommt aber nicht nur von den Männern der AfD. Alice Weidel selbst hatte beispielsweise den Einsatz für LGBTQ-Rechte beim Christopher-Street-Day (CSD) im ARD-Sommerinterview kritisiert und als „anderes Extrem“ bezeichnet. Sie selbst halte sich ohnehin nicht für „queer“.

Laut Weidel wird außerdem unter der Regenbogenflagge, die als Symbolbild für die Rechte von Homosexuellen und transgeschlechtlichen Menschen fungiert, eine „Trans-Popkultur einer Minderheit“ in Schulen und Kitas gefördert. Vor diesem von Weidel sogenannten „Gender-Quark“ würden die Bürgerinnen und Bürger ihre Kinder schützen wollen. Mit diskriminierenden Äußerungen in ihrer Partei müsse man laut Weidel „auch irgendwie ein bisschen lockerer umgehen“.

Wegen dieser Haltungen sei die AfD für Menschen, die sich der LGBTQ-Szene zugehörig fühlen, eine Gefahr, meint der LSVD. Eine lesbische Fraktionsvorsitzende würde daran auch nichts ändern. Die Partei wolle die Ehe für alle abschaffen und stelle sich gegen ein allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, das die Diskriminierung von homosexuellen und transgeschlechtlichen Menschen verbietet. Auf der Website des LSVD heißt es: „Diskriminierung ist für die AfD offensichtlich ein Grundrecht. Da hilft auch Alice Weidel nicht. Für queere Menschen ist die AfD gefährlich.“ (nhi)

Rubriklistenbild: © Christian Spicker/Imago

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