Überraschung bei FDP

Wähler von links und rechts? So könnte die Wagenknecht-Partei die politische Landschaft verändern

  • Momir Takac
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Demoskopen schreiben einer neue Partei unter Führung von Sahra Wagenknecht enormes Potenzial zu. Selbst viele FDP-Wähler können sich ihr Kreuzchen dort vorstellen.

Berlin – Sahra Wagenknecht hat jetzt also offiziell gemacht, worüber schon seit Langem spekuliert worden ist. Sie verlässt nach Jahrzehnten die Linke und gründet eine eigene Partei. Am Montag (23. Oktober) stellte sie in Berlin den Verein „Bündnis Sahra Wagenknecht – Für Vernunft und Gerechtigkeit“ vor, der zur Vorbereitung der Parteigründung dient.

„Wir haben uns zur Gründung einer neuen Partei entschieden, weil wir überzeugt sind, so wie es derzeit läuft, darf es nicht weitergehen“, sagte Wagenknecht. „Denn sonst werden wir unser Land in zehn Jahren wahrscheinlich nicht wiedererkennen.“ Eine Aussage, die erahnen lässt, dass die 54-Jährige viel vorhat. Die Partei soll Anfang 2024 gegründet werden und zur Europawahl im Juni 2024 antreten.

„Für Vernunft und Gerechtigkeit“: Sarah Wagenknecht gründet eigene Partei – Linke könnte zerfallen

Demoskopen rechnen einer Wagenknecht-Partei sehr hohes Potenzial zu. Ende September hatte in einer YouGov-Umfrage fast jeder dritte Wahlberechtigte im Osten Deutschlands angegeben, sich grundsätzlich vorstellen zu können, eine von Wagenknecht geführte Partei zu wählen. Dies können sich auch 27 Prozent der Menschen in ganz Deutschland vorstellen, wie aus einer neuen Insa-Umfrage für die Bild am Sonntag hervorgeht.

Jetzt ist es offiziell: Sahra Wagenknecht (r.) gründet eine eigene Partei.

Doch wer würde die Wagenknecht-Partei wählen? Klar ist, dass die 54-Jährige der Linken viele Wähler streitig machen wird. Bereits jetzt haben neben Wagenknecht acht Linken-Abgeordnete den Austritt aus der Bundestagsfraktion bis spätestens Januar 2024 erklärt. Die Folgen für die Linke wären gravierend: Sie verlöre den Fraktionsstatus und hätte deutlich weniger Rechte, Geld und Personal für ihre parlamentarische Arbeit.

Die Linke im Deutschen Bundestag
Fraktionsvorsitzender:Dietmar Bartsch
Fraktionsvorsitzende:Amira Mohamed Ali
Anzahl Abgeordnete:38
Mindestanzahl für Fraktionsstatus:37

Wagenknecht kann auf viele Stimmen von AfD-Anhängern hoffen

Eine exklusive Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für t-online zeigt, dass sich unter Anhängern der Linken 44 Prozent vorstellen können, Wagenknechts Partei zu wählen. Das heißt nicht, dass sie es auch tun werden, doch es zeigt das Potenzial. Die Linken-Parteispitze will gegen Beteiligte des Vereins Parteiausschlussverfahren einleiten.

Doch auch die AfD fürchtet Stimmenverluste. Obwohl Wagenknecht noch kein Wahlprogramm vorlegte, zeichnet sich eine ähnliche Politik bei Migration und dem Verhältnis zu Russland ab. Im kommenden Jahr finden in vier ostdeutschen Bundesländern Landtagswahlen statt. Überall erleben die Rechtspopulisten in Umfragen einen Höhenflug. Durch die Wagenknecht-Partei könnte die AfD eingebremst werden. Aktuell können sich 30 Prozent der AfD-Wähler vorstellen, die neue Partei zu wählen.

26 Prozent der FDP-Wähler können sich vorstellen, neue Wagenknecht-Partei zu wählen

Erstaunlich ist, dass sogar 26 Prozent der FDP-Anhänger offen für die Wagenknecht-Partei sind. Von den SPD-Wählern sind es 13, von den Grünen-Sympathisanten hingegen gerade einmal 8 Prozent. (mt)

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