Putin-Politiker geht auf Organisation los

Nach Unesco-Austritt: Russland plant Tourismusprojekte in besetzten Ukraine-Gebieten

  • Erkan Pehlivan
    VonErkan Pehlivan
    schließen

Russland fühlt sich von der Unesco an den Pranger gestellt – und droht mit Austritt. Der Nebeneffekt: Der Tourismus in geschützten Gebieten wird angekurbelt.

Moskau – Russland ist die permanenten Zurechtweisungen auf internationaler Bühne leid. Deswegen werden Stimmen laut, die einen Austritt aus der Unesco fordern. Die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation habe ihre Aktivitäten stark politisiert, kritisierte der stellvertretende Sprecher der Staatsduma, Pjotr Tolstoi, in seinem Telegramm-Kanal. „Zusammenarbeit ist eine Sache, aber blindes Befolgen von Edikten eine ganz andere“, wetterte er.

Seine Kritik münzte er neben der Unesco auch auf die Weltgesundheitsorganisation WHO und auf das Internationale Olympische Komitee (IOC). „In solchen internationalen Organisationen sollten wir unsere wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen verteidigen und nicht durch unsere Teilnahme die Meinung des westlichen Establishments darüber unterstützen, was Russland tun kann und was nicht“, stellte Tolstoi klar.

Wegen Kritik am Ukraine-Krieg: Russland plant Austritt aus Unesco

Die ukrainische Schwarzmeerstadt Odessa war im Januar in die Unesco-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen worden. „Nun, wir verstehen, wozu das geschehen ist“, bemerkte er. Gleichzeitig „war die Unesco nicht an den zerstörten Klöstern im Donbass interessiert“, kritisierte Tolstoi. Zudem sei Russland für die touristische Erschließung des Baikalsees und Kamschatkas gerügt worden. Tolstoi erinnert daran, dass die USA und Israel nicht davor zurückgeschreckt sind, sich aus der UNESCO zurückziehen, „um ihre nationalen Interessen zu wahren“.

Russland will aus der UNESCO austreten.

Russland will Baikalsee zu Tourismusgebiet umbauen

Am 12. Juli hatte die Staatsduma einem Gesetzesentwurf zugestimmt, der eine Bebauung am Baikalsee erlauben soll. Die Verfasser des Dokuments schlagen darin vor, den Bau von Straßen, Kläranlagen, kommunalen Einrichtungen, Cafés, Restaurants und Toiletten zuzulassen – mit dem Argument, sich um die Anwohner zu kümmern und dass „das Leben nicht stillsteht“, berichtet die russische Tageszeitung Kommersant.

Trotz Krieg in der Ukraine: Putin will in besetzten Gebieten Anlagen für Touristen bauen

In einem Treffen mit Studenten hat der russische Präsident Wladimir Putin angekündigt, auch Gebiete im besetzten Teil der Ukraine für den Tourismus zu erschließen. Laut Putin seien diese Gebiete von der ukrainischen Führung vernachlässigt worden. Sie müssten daher zu Russland aufschließen und dass 1,2 Billionen Rubel (12,2 Milliarden Dollar) für den Wiederaufbau bereitgestellt worden seien. Dass die Zerstörung der Gegend größtenteils Resultat russischer Angriffe war, erzählte der russische Machthaber jedoch nicht.

Unterdessen sind in Russland Karten verboten, auf denen die besetzten Gebiete als ukrainisch gekennzeichnet sind, und einen neuen Lehrplan für Schulen eingeführt. Auch die Lehrpläne werden in Russland geändert. Die russischen Invasionstruppen werden darin als Retter der Ukraine von einem Kiewer-Regime dargestellt.

Rubriklistenbild: © IMAGO