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Russland reagiert auf Kursk-Vorstoß: Gespräche über Ende des Ukraine-Kriegs ausgeschlossen
VonMichael Kister
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Die Kursk-Offensive soll Kiews Verhandlungsposition verbessern. Für Moskau rückt sie ein Ende des Ukraine-Kriegs jedoch in weite Ferne.
Kursk – Maria Sacharowa, Sprecherin des russischen Außenministeriums, bekräftigte gegenüber Pressevertretern, dass der ukrainische Angriff auf die Region Kursk „jede Möglichkeit“ von Friedensverhandlungen im Ukraine-Krieg beendet habe. „Wer wird nach diesen Gräueltaten und dem Terror, den sie gegen friedliche Bewohner, die Zivilbevölkerung, die zivile Infrastruktur und friedliche Einrichtungen verüben, noch mit ihnen verhandeln“, sagte sie laut der US-Nachrichtenagentur Associated Press (AP) am Mittwoch in Moskau.
Sacharowas Äußerungen stoßen in ein diplomatisch aufgeladenes Klima zwischen der Ukraine und Russland, das auf eine Phase der scheinbaren Annäherung – wenn auch nur um Millimeter – bei der Frage nach einem Ende des Ukraine-Kriegs folgt. Die Washington Post berichtete, dass ukrainische und russische Delegationen in diesem Monat indirekt in Katar ein Abkommen verhandeln wollten, das die beiderseitigen Angriffe auf Energie- und Stromversorgungsinfrastruktur stoppen sollte. Die russische Seite habe die Gespräche über diesen teilweisen Waffenstillstand nach Beginn des Kursk-Vorstoßes auf unbestimmte Zeit verschoben, so ein informierter Diplomat.
Während die Ukraine in der russischen Region Kursk vorrückt, geht Putin seinem Alltagsgeschäft nach. Jüngst besuchte er seinen Protegé Ramzan Kadyrow in der Teilrepublik Tschetschenien.
Kursk-Vorstoß zerschlägt Hoffnungen auf Verhandlungen über Ende des Ukraine-Kriegs
Im Juli zeigte sich Selenskyj im Interview mit der britischen BBC zuversichtlich. Er halte es für möglich, „die heiße Phase des Krieges“ zu beenden, und zwar „bis Ende dieses Jahres“. Zur selben Zeit erklärte er, dazu bereit zu sein, mit Putin zu sprechen, obwohl er das in der Ukraine per Gesetz hatte verbieten lassen.
Kremlsprecher Dmitri Peskow verwies damals im Hinblick auf Verhandlungen mit dem ukrainischen Präsidenten auf das „Problem mit Selenskyjs Legitimität“. Russland zweifelt sie mit dem Argument an, dass seine Amtszeit offiziell im Mai endete und er inzwischen Neuwahlen hätte durchführen müssen. „Aus praktischer Sicht sind wir offen dafür, unsere Ziele durch Verhandlungen zu erreichen“, erklärte Peskow dennoch.
Der Schlüssel für das Verständnis des ukrainischen Kalküls im Hinblick auf die Kursk-Offensive liegt vor diesem Hintergrund in einer weiteren Äußerung Selenskyjs gegenüber der BBC. „Wenn man Druck auf Russland ausübt, glaube ich, dass es möglich ist, sich auf eine diplomatische Lösung zu einigen“, so der Präsident, weil ein schwächeres Russland auf dem Schlachtfeld die Ukraine in eine stärkere Position am Verhandlungstisch bringe.
Selenskyj befahl den Kursk-Vorstoß, um Friedens-Verhandlungen zu befördern
Und drei Wochen später rollten ukrainische Panzer über die russische Grenze. Die ukrainische Führung erachtet die Kursk-Offensive als Schritt hin zu einem durch Verhandlungen herbeigeführten Ende des Ukraine-Kriegs. „Die Ukraine ist nicht daran interessiert, russische Territorien zu besetzen“, erklärte Selenskyjs Berater Mychajlo Podoljak in den sozialen Medien.
Zu zeigen, dass sie dazu in der Lage ist, sei aber ein „bewährtes, effektives Zwangsmittel“, um Russland an den Verhandlungstisch zu zwingen. „In der Region Kursk“ werde „dieses militärische Instrument objektiv eingesetzt“, um Russland zum Eintritt in einen „fairen Verhandlungsprozess“ zu überreden, so Podoljak. Das Problem ist allerdings, dass Russland sich bisher nicht darauf einlassen will.
Schon bevor Außenministeriums-Sprecherin Sacharowa sich gestern so dezidiert äußerte, hatte Russland seine aktuelle Position zu Verhandlungen über ein Ende des Ukraine-Kriegs klargemacht: „Angesichts dieser Eskapade werden wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht reden“, schrieb Kremlberater Juri Uschakow am Montag auf Telegram. Er nannte es „völlig unangebracht, in einen Verhandlungsprozess einzutreten“. Ob es Gespräche geben könne, hänge „von der Situation im Kampfgebiet ab, auch in der Region Kursk“, so Uschakow weiter.
Internationale Vermittler: Können China oder Indien Frieden in der Ukraine bringen?
Zurückhaltende Hoffnungen ruhen auf internationalen Vermittlern. Länder wie die USA oder Deutschland sind dabei außen vor, weil Putin sie als Verbündete der Ukraine betrachtet. Im Gegensatz dazu streckte die Ukraine im Rahmen der verhaltenen diplomatischen Bemühungen vor Beginn der Kursk-Offensive ihre Fühler in Richtung des vielleicht wichtigsten Verbündeten Russlands aus, als Außenminister Kuleba von seinem Kollegen Wang Yi in China empfangen wurde.
China gefällt sich in der Rolle des globalen Schlichters, die während des geopolitischen Intermezzos amerikanischer Unipolarität in den frühen 2000ern den USA zukam. Staatschef Xi Jinping will sie nun mittels einer weltweiten Diplomatie-Offensive an sich reißen, man blicke nur in den Nahen Osten. Die Ukraine nimmt die Hand, die ihr geboten wird, um zu zeigen, dass sie nicht das Problem ist.
Ukraine-Krieg: Die Ursprünge des Konflikts mit Russland
Es gehören immer zwei dazu: Solange Putin nicht will, gibt es keinen Frieden
Ein Impuls könnte auch von Indien ausgehen. Premierminister Narendra Modi besuchte vor wenigen Wochen Russland und wird am Freitag auf Einladung von Präsident Selenskyj in der Ukraine eintreffen. Auch hier ging die Initiative wieder von der Ukraine aus. Sie spricht Akteure an, die – das vereint Modi mit Xi – Interesse daran haben, sich im hellen Licht der Anerkennung für ihre Bemühungen um den Weltfrieden zu sonnen.
Ohne Russland kann man allerdings so viel reden wie man möchte und nichts wird geschehen. „Der Präsident hat sehr deutlich gesagt, dass nachdem die Angriffe, genauer gesagt die Invasion im Gebiet Kursk begonnen hat, von Verhandlungen keine Rede sein kann“, stellte Russlands Außenminister Sergej Lawrow am Rande von Putins Besuch in Aserbaidschan im russischen Staatsfernsehen klar.