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Rassistischer Vorfall gegen Grünen-Kandidat in Lünen – „Du wirst abgeschoben“
VonErkan Pehlivan
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Für Kandidaten mit Migrationsgeschichte scheint der Wahlkampf in Lünen, Nordrhein-Westfalen, besonders schwer. Das verdeutlicht der Fall des Grünen-Kandidaten Soumaoro.
Lünen – Am Sonntag findet die Bundestagswahl statt. Bereits seit Wochen machen Parteien auch auf der Straße Wahlkampf. Vor allem in den Innenstädten finden sich Stände, Flyer werden verteilt und es wird mit potenziellen Wählern gesprochen. Das ist nicht immer einfach, zeigt sich der Fall des Grünen-Bundestagsabgeordneten Nelli Soumaoro aus Hamm. Er und seine Parteikollegen hatten am Samstag (15. Februar) in der Innenstadt an ihrem Stand Info-Blätter verteilt und mit Passanten gesprochen. Doch die Migrations-Debatte hinterlässt bei vielen Menschen ihre Spuren und ermutigt sie offenbar auch zu Rassismus.
Rassist droht Grünen-Kandidaten nach Bundestagswahl anzuschieben
Den Grünen-Abgeordneten Soumaoro sei auf der Straße von einem Mann nach seiner Herkunft gefragt worden. „Ich antwortete, dass ich aus Hamm komme“, erzählt der Grünen-Politiker im Gespräch mit fr.de von IPPEN.MEDIA. Diese Antwort habe dem Mann offenbar nicht ausgereicht: „Nein, woher kommen Sie wirklich? Ursprünglich? Wo in Afrika?“
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Als der Politiker aus der nordrhein-westfälischen Stadt mit Guinea antwortete, sei die Situation eskaliert. „Du wirst abgeschoben“, habe der Mann geantwortet. „Für einen Moment war ich sprachlos. Ich fragte ihn, warum er das sagt. Und dann kam es noch härter: ‚Nach der Wahl, ab nächster Woche Sonntag – du wirst abgeschoben. Wir brauchen keine Ausländer mehr hier in Deutschland‘, hat der Mann zu mir gesagt.“
Rauer Ton vor Bundestagswahl: „So offen, so direkt, mitten im Wahlkampf? Das war neu“
Es war nicht das erste Mal, dass der Grünen-Politiker Opfer von Rassismus wurde. Allerdings scheint die Lage in diesem Wahlkampf schlimmer zu sein, als je zuvor, erzählt Soumaoro: „So offen, so direkt, mitten im Wahlkampf? Das war neu.“ Er habe sich nach diesen Worten zurückziehen müssen: „Tränen rutschten danach meine Wange runter.“ Als er das sagt, zittert seine Stimme. „Du gehörst nicht dazu“, müsse er öfter hören. „Aber ich gehöre dazu“, sagt er. „Deshalb werde ich nicht schweigen. Deshalb werde ich weiterkämpfen – für eine offene, demokratische Gesellschaft, in der niemand Angst haben muss, weil er oder sie anders aussieht“, schreibt er später auf Facebook.
Grünen-Abgeordneter wird rassistisch beleidigt: Nicht der erste Zwischenfall gegen Soumaoro
Auch sein Parteikollege Mehmet Tanli ist von dem rassistischen Angriff auf den Bundestagskandidaten verärgert. „Vorurteile sind gefährlich. Migranten dürfen nicht unter Generalverdacht gestellt werden. So etwas spaltet die Gesellschaft“, sagt Tanli gegenüber unserer Redaktion. Erst kürzlich habe er mit Soumaoro an einem Infostand der Grünen in Hamm gestanden.
„Ein Auto hat neben uns gehalten. Als der Mann Ausstieg sagte er in unsere Richtung: Grünen-Verbrecher.“ Auch er spüre, dass sich der Ton bei diesem Wahlkampf deutlich verschärft hat. Mathis Arndt ist sogar Zeuge des rassistischen Vorfalls gegen seinen Freund geworden. Er erzählt von dem Zwischenfall in einem Instagram-Video. Es sei deswegen umso dringender, dass Kräfte gewählt würden, die solche rassistischen Vorfälle verhindern, sagt er in dem Video.
Vom Flüchtling zum Unternehmensberater
Soumaoros Trauer war während unseres Gesprächs deutlich spürbar. Er kam als Jugendlicher und Flüchtling nach Deutschland und legte trotz massiver Schwierigkeiten eine Erfolgsgeschichte hin. Er ging zunächst auf eine Hauptschule, holte seinen Realschulabschluss nach, machte Fachabitur, studierte anschließend Soziale Arbeit und Sozialpädagogik in Dortmund. Später folgte noch ein MBA an der Universität Cumbria in England. Heute hat er sein eigenes Beratungsunternehmen, das Konzepte für deutsche Investoren, Regierungen und internationalen Organisationen entwickelt, um mit afrikanischen Staaten und Unternehmen gemeinsame nachhaltige Wirtschaftsprojekte zu realisieren.