Israel im Krieg
„Maximum an zivilen Opfern“: Freiwillige Kämpfer retteten Kibbuz bei Hamas-Angriff auf Israel
- VonKilian Beckschließen
Der Schock über die Massaker der Hamas sitzt tief in Israel. Langsam wird klar, wie detailliert und langfristig die Terroristen ihre Angriffe planten.
Tel Aviv – Seit dem Holocaust, wurden nicht mehr so viele Jüdinnen und Juden an einem Tag ermordet, sagte Israels Staatspräsident Jitzchak Herzog über den Tag, an dem die islamistische Hamas Israel angriff und wohl Tausende Menschen tötete und Hunderte entführte. Während Israel die Hamas im Gazastreifen mit Luftschlägen angreift, zeigt sich nun, dass Details in dem Massaker geplant wurden.
„Sie wussten alles, wo die Tore sind, wo die Generatoren sind, wo die Waffenkammer ist“, sagte Yarden Reskin dem US-Fernsehsender CNN. Reskin ist Teil des Sicherheitsteams des Kibbutz Melfasim in Südisrael. Recherchen aus US-Medien geben Aufschluss darüber, wie die Terroristen die israelischen Sicherheitsvorkehrungen durchbrechen konnten.
Hamas schaltete Israels digitalen Schutz zum Gazastreifen aus
Mittels Drohnen hätte die Hamas, berichtete die New York Times, Überwachungs- und Kommunikationspunkte Israels an der Grenze zu Gaza ausgeschaltet. So seien „riesige tote Winkel“ in der israelischen Überwachung entstanden. CNN und die NYT berufen sich jeweils Dokumente, die israelische Ersthelfer bei getöteten Angreifern fanden und veröffentlichten. Beide können ihre Dokumente nicht unabhängig verifizieren, aber die Pläne sind sehr nah an dem, was Recherchen anhand von Videos der Angriffe, und Zeugenaussagen und Interviews mit israelischen Beamten von den Angriffen zeigen.
Hamas-Angriff auf Israel: „Maximum an zivilen Opfern“ als Ziel
So zeigt der Plan für den Kibbuz Melfasim, in dem Reskin den Angriff erlebte, dass das Ziel der Hamas dort war, möglichst viele Geiseln zu nehmen. Ein anderer Plan, auf den sich CNN beruft und von einem hochrangigen israelischen Beamten haben will, listet offenbar ein weiteres Ziel auf: „Ein Maximum an zivilen Opfern anrichten“.
Dafür seien die Sicherheitseinrichtungen der Kibbuzim und die nahegelegenen Armeebasen detailliert ausgekundschaftet worden. Die Hamas habe, den Recherchen nach, „überraschend kleinteiliges Wissen“ über die angegriffenen Orte gehabt, sagte Matthew Levitt von der US-Denkfabrik Washington Institute for Near East Policy.
Wie genau, die Hamas an die Informationen gekommen ist, ist bisher unklar. Der Stabschef des israelischen Militärs (IDF) Herzi Halevi kündigte kurz nach den Angriffen eine Untersuchung an. Die Recherchen der NYT deuten einen zweigeteilten Plan der Terroristen an: Ein Teil griff die Armeestandorte an und ein anderer überfiel israelische Dörfer.
Das decke sich mit dem, was die Rekonstruktion des Tages zeige. Als die Häuser der Zivilisten angegriffen wurden, seien die meisten IDF-Basen im Grenzgebiet bereits „überrannt“ gewesen.
Hamas-Angriff auf Israel: Freiwillige verhinderten noch Schlimmeres
Für Reskin als er die ersten Schüsse hörte, war schnell klar, was er tun müsse: Er verabschiedete sich von Frau und Töchtern und „tat, was er konnte“. So verteidigten er und ein paar andere Wachen den Kibbutz mit etwa 1000 Einwohnern gegen gut ein Dutzend Angreifer., bis irgendwann IDF-Truppen den Ort erreichten.
Was daran so lange dauerte, wird ebenfalls Gegenstand einer israelischen Untersuchung sein. Die NYT schreibt von einem General und zwei Ex-Generälen, die ohne Befehle abzuwarten in die Gegend der Angriff fuhren. Laut Reskin und einem anderen Freiwilligen, töteten die Angreifer jemanden vor den Toren des Kibbutz aber niemanden aus der Gemeinschaft.
Hamas-Angriff: „Mindestens ein Jahr geplant“
Die mutmaßlichen Hamas-Pläne, die CNN vorliegen, sind auf Oktober 2022 datiert. Colin Clarke, Sicherheitsexperte der US-Denkfabrik The Soufan Centre, warnt davor, die Hamas könne „menschliche Quellen“ in Israel gehabt haben. Das begründet er mit der „außergewöhnlichen Menge an Details“, die Hamas gesammelt habe.
All das sei für Terrororganisationen ungewöhnlich. Wegen der schockierenden Details und des Datums halten CNN und NYT es für möglich, dass der Angriff „mindestens ein Jahr lang geplant war“.
