„Mit allen Folgen, die das hat“
Steuer-Millionen für Radwege in Peru: Ministerin kontert – Parteifreund rügt „Vaterlandsverräter“
VonPeter Siebenschließen
SPD-Ministerin Svenja Schulze verteidigt die Ampel gegen Kritik an Subventionen für Peru. Entwicklungshilfe zahle sich wirtschaftlich aus.
Berlin/Düsseldorf – Die Sache mit den Radwegen in Peru hat Kontroversen-Potenzial – erst recht, wenn man es darauf anlegt. So wie Joana Cotar: Die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete (inzwischen ist sie fraktionslos) hatte der Ampel Ende 2023 Geldverschwendung vorgeworfen: 315 Millionen Euro habe die Regierung für Radwege in Peru ausgegeben. Was nicht stimmt, denn tatsächlich hat Deutschland der peruanischen Regierung nur 44 Millionen Euro zugesagt. Weitere 155 Millionen fließen als Kredit an das Land, für den Aufbau einer Verkehrsinfrastruktur in der Hauptstadt Lima. Dieses Geld muss Peru mit Zinsen zurückzahlen.
CSU-Kritik an Ampel-Regierung wegen Peru-Radwegen: „Für Bauern ist angeblich kein Geld da“
CSU-Generalsekretär Martin Huber griff das Narrativ trotzdem gern auf, schrieb bei Twitter: „Die Ampel verteilt Geld in aller Welt, aber für unsere hart arbeitenden Bäuerinnen und Bauern ist angeblich kein Geld da?“ Seitdem dient der Peru-Radweg immer wieder als Aufhänger für Ampelkritik.
Auch Finanzminister Christian Lindner erwähnte das Projekt kürzlich, als er die Haushaltsplanungen von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Entwicklungshilfeministerin Svenja Schulze (SPD) bemängelte. Dabei stammt das Projekt gar nicht von Schulze, sondern von ihrem Vorgänger Gerd Müller: Der hat die Zusagen an Peru für Zuschüsse und Kredite bereits 2020 erteilt. Und er ist CSU-Politiker.
SPD-Ministerin Schulze: Entwicklungshilfe ist wirtschaftlicher Türöffner
Schulze steht unterdessen hinter den Plänen – und verteidigte sie am Dienstag (2. Juli) am Rande einer Pressekonferenz der nordrhein-westfälischen SPD-Fraktion im Düsseldorfer Landtag. „Abseits von einem moralischen Imperativ ist Entwicklungshilfe auch wirtschaftlich sinnvoll. Unser jahrzehntelanges solidarisches Auftreten in der Welt hat dazu geführt, dass wir heute eine starke Wirtschaftsmacht sind“, sagte die Bundesministerin. „Fast zehn deutsche Firmen sind bei dem Projekt in Peru engagiert, es geht um ein Fünf-Milliarden-Euro-Projekt. Dort wird eine komplett neue U-Bahn gebaut.“
Entwicklungshilfe sei ein wirtschaftlicher Türöffner, so Schulze – auch, wenn es um den globalen Wettbewerb um Rohstoffe gehe. „Wenn wir den Ländern, die Rohstoffe haben, jetzt faire Angebote machen, können wir in diesem Wettbewerb bestehen.“
„Schäbige Propaganda“ – Oppositionsführer warnt vor Einfluss Chinas
SPD-NRW-Fraktionschef Jochen Ott nannte Kritik an der Entwicklungshilfe, wie sie jüngst vor allem in den sozialen Medien verbreitet wurde, „schäbige Propaganda“. Die „rechten Think-Tanks“, die sich vor allem des Themas angenommen hätten, seien letztlich „Vaterlandsverräter“, so Ott: „Es ist wirklich absurd. Einerseits fürchten wir uns davor, dass die Chinesen in Teilen des afrikanischen Kontinents immer mehr an Einfluss gewinnen, andererseits ziehen manche deutsche Entwicklungshilfeprojekte in Zweifel.“
Wenn es Deutschland nicht gelinge, Entwicklungspolitik auch als Industriepolitik zu verstehen, „dann werden wir unser blaues Wunder erleben“, sagte der NRW-Oppositionsführer. „Dann werden die Chinesen schon dort sein, und die werden dann in den Ländern des globalen Südens die Investitionen übernehmen. Mit allen Folgen, die das dann hat.“
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