GroKo statt Ampel?

Wilde Gerüchte: Scholz liebäugelt mit Koalitionstausch – „Einzige Chance, Neuwahlen zu vermeiden“

  • Christoph Gschoßmann
    VonChristoph Gschoßmann
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Grüne und FDP aus der Regierung, CDU/CSU als Juniorpartner der SPD mit Merz als Vizekanzler? Wilde Gerüchte machen die Runde.

München - Die Umfragewerte der Ampel-Parteien befinden sich seit Monaten im Sinkflug. Auch bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen gab es Dämpfer für SPD, Grüne und FDP. Neuesten Medienberichten zufolge soll in der Partei von SPD-Kanzler Olaf Scholz nun sogar das Gerücht die Runde machen, die Koalition vorzeitig aufzulösen. So sollen Neuwahlen verhindert werden, wie die Bild berichtet. Statt einer Regierung mit Grünen und Liberalen soll Scholz auf eine große Koalition mit der CDU/CSU als Partner setzen. Friedrich Merz wäre dann Vizekanzler.

CDU statt Grüne und FDP in der Scholz-Regierung? „Müsste seine Partei gewinnen“

Ist an diesen wilden Gerüchten etwas dran? Experten sind geteilter Meinung. Professor Jürgen Falter von der Uni Mainz erklärte gegenüber Bild, dass der „Wechsel des Koalitionspartners für Scholz sicherlich in Anbetracht von all dem Streit ein aparter Gedanke“ sei. Aber umsetzen lässt er sich, so glaubt er, nicht. Selbst, wenn Scholz dem Plan etwas abgewinnen könne, um so vielleicht länger Kanzler zu bleiben, spielt laut Falter wohl die Partei nicht mit: „Scholz müsste für diesen Plan auch seine Partei und seine Fraktion gewinnen. Das halte ich für ausgeschlossen. Die Sozialdemokraten stehen den Grünen ja in vielen Fragen – auch in der Energiepolitik – näher als der Union“, analysiert Falter.

Was ist dran an den Gerüchten? Es besteht Redebedarf zwischen Bundeskanzler Scholz (r.) und CDU-Chef Merz (l.).

Die Hälfte der Deutschen wünscht sich laut einer Spiegel-Umfrage einen neuen Ampel-Koalitionsvertrag, 57 Prozent der Bevölkerung ist für Neuwahlen. Die Ampel-Parteien klagen über ständigen Streit, doch dieser wäre laut Falters Analyse wohl auch zwischen SPD und CDU an der Tagesordnung.

CDU in der Scholz-Regierung „Einzige Chance, Neuwahlen zu vermeiden“

Auch Politik-Experte Professor Heinrich Oberreuter von der Universität Passau spielt das Szenario durch – und hält es zumindest mittelfristig für nicht ganz ausgeschlossen. „Zu gegebener Zeit wäre es die einzige Chance, Neuwahlen zu vermeiden, die für die SPD katastrophal ausfielen. Scholz könnte diese Strategie seiner Partei als Bestandserhaltung verkaufen und als Verbesserung der Ausgangsposition für 2025.“ Dann finden wieder Bundestagswahlen in Deutschland statt. Damit es wirklich zu so einem Szenario kommt, müsste vorher eine weitere Destabilisierung Deutschlands passiert sein. Als Beispiel nennt er eine Zuspitzung der Wirtschaftskrise, „unbeherrschbare Migration“ oder eine unkalkulierbare internationale Bedrohungslage mit den Kriegen in Israel und der Ukraine.

Migrationsgipfel im Kanzleramt: Scholz und Merz suchen Annäherung in der Asylpolitik

Dass eine Kooperation aus SPD und CDU aktuell durchaus funktionieren kann, bewiesen Scholz und Merz beim Thema Migration. Beim Spitzengespräch am Freitag (13. Oktober 2023) mit den Chefs der Ministerpräsidentenkonferenz Boris Rhein (CDU) und Stephan Weil (SPD) mit dem Kanzler war auch Merz vor Ort. Er nahm an dem mehr als zweistündigen Gespräch im Kanzleramt teil. Merz und Scholz hatten dabei zunächst ein Vier-Augen-Gespräch geführt, zu dem dann die beiden Länderregierungschefs dazu kamen. Die CDU hatte beim Asylrecht härtere Maßnahmen gefordert. Entscheidungen sollen nun bei der Ministerpräsidentenkonferenz am 6. November fallen, an der auch der Kanzler teilnehmen wird. Am Vormittag hatte die Ministerpräsidentenkonferenz ein Papier mit ihren Vorstellung zur Begrenzung der illegalen Migration beschlossen. (cgsc mit dpa)

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