Israel-Krieg

„Wir haben ihn abgeschrieben“: Erdogan bricht Kontakt zu Netanyahu ab

  • Erkan Pehlivan
    VonErkan Pehlivan
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Zwischen Israel und der Türkei sind die Beziehungen auf einem neuen Tiefstand. Präsident Erdogan bricht jetzt auch noch den Kontakt zu Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ab.

Ankara – Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will nach eigenen Angaben als Konsequenz aus dem israelischen Vorgehen im Gazastreifen alle seine Kontakte zum israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu abbrechen. „Netanjahu ist nicht mehr jemand, mit dem wir sprechen können. Wir haben ihn abgeschrieben“, wurde Erdogan am Samstag (5. November) von türkischen Medien zitiert. Ankara gab außerdem bekannt, dass es seinen Botschafter in Israel für „Konsultationen“ in die Heimat zurückrufe.

Diplomatische Beziehungen bleiben beibehalten

Erdogan sagte jedoch, dass die Türkei ihre diplomatischen Beziehungen zu Israel nicht abbrechen werde. „Die Verbindungen komplett zu kappen, ist nicht möglich, besonders in der internationalen Diplomatie“, betonte er. Laut Erdogan ist der Chef des türkischen Geheimdienstes MIT, Ibrahim Kalin, damit beauftragt, auf ein Ende der Kämpfe zwischen Israel und der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas hinzuwirken. Kalin spreche sowohl mit der israelischen Seite als auch mit den Palästinensern und der Hamas.

Der türkische Präsident hatte Israel vor einer Woche bei einer pro-palästinensischen Kundgebung in Istanbul „Kriegsverbrechen“ vorgeworfen. Israel zog daraufhin sein diplomatisches Personal aus der Türkei ab und erklärte, die Beziehungen würden nun neu bewertet. Dass jetzt auch der türkische Botschafter in Israel zurückgerufen wird, begründete das türkische Außenministerium mit der israelischen Ablehnung einer Feuerpause im Gazastreifen. Mit der Maßnahme werde auf die „durch die unablässigen Angriffe Israels verursachte humanitäre Tragödie in Gaza“ sowie die israelische Verweigerung einer Waffenruhe reagiert, hieß es.

Erdogan bezeichnet Hamas als „Befreiungsorganisation“

Nach dem Angriff der Terrormiliz Hamas am 7. Oktober mit rund 1.400 Toten und über 200 entführten Israelis hatte Erdogan für Empörung in Israel und im Westen geführt. Der türkische Präsident nannte die Hamas „keine Terrororganisation“, sondern „eine Befreiungsorganisation“. Der Schuldige im Krieg in Nahost steht aus Ankaras Sicht fest. Bereits in der Vergangenheit hatte Erdogan Israel aufgrund der Palästinenserpolitik etwa als „terroristischen Staat“ bezeichnet und sich immer wieder als Verfechter der palästinensischen Sache inszeniert.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bricht den Kontakt zum israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu ab.

Blinken will in Ankara vermitteln

Am Sonntagabend wird US-Außenminister Antony Blinken im Zuge seiner Bemühungen zur Entschärfung des Nahost-Konflikts in der Türkei erwartet. Blinken hatte sich am Freitag bei einem Besuch in Israel allerdings vergeblich für eine begrenzte humanitäre Feuerpause eingesetzt. Netanjahu sagte, ohne eine Freilassung aller von der Hamas verschleppten Geiseln lehne sein Land eine Feuerpause ab. Bereits in der Vergangenheit hatte Erdogan Israel aufgrund der Palästinenserpolitik etwa als „terroristischen Staat“ bezeichnet und sich immer wieder als Verfechter der palästinensischen Sache inszeniert. (erpe/dpa)

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