Fahnen der NATO und der Ukraine mit Munition
+
Waffenlieferungen der NATO an die Ukraine (Symbolbild)

„Bukarest Neun“-Staaten

Nato-Ostflanke: Drehscheibe für Waffenlieferungen an die Ukraine 

Die neun östlichen Nato-Mitglieder nehmen eine zentrale Rolle bei der militärischen Versorgung der ukrainischen Armee ein. Sie sind Drehscheibe der Nato für Waffenlieferungen ins Kriegsgebiet.

Dieser Artikel liegt IPPEN.MEDIA im Zuge einer Kooperation mit dem Security.Table Professional Briefing vor – zuerst veröffentlicht hatte ihn Security.Table am 09. Mai 2023.

Einst im Warschauer Pakt zusammen mit der Sowjetunion militärisch gegen den Westen vereint, bilden die Staaten an der Grenze zur Ukraine und Russland nun die Speerspitze des Nordatlantikpakts gegen Russland: Polen, Slowakei, Tschechien, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und die baltischen Länder Estland, Lettland, Litauen. Diese auch „Bukarest Neun“ genannte Gruppe bildet im Ukraine-Krieg die Drehscheibe für Waffenlieferungen der Nato an Kiew.

Newsletter von Table.Media

Erhalten Sie 30 Tage kostenlos Zugang zu weiteren exklusiven Informationen der Table.Media Professional Briefings – das Entscheidende für die Entscheidenden in Wirtschaft, Wissenschaft, Politik, Verwaltung und NGOs.

Polen

Polen hat bis April 2023 militärische Ausrüstung im Wert von 2,5 Milliarden Euro an die Ukraine geliefert, vor allem Waffensysteme sowjetischer Bauart. Über den polnischen Flughafen Rzeszów-Jasionka – einem der wichtigsten Stützpunkte der US-Armee – wird der Großteil der westlichen Waffenlieferungen abgewickelt. Ende Mai geht im polnischen Gliwice ein von Berlin gemeinsam mit Warschau und Kiew betriebener Instandsetzungshub für Leopard-Kampfpanzer in Betrieb. Die USA betreiben in Polen bereits seit Ende 2022 einen Reparaturhub.

  • Kampfjets: Vierzehn sowjetische MiG-29-Jets sind schon in der Ukraine im Einsatz oder auf dem Weg dahin.
  • Kampfpanzer: 14 Leopard 2 A4 hat Warschau der Regierung in Kiew zugesagt. Außerdem: 60 Kampfpanzer des Typs Twardy aus polnischer Produktion, 290 Kampfpanzer des Typs T-72, 92 schwimmfähige Schützenpanzer (beide sowjetischer Bauart), 54 selbstfahrende Mörser des Typs Rak, gepanzerte Mannschaftstransportwagen und mehr.
  • Munition: Der polnische Waffenhersteller Polska Grupa Zbrojeniowa (PGZ) produziert künftig mit dem staatlichen ukrainischen Waffenhersteller Ukroboronprom 125-mm-Munition für Panzerkanonen sowjetischer Bauart.

Slowakei

  • Kampfjets: Bis Mitte April wurden 13 MiG-29-Kampfjets geliefert; drei davon sollen als Ersatzteilspender vorgehalten werden.
  • Luftverteidigungssysteme: Die Slowakei hat zuletzt zwei Flugabwehrraketensysteme vom Typ Kub, ein Radarsystem und selbstfahrende Panzerhaubitzen Zuzana 24 abgegeben. Bereits 2022 übergab das Land der Ukraine ein Luftverteidigungssystem des Typs S-300.
  • Panzer: 30 Schützenpanzer sowjetischer Bauart wurden 2022 an die Ukraine abgegeben – im Ringtausch mit Deutschland.

Krauss-Maffei Wegmann (KMW) hat im Auftrag der Bundeswehr nahe Michalovce einen Instandsetzungshub zur Reparatur der Panzerhaubitze 2000, der französischen Caesar-Haubitze, des Gepard-Flugabwehrkanonenpanzers, des Raketenartilleriesystems Mars II und des gepanzerten Transportfahrzeugs Dingo geschaffen.

Rumänien

Rumäniens Rolle als Transit- und Verlegeland an der Südostflanke der Nato ist zentral für das westliche Verteidigungsbündnis. Zuletzt ist es auch zum wichtigsten Diesellieferanten der Ukraine avanciert, noch vor Polen und der Türkei. Dass über Art und Umfang der militärischen Hilfe an die Ukraine wenig bekannt ist, könnte daran liegen, dass Rumänien historisch und politisch eng mit dem benachbarten Moldau verbunden ist. Eine zu offene Unterstützung der Ukraine könnte die dortige Russland-kritische Regierung in Bedrängnis bringen.

Tschechien

Zwei Wochen nach Kriegsbeginn lieferte Tschechien große Mengen an Rüstungsgütern. Genaue Zahlen gab die Regierung aber erst im Februar 2023 bekannt: unter anderem waren 89 Kampfpanzer, 226 Schützenpanzer, 38 Haubitzen, sechs Luftverteidigungssysteme und vier Kampfhubschrauber, 33 Mehrfachraketenwerfer, 60.000 Stück Munition, anderthalb Millionen Schuss Gewehrmunition und weitere Munition dabei. Gesamtwert: 420 Millionen Euro.

Bulgarien

Bis Dezember 2022 lieferte Bulgarien offiziell keine Waffen oder Munition an die Ukraine. Recherchen der Zeitung Welt aber zeigen, dass bulgarische Rüstungsgüter über zwischengeschaltete Firmen, zum Beispiel in Polen, in die Ukraine gelangten, vor allem in den Anfangsmonaten des Krieges. Bulgarien verfügt über Waffen sowjetischer Bauart und produziert die passende Munition. Auch signifikante Mengen Treibstoff hat Bulgarien geliefert, das selbst abhängig ist von russischen Energielieferungen. Im Dezember 2022 hat das bulgarische Parlament beschlossen, offiziell Waffenlieferungen an die Ukraine zu erlauben.

Ungarn

Ungarn lehnt den Transport von Rüstungsgütern über sein Staatsgebiet bislang offiziell ab. Allerdings berichtete das Investigativ-Portal Atlatszo am 28. April, dass an mehreren Tagen im Februar 2023 auf den ungarischen Flughäfen Györ und Tököl leichte Militärhubschrauber landeten, die nachweislich eine Spende Frankreichs an die Ukraine waren. Die Helikopter flogen nach einer Wartung ins polnische Rzeszów. Außerdem nutzten viele militärische Transportflüge mit Erlaubnis den Luftraum Ungarns.

Estland/Lettland/Litauen

Die baltischen Staaten gehören, gemessen am Anteil ihres Bruttoinlandsprodukts, zu den führenden Gebernationen: Lettland 1,2 Prozent, Estland 1,1 Prozent, Litauen 0,9 Prozent. Estland liefert unter anderem Raketen für das Panzerabwehrraketensystem Javelin, Haubitzen, Panzerabwehrminen sowie Panzerabwehrgranatwerfer. Lettland beteiligt sich vor allem mit Stinger-Raketen, Litauen mit Flugabwehrgeschützen. In Litauen baute Rheinmetall im Juni 2022 mit KMW ein Wartungszentrum auf. Hier werden Gefechtsfahrzeuge der litauischen sowie weiterer im Baltikum stationierten Nato-Streitkräfte repariert. Zeitweise wurde auch westliches Militärmaterial, das die Ukraine erhalten hatte, dort instandgesetzt. (Von Lisa-Martina Klein)