„Gruppe spürte Wucht des Einschlags“

Russischer Angriff traf fast griechischen Premier – Schrammte die Nato am Bündnisfall vorbei?

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    VonStephanie Munk
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Ein Angriff Russlands in der Ukraine kam dem Regierungschef eines Nato-Staats gefährlich nah. War der Bündninsfall „150 Meter“ entfernt?

Odessa – Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj war schon einige Male direkt an der Front im Ukraine-Krieg – aber so knapp wie am Mittwoch (6. März) entging er offenbar noch nie einer russischen Attacke. Laut einem Bericht des US-Magazins Politico schlug eine russische Rakete nur wenige hundert Meter von seinem Fahrzeug entfernt ein. Mit in dem Konvoi war auch der Regierungschef eines Nato-Staats: der griechische Premierminister Kyriakos Mitsotakis. Das wirft die Frage auf, ob der Angriff beinahe den Bündnisfall der Nato ausgelöst hätte.

Wolodymyr Selenskyj (r.), Präsident der Ukraine, und Kyriakos Mitsotakis, Ministerpräsident von Griechenland, am 6. März 2024 bei ihrem Besuch in Odessa.

Angriff Russlands während Besuch in Odessa – nur 150 Meter von Selenskyj-Konvoi entfernt?

Wie sehr Selenskyj und Mitsotakis wirklich von dem Angriff Russlands betroffen waren, darüber gibt es verschiedene anderslautende Berichte. Politico schreibt, dass eine Rakete nur wenige hundert Meter von einem Konvoi einschlug, in denen sich Selenskyj und Mitsotakis befanden. Auch der US-Nachrichtensender CNN berichtet darüber: Eine russische Rakete sei nahe der Fahrzeugkolonne der beiden Staatschefs explodiert. Eine vertrauliche Quelle habe den Einschlag 500 Meter vom Regierungskonvoi entfernt verortet. „Die Gruppe spürte die Wucht des Einschlags und sah eine Pilzwolke aus Rauch“, heißt es.

Das US-Nachrichtenportal Newsweek berichtete gar von einem Einschlag nur 150 Meter vom Fahrzeug von Selenskyj und Mitsotakis entfern und beruft sich dabei auf griechische Medien. Und auch der ehemalige Abgeordnete des US-Kongresses, Adam Kinzinger, äußerte sich auf X (vormals Twitter) zu dem Angriff: „Russland hat sich gerade bis auf 150 Meter dem Artikel 5 genähert, laut Nachrichten von einem Angriff in Odessa, der fast griechischen Premierminister getroffen hat.“

Beinahe Nato-Bündnisfall durch russischen Angriff? Situation ist inklar

Artikel 5 der Nato bezeichnet den Bündnisfall, wonach der Angriff auf einen Nato-Staat eine gemeinsame Reaktion aller Verbündeten nach sich ziehen würde. Allerdings ist es laut Newsweek unklar, ob der Angriff auf einen Nato-Regierungschef in einem Land wie der Ukraine, das nicht der Nato angehört, überhaupt den Bündnisfall auslösen würde.

Die Nachrichtenagentur dpa berichtet dagegen von einem russischen Angriff am Mittwochvormittag, als Selenskyj gerade den griechischen Ministerpräsidenten zu Fuß durch Odessa führte. Als die Raketen anflogen, habe Selenskyj seinem Gast gerade die Hafenanlagen am Schwarzen Meer gezeigt, dann seien Sirenen und Explosionen in der Nähe zu hören gewesen. Mitsotakis habe ukrainischen Berichten zufolge gesagt: „Wir schafften es nicht, in einen Schutzraum zu gelangen.“ 

Ukraine-Besuche im Krieg – Die Politik zeigt Solidarität

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mit den Staats- und Regierungschefs des Europäischen Rates während einer gemeinsamen Pressekonferenz  im März 2022.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (vorne) empfängt im März 2022 hohen Besuch (von links): Jaroslaw Kaczynski (Vize-Ministerpräsident von Polen), Petr Fiala (Ministerpräsident der Tschechischen Republik), Janez Jansa (Verteidigungsminister von Slowenien), Mateusz Morawiecki (Ministerpräsident von Polen) sind zu Gast in Kiew. © imago-images
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen besuchte am 08. April ein Massengrab in der Stadt Butscha.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen besuchte am 08. April ein Massengrab in der Stadt Butscha. Flankiert wird sie vom slowakischen Ministerpräsidenten Eduard Heger (links) und dem Hohen Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik Josep Borrell (rechts).  © SERGEI SUPINSKY/AFP
Wolodymyr Selenskyj (links) und Karl Nehammer in Kiew am 09. April 2022
Selenskyj traf sich mit dem österreichischen Bundeskanzler Nehammer für bilaterale Gespräche. © imago
Der britische Premierminister Boris Johnson besuchte die Ukraine, um seine Solidarität auszudrücken
Der britische Premierminister Boris Johnson besuchte die Ukraine, um seine Solidarität auszudrücken. © AFP PHOTO / the Ukrainian Presidential Press Service
Der polnische Präsident Andrzej Duda besichtigt mit Militärschutz den ukrainischen Ort Borodjanka.
Der polnische Präsident Andrzej Duda besichtigt mit Militärschutz den ukrainischen Ort Borodjanka. © Jakub Szymczuk/dpa
Die Präsidenten der baltischen Staaten und Polen reisten in die Ukraine, um Selenskyj zu treffen.
Die Präsidenten der baltischen Staaten und Polen reisten in die Ukraine, um Selenskyj (Mitte) zu treffen (von links): Gitanas Nauseda (Litauen), Andrzej Duda (Polen), Egils Levits (Lettland) und Alar Karis (Estland). © Jakub Szymczuk/Kprp/dpa
Der US-Verteidigungsminister und der US-Außenminister trafen sich Ende April mit Selenskyj in Kiew.
Der US-Verteidigungsminister Lloyd Austin (links in der Mitte) und der US-Außenminister Anthony Blinken (rechts daneben) trafen sich Ende April mit Selenskyj in Kiew. © Ukraine President s Office/imago
Während dem Besuch des UN-Generalsekretärs Antonio Guterres am 28. April 2022 griff Russland Kiew an.
Während des Besuchs des UN-Generalsekretärs Antonio Guterres am 28. April 2022 griff Russland Kiew an. © AFP PHOTO/UKRAINIAN PRESIDENTIAL PRESS SERVICE
Der CDU-Parteivorsitzende Friedrich Merz traf sich mit Wladimir und Vitali Klitschko in Kiew.
Der CDU-Parteivorsitzende Friedrich Merz traf sich mit Wladimir und Vitali Klitschko (rechts) in Kiew.  © Efrem Lukatsky/dpa
Auf seinem Weg in die Ukraine besucht Gregor Gysi (Die Linke) in Lemberg eine Suppenküche.
Auf seinem Weg in die Ukraine besucht Gregor Gysi (Die Linke) in Lemberg eine Suppenküche. © Michael Schlick/dpa
Anniken Huitfeldt und Masud Gharahkhani (Norwegen) besuchen eine Kirche in der Region Kiew.
Anniken Huitfeldt und Masud Gharahkhani (Norwegen) besuchen eine Kirche in der Region Kiew. © Pavlo_Bagmut/imago
Selenskyj beobachtet, wie Justin Trudeau (Kanada) einem unbekannten Soldaten die Hand schüttelt
Selenskyj beobachtet, wie Justin Trudeau (Kanada) einem Soldaten die Hand schüttelt. © SERGEI SUPINSKY/AFP
Die Band U2 signiert eine Fahne, als sie die Ukraine am 8. Mai 2022 besucht.
Bono (Mitte) und The Edge (Zweiter von links) von der Band U2 signieren eine Fahne, als sie die Ukraine am 8. Mai 2022 besuchen. © SERGEI CHUZAVKOV/AFP
Annalena Baerbock (Bündnis 90/Grüne) besucht als erstes deutsche Kabinettsmitglied die Ukraine.
Annalena Baerbock (Bündnis 90/Grüne) besucht als erstes deutsche Kabinettsmitglied die Ukraine. © Efrem Lukatsky/dpa
Selenskyj und Minderheitsführer im Senat Mitch McConnell im Gebäude der Präsidialverwaltung in Kiew.
Selenskyj und Minderheitsführer im Senat, Mitch McConnell, im Gebäude der Präsidialverwaltung in Kiew. © Ukraine Presidency/imago

Russische Attacke tötete wohl fünf Menschen in Odessa – Selenskyj und Mitsotakis wohlauf

Der ukrainische Präsident und der griechische Regierungschef sind nach der russischen Attacke wohlauf. Doch nach ersten Erkenntnissen der ukrainischen Ermittler wurden durch den Beschuss mindestens fünf Menschen getötet. Mitsotakis zeigte sich später bestürzt über den Vorfall.

Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, durch den Beschuss sei im Hafen von Odessa eine Halle zerstört worden. Dort seien ukrainische Seedrohnen zum Kampfeinsatz vorbereitet worden. Die Angaben sind unabhängig nicht zu überprüfen. (smu)

Rubriklistenbild: © Uncredited/Ukrainian Presidential Press Office/AP/dpa