Vorfälle überschatten Klausurtagung

Geheimtreffen mit AfD-Beteiligung: „Abstoßend und widerlich“ – CDU leitet Parteiausschlussverfahren ein

  • VonTadhg Nagel
    schließen

Ein Treffen rechter Aktivisten und Extremisten schlägt Wellen. Auch ein CDU-Mitglied soll anwesend gewesen sein. Jetzt droht der Parteiausschluss.

Düsseldorf – Der nordrhein-westfälische CDU-Kreisverband Oberberg ein Parteiausschlussverfahren gegen ein Mitglied eingeleitet. Zuvor war bekannt geworden, dass das Parteimitglied an einem konspirativen Treffen rechter Aktivisten und Extremisten in Potsdam teilgenommen haben soll.

CDU Parteivorsitzender Friedrich Merz ist von den Vorfällen wenig begeistert - jetzt muss er dringend eine klare Haltung zeigen.

Bei dem Treffen im November haben sich einer Recherche des Mediums Correctiv zufolge hochrangige Vertreter der in Teilen rechtsextremen AfD mit weiteren rechtsgerichteten Akteuren getroffen. Besprochen wurde dem Bericht nach, wie es möglich wäre, in Deutschland lebende Menschen mit ausländischen Wurzeln aus dem Land zu vertreiben. Darüber hinaus wurde beredet, wie Menschen mit Einwanderungsgeschichte zur Assimilation gedrängt werden könnten. Auch der Rechtsextremist Martin Sellner, führender Kopf der „Identitären Bewegung“, war mit von der Partie und hielt nach eignen Angaben Vorträge zu der Thematik.

Auch Chefin der Werteunion NRW war anwesend - So wie mindestens ein CDU-Parteimitglied

Allerdings waren neben offen rechten Kräften auch Personen anwesend, die stets jede Verbindung zu rechtem Gedankengut ablehnen und sich selbst als gemäßigt konservativ darstellen - mindestens zwei CDU-Mitglieder, Mitglieder der erzkonservativen Werteunion sowie eine Frau, die zwar Stellvertreterin im Vorstand der Werteunion NRW und in der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) war, aber kein CDU-Parteimitglied. Nach Informationen der dpa ist sie am Freitag freiwillig aus der MIT ausgetreten.

Laut der Recherche gehörte auch die stellvertretende Bundesvorsitzende und NRW-Landeschefin der Werteunion, Simone Baum, zu den Teilnehmern des Treffens. Ein Sprecher der Werteunion bestätigte auf Anfrage der dpa, dass Baum CDU-Mitglied sei. Der Kreisvorsitzende ihres Verbandes habe sie zwar schon gefragt, ob sie an dem Treffen teilgenommen habe. Baum habe jedoch, genau wie ihm und allen anfragenden Medien - erklärt, dass sie keinen Kommentar dazu abgeben werde. „Von einem Parteiausschlussverfahren ist ihr derzeit noch nichts bekannt“, so der Sprecher.

„Abstoßend und widerlich“ - Laut Paul Ziemiak kein Platz für rechtes Gedankengut in der CDU

Für das CDU-Mitglied aus Kreisverband Oberberg wird die Teilnahme in jedem Fall nicht ohne Konsequenzen bleiben. Der Vorsitzende des Kreisverbands, Carsten Brodesser, bestätigte am Freitag gegenüber der dpa, dass ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet wurde. Das Parteimitglied, dessen Name Brodesser aus parteirechtlichen Gründen nicht nennen wollte, habe bis zur nächsten Vorstandssitzung der Landespartei am 26. Januar Zeit, sich zu den Vorfällen zu äußern.

Paul Ziemiak, Generalsekretär der CDU Nordrheinwestfalen, bezeichnete „die in den Berichten geschilderten Vorgänge“ als „abstoßend und widerlich“. Für den CDU-Landesverband sei klar: „Wer das teilt oder unterstützt, verstößt erheblich gegen die Grundsätze unserer Partei“. Das bei dem Treffen diskutierte Gedankengut werde in der Partei nicht toleriert. Ziemiak bestätigte, dass „die erforderlichen Schritte für ein Parteiausschlussverfahren“ des betreffenden Mitglieds „durch den örtlich zuständigen Kreisverband eingeleitet“ worden seien.

Vorfälle überschatten Klausurtagung der Union - Friedrich Merz muss sich jetzt deutlich positionieren

Die Enthüllungen über das Treffen in Potsdam überschatten auch die Klausurtagung der Union in Heidelberg. Eigentlich sollte bei der am Freitag begonnen zweitägigen Zusammenkunft über das Grundsatzprogramm der Partei gesprochen werden. Doch statt Abschaffung von Bürgergeld und Heizungsgesetz und Erhalt der Subventionen für Landwirte, stehen andere Herausforderung auf der Tagesordnung: die Abgrenzung von der AfD und den Umgang mit offenbar rechtsextremen Parteimitgliedern.

Im Kreis des Bundesvorstandes kritisierte Friedrich Merz die Machenschaften scharf. Man werde „das nicht dulden“, so der Parteivorsitzende. Laut t-online ist aus Merz‘ Bekanntenkreis durchgesickert, dass er erschüttert gewesen sei, sowohl von den Plänen der Rechtsextremen, als auch von der Teilnahme seiner Parteimitglieder. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann kündigte in Heidelberg ebenfalls an, „hart und konsequent“ zu reagieren.

Für Merz kommt die Debatte zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Zwar hat sich der CDU-Chef mehrfach gegen eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgesprochen, Kritiker werfen ihm jedoch vor, sich nicht ausreichend nach rechts abzugrenzen. (tpn)

Rubriklistenbild: © IMAGO/Henrik Montgomery/TT