„Rotierende Monarchie“
Malaysia bekommt einen neuen König – schon wieder
VonSven Haubergschließen
Malaysias Herrscher wechseln sich alle fünf Jahre auf dem Thron ab. Nun zieht ein Mann in den Königspalast, der Hunderte Luxusschlitten besitzt – und eine eigene Armee.
Es dürfte weltweit nur wenige Monarchen geben, die derart modern wohnen wie der König von Malaysia. Vor etwas mehr als zehn Jahren erst bezog der Herrscher des ostasiatischen Staates den neu gebauten Königspalast im Nordwesten der Hauptstadt Kuala Lumpur, dessen goldene Kuppeln man schon von weitem aus sehen kann. König Mizan war der ersten Mieter des sogenannten Nationalpalasts, musste die Schlüssel allerdings nach wenigen Wochen schon an seinen Nachfolger abgeben. Denn die Amtszeit des Monarchen war abgelaufen – pünktlich nach fünf Jahren, wie es Malaysias Verfassung vorsieht. Auf Mizan folgten drei weitere Könige (einer dankte nach nur gut zwei Jahren auf dem Thron ab), und jetzt zieht, wenn alles nach Plan läuft, Palastbewohner Nummer fünf ein.
Am Mittwoch wird Sultan Ibrahim Ismail von Johor in einer feierlichen Zeremonie zum 17. König von Malaysia gekrönt, als Nachfolger von Monarch Al-Sultan Abdullah. Fünf Jahre lang darf sich der 65-Jährige mit dem royalen Titel „Yang di-Pertuan Agong“ schmücken, er ist dann Oberhaupt von 34 Millionen Menschen. Zur Krönungszeremonie wird Ibrahim die Muskat tragen, ein schwarzes, mit goldenen Stickereien besetztes Gewand, dazu einen Dolch, dessen Griff und Scheide aus Elfenbein gefertigt sind, und eine mit elf Rubinen besetzte Gürtelschnalle aus Gold. Auf sein Haupt wird eine Kopfbedeckung aus Brokat gesetzt.
Malaysias rotierende Monarchie geht auf das Jahr 1957 zurück
Malaysia ist das einzige Land der Welt mit einer rotierenden Monarchie. Die ungewöhnliche Tradition geht auf das Jahr 1957 zurück, als Malaysia die Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Großbritannien erlangte. Damit die Herrscher der einst selbstständigen malaiischen Reiche in der neu entstandenen Demokratie zumindest einen Teil ihrer Macht behalten konnten, wurde das Amt des „Agong“ eingeführt. Gewählt wird der König von den neun royalen Regionalherrschern des mehrheitlich muslimischen Landes. Einer von ihnen besteigt, nach einer informell festgelegten Reihenfolge, alle fünf Jahre den Thron. Die Macht des Königs ist heute allerdings vor allem repräsentativer Natur. Ein bisschen ähnelt Malaysias Monarch da dem deutschen Bundespräsidenten: So ernennt und entlässt er Minister und unterzeichnet Gesetze, die zuvor vom Parlament verabschiedet wurden.
Sultan Ibrahim, der nächste König, wurde im vergangenen Oktober gewählt. Seit 2010 ist er der Herrscher von Johor, Malaysias südlichstem Bundesstaat, der an Singapur grenzt. Auf der Homepage des zukünftigen Monarchen kann man nachlesen, dass Sultan Ibrahim sich in den USA zum Offizier ausbilden ließ, einen Lok-Führerschein besitzt sowie eine Lizenz zum Steuern von Hubschraubern. Außerdem spielte er professionell Polo, weitere Hobbys sind „Tennis, Windsurfen, Schießen, Autofahren und Fallschirmspringen“. Zudem besitzt er seine eigene Armee – und Presseberichten zufolge eine Sammlung von 379 Fahrzeugen, darunter Luxusschlitten von Ferrari, Mercedes, Bentley und Bugatti.
Malaysias nächster König: „Ich werde alle korrupten Leute jagen“
Der fünffache Vater interessiert sich aber nicht nur für schnelle und teure Autos, sondern auch für die Politik. Und das könnte noch zum Problem werden, glaubt Syaza Shukri. „Einige Menschen freuen sich auf einen König, der sich mehr zu politischen Thema äußert. Aber es gibt auch viel Unbehagen, weil die bisherigen Könige eine eher zeremonielle Rolle eingenommen haben“, sagt die Politikwissenschaftlerin von der International Islamic University Malaysia in Kuala Lumpur. „Ich vermute, dass er sich offen äußern wird, denn auch der Monarch hat das Recht, seine Meinung zu sagen.“ Das Interesse des künftigen Monarchen gelte der wirtschaftlichen Entwicklung und dem Abbau der ethnischen Spannungen und der Polarisierung im Land, so die Politikwissenschaftlerin.
Umstritten ist die Idee des Sultans, Malaysias Antikorruptionsbehörde der Kontrolle des Parlaments zu entziehen und künftig dem Monarchen zu unterstellen. Zumal Malaysia derzeit mitten in einem riesigen Korruptionsskandal steckt. Im Fokus der Ermittlungen stehen unter anderem die beiden Söhne von Mahathir Mohamad, der Malaysia als Premierminister fast ein Vierteljahrhundert regiert hatte, sowie dessen langjähriger Finanzminister. Bereits im Gefängnis sitzt Najib Razak, ein anderer ehemaliger Premierminister, der wegen Veruntreuung von rund 700 Millionen US-Dollar zu zwölf Jahren Haft verurteilt wurde.
Malaysias künftiger König verspricht nun, diesen Sumpf trockenzulegen. „Mein Urgroßvater und ich waren große Jäger. Wenn ich auf die Jagd gehe, achte ich darauf, dass ich etwas Gutes zurückbringe“, sagte Sultan Ibrahim im vergangenen Jahr der Straits Times, einer Zeitung aus Singapur. „Aber wenn ich in Kuala Lumpur bin, ist das ein Betondschungel, was soll ich also jagen? Ich werde alle korrupten Leute jagen.“