Eklat im Landtag
Empörung bei den Grünen: AfD-Politiker beleidigt Ricarda Lang „aufs Übelste“
VonPeter Siebenschließen
Bei einer Aktuellen Stunde im NRW-Landtag sorgte ein AfD-Politiker für einen Eklat. Das war nicht der einzige Zeitpunkt, zu dem es im Plenum laut wurde.
Düsseldorf – Das „Ja“ erscholl so laut, dass man fast ein Echo zu hören glaubte: Selten dürfte es so viel Einigkeit über alle Fraktionen im Plenum gegeben haben wie an diesem Mittwochvormittag. „Behauptet irgendjemand hier, dass sich die AfD gegen die Demokratie richtet?“, setzte der AfD-Landtagsabgeordnete Markus Wagner an – und bekam unisono ein „Ja“ als Antwort.
Demos gegen Rechts und AfD nach Geheimtreffen: „Da sind die Nazis“
Außer von seiner eigenen Partei, versteht sich. Die war Thema bei der Aktuellen Stunde im NRW-Landtag. Auf Antrag aller anderen Fraktionen sprachen die Abgeordneten über den riesigen Protest gegen Rechtsextremismus und die AfD, der sich in diesen Tagen formiert. Hunderttausende waren auf die Straße gegangen, auch in den nächsten Tagen sind Großdemos angemeldet. Auslöser waren Berichte über ein Geheimtreffen zwischen Neonazis und AfD-Mitgliedern, bei dem über die millionenfache Deportation von Menschen diskutiert worden war. Ministerpräsident Hendrik Wüst fand in seiner Rede dazu deutliche Worte.
„Die Würde des Menschen ist unantastbar“, leitete Wüst seine Rede ein. „Wir haben es jetzt aber in diesem Land mit Kräften zu tun, die Unterschiede machen zwischen behinderten und nicht behinderten Kindern, zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund. Kräfte, die heute in den meisten Parlamenten sitzen, auch in unserem Landtag.“ Die seien zwar demokratisch gewählt worden, das mache sie aber noch längst nicht zu Demokraten, sagte Wüst – und in Richtung der AfD-Fraktion: „Wenn führende Köpfe einer Partei Nazis sind, darf man sie auch so nennen: Da sind die Nazis.“
AfD-Politiker Markus Wagner: „Wir wollen Ricarda Lang nicht durchfüttern“
AfD-Politiker Markus Wagner nannte die Berichte über das Geheimtreffen in Potsdam seinerseits eine „Kampagne“ eines „linken Aktivistenkollektivs“. „Ich sage meinen ausländischen Freunden und allen, die gut integriert sind: Lasst euch nicht verunsichern. Keiner von euch wird von der AfD vertrieben“, so Wagner. „Diese Leute wollen uns spalten, um von ihrer Unfähigkeit abzulenken.“ Die Menschen seien unzufrieden mit der „überaus schlechten Regierung“, so Wagner.
Dann kam es zum Eklat: „Wir wollen Ricarda Lang nicht länger durchfüttern“, sagte Wagner, woraufhin es lauten Widerspruch aus dem Plenum gab. In der Vergangenheit hatte die AfD schon öfter mit Bemerkungen über das Aussehen der Grünen-Co-Chefin für Empörung gesorgt. So auch diesmal. Die SPD-Abgeordnete Elisabeth Müller-Witt sagte: „Wenn Frau Lang aufs Übelste beleidigt wird, dann müssen wir Demokraten ihr beispringen.“ Dafür gab es Applaus.
SPD-Politiker Jochen Ott: „Die AfD ist ein großes Unglück für dieses Land“
Thorsten Schick, Landesfraktionsvorsitzender der CDU, zitierte in seinem Redebeitrag Karl Joseph Wirth. Der einstige Reichskanzler der Weimarer Republik warnte seinerzeit vor den Nationalsozialisten. „Der Feind steht rechts. Das war 1922 richtig, das ist auch 2024 richtig. Der Feind sitzt auch hier“, so Schick. Erst wenige Tage zuvor hatte es nach dem Geheimtreffen in Potsdam eine AfD-Veranstaltung in Eitorf im Rhein-Sieg-Kreis gegeben. Auch dort ging es um die sogenannte „Remigration“, also die massenhafte Deportation von Menschen mit Migrationshintergrund und Andersdenkenden. „Mit dabei waren AfD-Mitglieder dieses Parlaments“, so Schick.
Aus den Reihen der AfD kamen immer wieder Gelächter und Zwischenrufe. Auch als der SPD-Fraktionsvorsitzende Jochen Ott ans Rednerpult trat. „Die AfD ist ein großes Unglück für dieses Land“, so Ott. „Millionen von Menschen mit Migrationsgeschichte haben große Angst. Sie fragen sich, ob Deutschland nichts gelernt hat aus seiner Geschichte, aus Solingen, Mölln und Hanau“, so Ott, der sich damit auf rechtsextremistische Angriffe und Attentate der jüngeren Geschichte bezog. Die große Mehrheit sei auf der Seite der Menschen, die Rechtsextremisten gern loswerden wollten. „Wir werden alles dafür tun, dass sie hier in Frieden und Freiheit leben können.“
Verbot der Identitären Bewegung gefordert
Gegenüber IPPEN.MEDIA sagte Ott, er halte ein Verbotsverfahren der AfD vor den Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen für nicht sinnvoll. „Aber wir müssen die Identitäre Bewegung verbieten, um den geistigen Untergrund der Rechtsextremisten auszutrocknen.“ Überdies forderte er, dass die Arbeit in Parteien mehr gefördert werden solle, auch das sei für eine Demokratie unerlässlich. „Die SPD hatte mal eine Million Mitglieder. Jetzt haben alle Parteien zusammen so viele.“ Gegenüber Menschen, die politische Arbeit machten, müsse es mehr Respekt geben. „Bürgermeister werden bedroht, das ist ein Unding. Nicht nur Feuerwehrleute verdienen zu Recht Respekt“, so Ott.
Rubriklistenbild: © Chris Emit Janßen/imago & Peter Sieben/IDZR


