Minister drängt auf Tempo

„Müssen kriegstüchtig werden“: Pistorius warnt vor Kriegsgefahren in Europa

  • Felix Busjaeger
    VonFelix Busjaeger
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Kriege in Europa waren lange eine ferne Realität. Wegen neuer Gefahren fordert Boris Pistorius nun ein Umdenken – und eine bessere Wehrhaftigkeit.

Berlin – Krieg in der Ukraine, eine Eskalation im Krieg in Israel und weltweite Aufrüstung: Die globalen Entwicklungen der vergangenen Monate zeigten auf dramatische Weise, dass Kriegsszenarien wieder zum Alltag der Gesellschaft werden können. Während in Israel die Bodeneinsätze gegen die Hamas im Gazastreifen intensiviert werden, spricht Deutschlands Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) einen Gedanken aus, den die Bürger der Bundesrepublik mit großer Wahrscheinlichkeit zuletzt verdrängt haben: Kriegsgefahren in Europa könnten wieder zunehmen. Aus der veränderten Sicherheitslage leitet der Politiker außerdem eine Handlungsempfehlung ab.

„Wir müssen kriegstüchtig werden“: Pistorius warnt vor Krieg und fordert Tempo bei Modernisierung der Bundeswehr

„Wir müssen uns wieder an den Gedanken gewöhnen, dass die Gefahr eines Krieges in Europa drohen könnte. Und das heißt: Wir müssen kriegstüchtig werden. Wir müssen wehrhaft sein. Und die Bundeswehr und die Gesellschaft dafür aufstellen“, sagte Pistorius am Sonntagabend im ZDF. Sein Vorhaben: Tempo bei der Modernisierung der Bundeswehr.

Verteidigungsminister Boris Pistorius fordert, dass die Deutschland „kriegstüchtig“ werden muss. (Archivbild)

Zuletzt hatte auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) deutlich gemacht, dass sich Deutschland stärker mit der Finanzierung der Bundeswehr beschäftigen müsse. Der Vizekanzler forderte eine rechtzeitige Debatte über die Finanzierung der Bundeswehr nach Auslaufen des 100 Milliarden Euro umfassenden Sondervermögens. „Wenn wir die Zeitenwende ernst nehmen, muss Deutschland für seine Sicherheit mehr tun. Dafür werden wir für die Bundeswehr viel Geld brauchen“, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Geld für die Bundeswehr: Habeck schließt weitere Kredite nicht aus

Um die Bundeswehr künftig fit für die Zukunft zu machen, schließt Habeck auch die Aufnahme von Krediten über den bisher zulässigen Rahmen nicht aus. „Die Schuldenbremse hat gute Gründe und sie gilt für die Arbeit dieser Koalition“, sagte der Grünen-Politiker. „Aber wir sollten über den Tag hinaus denken und überlegen, ob die politischen Regeln, die wir uns gegeben haben, unverändert zu den veränderten Zeiten passen.“

Bundesverteidigungsminister Pistorius, der immer wieder für die Modernisierungsfortschritte der Bundeswehr kritisiert wird, wies entsprechende Vorwürfe derweil zurück: „Viel mehr Tempo geht gar nicht.“ Zwei Drittel des 100 Milliarden Euro umfassenden Sondervermögens seien bereits vertraglich gebunden. Produktion und Lieferungen bräuchten aber Zeit, räumte der Minister ein. Zugleich sei man dabei, Strukturen bei der Bundeswehr zu verändern.

Sondervermögen Bundeswehr: Pistorius sieht Truppe „runtergewirtschaftet“

Das Bundeskabinett hat im März 2022 die Gesetzentwürfe zur Errichtung des „Sondervermögens Bundeswehr“ beschlossen. Mit dem Sondervermögen werden einmalig 100 Milliarden Euro bereitgestellt. In Bezug auf die Kritik gegen die Fortschritte bei der Bundeswehr sagte Boris Pistorius: „Das alles lässt sich, was in 30 Jahren verbockt worden ist, sorry, wenn ich das so sage, und runtergewirtschaftet worden ist, nicht in 19 Monaten wieder einholen.“ In drei, vier oder fünf Jahren werde die Bundeswehr aber völlig anders aussehen. Zugleich betonte Pistorius, bereits heute sei die Bundeswehr eine der stärksten Streitkräfte innerhalb der Nato in Europa. Kurzum: Das Sondervermögen für die Bundeswehr ist zu klein.

Deutschland hatte zuletzt unter anderem Verträge für die Beschaffung neuer Flugabwehrsysteme unterschrieben. Der Iron Dome aus Israel stand bereits mehrere Monate auf der Einkaufsliste und könnte nun den Weg in die Bundesrepublik finden. Das Abwehrsystem bewies in den vergangenen Wochen im Krieg in Israel, dass es in der Lage ist, eine Vielzahl von Flugkörpern abzufangen.

Solidarität mit Israel: Pistorius betont Selbstverteidigungs- und das Existenzrecht Israels

Nach dem Angriff der Hamas auf Israel und dem Beginn des Israel-Kriegs positionierte sich Deutschland an der Seite der israelischen Regierung. „Hier geht es um das Selbstverteidigungs- und das Existenzrecht Israels. Und Deutschland gehört eindeutig zu denen, die uneingeschränkt Ja sagen zu diesem Recht“, sagte Pistorius in diesem Zusammenhang. Dennoch werde sich die Bundesregierung künftig auch dafür einsetzen, dass es zu keinen weiteren Eskalationen kommen wird. (fbu/mit dpa)

Rubriklistenbild: © Marcus Brandt/dpa

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