Krieg in Nahost
Bodenoffensive im Gazastreifen: Was über die Pläne des israelischen Militärs bekannt ist
VonSandra Katheschließen
Schon direkt nach dem Hamas-Angriff kündigte Israel eine Bodenoffensive im Gazastreifen an. Doch die Operation verzögert sich.
Jerusalem/Gaza – Mit der kompletten Abriegelung von Treibstoff- und Trinkwasserlieferungen, etlichen Bombenangriffen, mehr als 2000 Toten, Tausenden Verletzten und etwa einer Million Menschen auf der Flucht sind die Auswirkungen des Hamas-Angriffs auf Israel für den Gazastreifen schon jetzt verheerend – dabei hat die angekündigte Bodenoffensive der israelischen Truppen nicht einmal begonnen.
Seit Tagen werden Soldaten, Militärfahrzeuge und Ausrüstung an den Grenzen des Palästinensergebiets zusammengezogen. Dass es zu einer Bodenoffensive gegen die Hamas kommen soll, haben Israels Politiker und Militärsprecher bereits vor Tagen angekündigt. Unter den Gründen, dass die bislang verschoben worden sind, sehen Fachleute die Hoffnung auf eine Verhandlungslösung, um möglichst viele der laut israelischen Angaben mindestens 199 Geiseln lebendig zu befreien, sowie die anhaltende Evakuierung des dicht besiedelten Gebiets, das inzwischen etwa eine Million Menschen verlassen haben.
Bodenoffensive im Gazastreifen: Was sich Israel von einem Großangriff gegen die Hamas verspricht
Dass es tatsächlich zu einer Bodenoffensive kommen solle, steht in israelischen Politik- und Sicherheitskreisen aber nicht nur deshalb fest, weil der Angriff der Hamas in Israel über 1400 Todesopfer gefordert hat, sondern auch weil Israel damit ein Exempel statuieren müsse. So sagte etwa Politikwissenschaftler Jonathan Rynhold von der Universität Bar Ilan bei Tel Aviv, dass Israel allein aus Abschreckungsgründen „sehr sehr hart gegen die Hamas vorgehen müsse“, um weitere derartige Angriffe in der Zukunft zu verhindern.
Auch Armeesprecher Jonathan Conricus kündigte laut einem Bericht der Nachrichtenagentur AFP an, dass die „umfangreichen Militäroperationen in Gaza-Stadt“ unmittelbar bevorstünden. Nach eigenen Angaben wartet das Militär auf eine „politische Entscheidung“ für den Beginn der Bodenoffensive. Faktoren, die dabei wohl bedacht würden, sind neben der Sicherheit der Geiseln in den Händen der Hamas sicher auch Warnungen von Verbündeten Israels. So hatte etwa US-Präsident Joe Biden geäußert, dass eine Besetzung des Gazastreifens durch Israel ein „großer Fehler“ wäre.
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Krieg zwischen Israel und Hamas: Die Lage im Gazastreifen spitzt sich immer weiter zu
Zunächst gehe es den israelischen Einheiten jedoch darum, die für den brutalen Angriff auf Israel verantwortlichen Hamas-Terroristen zur Verantwortung zu ziehen, was im Gebiet des Gazastreifens nicht ganz einfach sein dürfte. Hier haben die Hamas seit Jahrzehnten die Kontrolle und verfügen neben Ortskenntnis auch über komplizierte Tunnel-Systeme. Auch mache die Tatsache, dass es sich bei der Hamas um eine Terroreinheit und keine Militärgruppierung handelt, es für die israelischen Bodentruppen schwierig „zwischen Freund und Feind zu unterscheiden“, zitiert der Fernsehsender ZDF Sicherheitsexperte Christian Mölling von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.
Während der Einmarsch israelischer Truppen vorbereitet wird, hält die Blockade des Gazastreifens nach wie vor an. Treibstoff und Lebensmittel kommen weiterhin nicht in die Region, immerhin erhält der Süden seit einigen Stunden wieder Trinkwasser. Die Anzahl der Todesopfer durch israelische Angriffe im Gazastreifen stieg am Montag nach palästinensischen Angaben auf etwa 2750 Menschen. Die am Grenzübergang zwischen Rafah im Süden des Gazastreifens und Ägypten eingetroffenen Hilfsgüter aus mehreren Ländern werden bislang nicht durchgelassen. (saka mit AFP)
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