Israel-Krieg

„Schwierigster Häuserkampf seit Zweitem Weltkrieg“: Was Israels Bodenoffensive so schwierig macht

  • Erkan Pehlivan
    VonErkan Pehlivan
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Israel hat im Gazastreifen seine Bodenoffensive begonnen. Experten warnen vor zivilen Opfern. Doch auch die Soldaten geraten bei den Häuserkämpfen in Gefahr.

Gaza – Israels große Bodenoffensive im Gazastreifen hat begonnen. Damit kommt auch der Häuserkampf. David Petraeus, der ehemalige US-Kommandeur in Afghanistan und im Irak, warnt deswegen vor der Wiederholung amerikanischer Fehler im Anti-Terror-Krieg. Die in den Straßen ausgetragene Bodenoffensive im Israel-Konflikt werde „die schwierigste urbane Kriegsoperation, also Straßen- und Häuserkämpfe, seit Ende des Zweiten Weltkriegs sein“, sagt der ehemalige US-General in einem Interview mit dem Tagesspiegel.

„Für Israels Regierung wird es wichtig sein, den Verlust unschuldiger Zivilisten zu minimieren“, so Petraeus zum Krieg in Israel. „Ich kann mir keine schwierigere Mission und keinen schwierigeren Feind vorstellen. Es handelt sich um einen Feind ohne Uniform, der unschuldige Zivilisten und Geiseln als menschliche Schutzschilde benutzt, der den dichtbesiedelten Gazastreifen sehr gut kennt und sich darin verschanzt“.

Bodenoffensive im Israel-Krieg: Gefahr für israelische Soldaten durch das Tunnelsystem der Hamas

Eine andere Gefahr für die israelischen Soldatinnen und Soldaten ist die Zahl von Hunderten Tunneln, die sich unter dem Gazastreifen auf insgesamt 500 Kilometern Länge erstrecken. Doch die Expertin für unterirdische Kriegsführung an der Reichman-Universität in Tel Aviv, Daphne Richemond-Barak, bezweifelte jüngst in der New York Times, dass irgendjemand wisse, wie lang die Strecke tatsächlich sei. „Ich glaube, dass die Hamas mit den 500 Kilometern ein wenig übertreibt, weil sie Israel von einer Invasion abhalten will“, erklärte auch der Militärexperte Harel Chorev von der Universität Tel Aviv dem US-Sender CNN. „Wir reden hier von Dutzenden von Kilometern unter der Erde mit Kommando-, Kontroll- und Kommunikationsräumen, Vorratskammern und Abschussrampen für die Raketen.“

Israel hat seine Bodenoffensive im Gazastreifen begonnen.

Teils sind die Tunnel betoniert oder mit Strom versorgt. Im Schnitt sind sie zwei Meter hoch und einen Meter breit, einige sind aber auch groß genug für Fahrzeuge. Um israelischen Bomben aus der Luft widerstehen zu können, reichen manche Dutzende Meter unter der Erde. Ihre Zugänge sollten etwa in Wohnhäusern oder Moscheen liegen, schätzt die Expertin.

Hamas-Terror im Nahost-Krieg: UNRWA warnt vor hoher Zahl an Opfern

Nach Erkenntnissen israelischer Geheimdienste betreibt die Hamas zum Beispiel unter dem Schifa-Krankenhaus, der größten Klinik im Gazastreifen, ihr Kommando- und Kontrollzentrum. Die Hamas bestreitet das. Und im November 2022 hat etwa das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA scharf verurteilt, dass sich unter einer Schule ein Tunnel befunden haben soll.

Hohe Opfer unter den Zivilisten und auch eigenen Soldaten würden Ministerpräsident Benjamin Netanjahu innenpolitisch unter Druck setzen. Die Hamas spekuliert offenbar damit, Israel als den eigentlichen „Aggressor“ vorführen zu können. Zudem bringt die Bodenoffensive die rund 200 verschleppten israelischen Geiseln in Gefahr.

Rubriklistenbild: © IMAGO/

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