„Vieles deutet darauf hin“

Prigoschin-Flugzeug mit Rakete abgeschossen? Experte und USA sehen Hinweise

  • Patrick Mayer
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Die Ursache für den Flugzeugabsturz von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin soll laut Wladimir Putin untersucht werden. Ein Experte hat eine eindeutige These.

Moskau – Jewgeni Prigoschin soll tot sein. Am Sitz der Wagner-Privatarmee in Sankt Petersburg kondolieren ehemalige Söldner und einzelne Bürger. Am Donnerstagabend (24. August) bestätigte Kreml-Chef Wladimir Putin persönlich, dass Prigoschin unter den zehn Todesopfern eines Flugzeugabsturzes im Gebiet Twer gewesen sein soll. Er tat es, indem er seinen Angehörigen öffentlich sein Beileid aussprach.

Jewgeni Prigoschin soll tot sein: War es ein Mordanschlag gegen den Wagner-Chef?

Weil der Moskau-Machthaber sehr viel mehr weiß? Über das Ende des Mannes, der im Ukraine-Krieg so viel Leid verursacht hatte? Einen Tag nach dem Absturz galt die Ursache als nicht geklärt. Am Donnerstagnachmittag berichtete die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf US-Kreise, dass die USA Insidern zufolge davon ausgehen, dass die Prigoschin-Maschine durch eine Luftabwehr-Rakete abgeschossen wurde.

War es ein Mordanschlag mitten in Russland? Die Rache Putins, nach dem abgebrochenen Aufstand Prigoschins vom 23. und 24. Juni? Auch ein Experte für Luft- und Flugverkehr hält die These eines Abschusses der Maschine „Embraer Legacy 600“ mit einer Boden-Luft-Rakete für wahrscheinlich.

Ein Trümmerfeld: Russische Feuerwehrleute stehen am mutmaßlichen Absturzort der Prigoschin-Maschine.

„Als Abschussmöglichkeit fallen für mich was Technisches oder ein Pilotenausfall vollkommen aus. Es bleibt nur ein gewaltsames Ereignis am oder im Flugzeug. Da gibt es entweder die Möglichkeit einer Bombe an Bord oder eben, und darauf deutet vieles hin, den Abschuss durch eine Flugabwehrrakete“, erklärte der Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt dem „heute journal“ des ZDF.

Der Sender veröffentlichte zudem ein Video vom Sozialen Netzwerk X, vormals Twitter, das den Absturz der kleinen Passagiermaschine um 18.19 Uhr beim Ort Kuschenkino rund 200 Kilometer nordwestlich der russischen Hauptstadt zeigen soll.

Prigoschin stirbt bei Flugzeug-Katastrophe – Bilder vom Unglücksort

Söldnerführer Prigoschin offenbar bei Flugzeugabsturz getötet
Flüge unternahm Jewgeni Prigoschin mit seinem Privatjet. Jetzt ist er bei einem Absturz seiner Embraer Legacy 600 getötet worden. Der russische Präsident Wladimir Putin bestätigte dessen Tod. © picture alliance/dpa/Luba Ostrovskaya/AP
Das Bild stammt vom Telegram-Kanal Grey Zone, der Prigoschin nahe steht, und soll Prigoschins Privatjet zeigen, der vom Himmel fällt.
Am Mittwochabend (23. August) fiel die Maschine auf dem Weg von Moskau nach Sankt Petersburg vom Himmel. Das Bild stammt vom Telegram-Kanal Grey Zone, der Prigoschin nahesteht. © IMAGO/Gray_Zone
„Ostoroschno Nowosti“ veröffentlichte ein Bild aus einem Video, das die Absturzstelle in der Nähe des Dorfes Kuschenkino in der Region Twer zeigt.
„Ostoroschno Nowosti“ veröffentlichte ein Bild aus einem Video, das die Absturzstelle in der Nähe des Dorfes Kuschenkino in der Region Twer zeigt. © picture alliance/dpa/Ostorozhno Novosti/AP
Offenbar ist der Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen. Es wird über einen Doppelgänger spekuliert.
Noch am Abend meldete die russische Luftfahrtbehörde, dass Prigoschin im Unglücksflieger saß. Sein Tod wurde einen Tag später bestätigt.  © Lev Borodin/IMAGO
Das Wrack, in dem zehn Menschen starben, brannte völlig aus. Die Identifizierung der Leichen ist schwierig.
Das Wrack, in dem zehn Menschen starben, brannte völlig aus. © picture alliance/dpa/Investigative Committee of Russia/XinHua | Uncredited
Die Absturzstelle gut 200 Kilometer nordwestlich von Moskau gleicht einem Trümmerfeld.
Die Absturzstelle gut 200 Kilometer nordwestlich von Moskau gleicht einem Trümmerfeld. © picture alliance/dpa/AP | Uncredited
Teile liegen verstreut nahe einem Waldgebiet.
Teile liegen verstreut nahe einem Waldgebiet. © IMAGO/SNA
Ein Trümmerteil liegt auf dem Boden.
Dass es sich einmal um ein Flugzeug handelte, ist kaum zu erkennen. © IMAGO/Vitaliy Shustrov
Russische Ermittler beginnen vor Ort mit der Untersuchung des Unglücks.
Russische Ermittler beginnen vor Ort mit der Untersuchung des Unglücks.  © picture alliance/dpa/AP | Alexander Zemlianichenko
Die Toten werden zur Untersuchung in eine Halle nach Twer gebracht.
Die Toten werden abtransportiert. © picture alliance/dpa/AP | Uncredited
In dieses Gebäude der Gerichtsmedizin wurden die Körper offenbar zur Untersuchung gebracht.
In dieses Gebäude der Gerichtsmedizin der Region Twer wurden die Körper offenbar zur Untersuchung gebracht.  © IMAGO/Petrov Sergey
Ein Mann legt Blumen in Prigoschins Geburtsstadt Sankt Petersburg nieder.
Noch am Abend des Absturzes werden in einigen Städten Russlands Gedenkstätten eingerichtet. Hier legt ein Mann Blumen in Prigoschins Geburtsstadt Sankt Petersburg nieder. © IMAGO/Alexander Galperin
Prigoschin und Kreml-Chef Putin
Prigoschin galt lange als Vertrauter Putins (r.). Bevor er den Kremlchef kennenlernte, war er ein Krimineller und verbüßte eine langjährige Haftstrafe. © Alexei Druzhinin/dpa
Prigoschin und Putin
Nach seiner Entlassung eröffnete er Restaurants in Sankt Petersburg und lernte Putin kennen, der ebenfalls aus der Stadt kommt. © Alexey Druzhinin/AFP
In der Folge erhielt Prigoschins Cateringfirma „Konkord“ viele öffentliche Aufträge, was ihm letztlich zu Reichtum verhalf.
In der Folge erhielt Prigoschins Cateringfirma „Konkord“ viele öffentliche Aufträge, was ihm letztlich zu Reichtum verhalf. © IMAGO / ITAR-TASS
Die berüchtigten Wagner-Söldnertruppen haben, im Kommando von Jewgeni Prigoschin und im Namen Russlands, sich am Ukraine-Krieg beteiligt. Den sehr wahrscheinlichen Tod von Putins Wagner-Chef nehmen in der Ukraine viele Menschen mit Freude wahr.
Ab 2013 begann Prigoschin, das private Sicherheits- und Militärunternehmen Gruppe Wagner zu formen. Die Söldnertruppe war im Auftrag der Regierung weltweit tätig und setzte russische Interessen durch. © Uncredited/Prigozhin Press Service/AP/dpa/Archiv
Kämpfer der Wagner-Gruppe, die berüchtigt für ihre brutalen Methoden sind, unterstützen russische Truppen auch im Ukraine-Krieg.
Kämpfer der Wagner-Gruppe, die berüchtigt für ihre brutalen Methoden sind, unterstützten russische Truppen auch im Ukraine-Krieg. Doch spätestens am 23. Juni 2023 war das Tischtuch zwischen Putin und Prigoschin zerschnitten.  © IMAGO/RIA Novosti
Wagner-Söldner in Rostow am Don.
Nachdem er zuvor im Ukraine-Krieg die russische Militärführung bereits mehrfach scharf kritisiert hatte, befahl Prigoschin an jenem Tag einen Aufstand gegen die russische Regierung. Wagner-Söldner marschierten Richtung Moskau. © IMAGO/Vladimir Konstantinov
Kämpfer der Wagner-Gruppe verlassen Rostow am Don.
Nur einen Tag später brach Prigoschin nach Vermittlung des belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko den Aufstand wenige Hundert Kilometer vor Moskau ab. © IMAGO/Sergey Pivovarov
Prigoschin
Der Wagner-Boss ging ins Exil nach Weißrussland. Jetzt starb er im Alter von 62 Jahren. Nicht wenige vermuten, dass sich Putin für Prigoschins Illoyalität rächte. © -/AP/dpa

Flugzeugabsturz von Jewgeni Prigoschin: Russischer Anwohner berichtet von Explosion

Dabei stürzt das Flugzeug mit einer nachfolgenden Rauchsäule fast senkrecht ab. Die sichtbare Rauchentwicklung und der Umstand, dass das Flugzeug manövrierunfähig gewesen sei, würden für einen Treffer mit einer Rakete sprechen, erklärte Großbongardt der Süddeutschen Zeitung (SZ).

Aufnahmen des Wracks würden zudem auf Beschädigungen durch Schrapnells hinweisen, die bei der Explosion einer Rakete freigesetzt werden und ein Ziel durchschlagen, analysierte der ehemalige Vertreter des Pilotenverbands Vereinigung Cockpit weiter.

Will einen Knall in der Luft gehört haben: Vitali Stepenok, ein angeblicher russischer Anwohner aus der Region Twer.

Auch ein Anwohner will eine Explosion noch in der Luft mitbekommen haben, trotz der enormen Flughöhe des kleinen Passagierflugzeuges. „Ich hörte eine Explosion oder eine Art Knall. Normalerweise gibt es bei einer Explosion am Boden ein Echo. Aber es war nur ein Knall. Ich schaute nach oben und sah weißen Rauch. Ein Flügel flog in die eine Richtung weg und der Rumpf in die andere“, erzählte der angebliche Augenzeuge Vitali Stepenok laut ZDF. Die Maschine war wenige Minuten nach dem Start in Moskau noch im Steigflug auf etwa 8500 Metern Höhe, ehe sie abrupt nach unten in Richtung Boden abstürzte sowie beim Aufprall zerschellte.

Flugzeugabsturz von Jewgeni Prigoschin: Wladimir Putin verweist auf Ermittler

Laut SZ würden Daten des Portals Flightradar24 bestätigen, „dass die Maschine bis 30 Sekunden vor dem Absturz offenbar völlig unauffällig unterwegs war“. Man werde sehen, was die Ermittler herausfinden, erklärte indes Putin in einer öffentlichen Videoansprache von Donnerstagabend. Der 70 Jahre alte russische Autokrat bezeichnete seinen einstigen Weggefährten Prigoschin als „talentierten Geschäftsmann“. Er habe „im Leben ernste Fehler gemacht“, aber Ergebnisse geliefert, für sich selbst und „für die gemeinsame Sache“.

Später berichtete die Washington Post unter Berufung auf zwei Beamte von US-Geheimdiensten, dass diese nicht von einem Raketenabschuss ausgehen. Es wird demnach vermutet, dass der Flieger nach einer Explosion an Bord abgestürzt ist. Was genau mit Prigoschins Flugzeug passiert ist, bleibt also weiter unklar. (pm)

Rubriklistenbild: © IMAGO / SNA