„Sonst wird das nichts“
Hohe Energiepreise: Deutsche Atomkraftwerke reaktivieren? Experte nennt Bedingung
VonPatrick Mayerschließen
Die CDU fordert wegen hoher Strompreise und drückender Energiekosten eine Rückkehr zur Kernkraft in Deutschland. Dazu müssten Atomkraftwerke reaktiviert werden.
Berlin - Als die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP zuletzt bedenklich wankte, weil sie lange ihren Bundeshaushalt für 2024 nicht durchbrachte, legte die CDU ein Grundsatzpapier vor. Um mit diesem zu erklären, wie die Union Politik in Deutschland angeblich besser machen würde als die Bundesregierung von Kanzler Olaf Scholz (SPD).
Hohe Strompreise in Deutschland: CDU würde Atomkraftwerke wieder anschmeißen
Darin war als Forderung unter anderem die Rückkehr zur Kernkraft enthalten, weil die gestiegenen Strompreise sowie hohe Energiekosten Bürgerinnen und Bürger privat wie auch die Wirtschaft der Bundesrepublik ordentlich belasten. Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bekräftigte nun noch einmal diesen Vorschlag.
Doch: Ein Comeback der Atomkraftwerke, würde das überhaupt so einfach gehen? Laut eines Experten bräuchte es vor allem eine Voraussetzung: eine große gesellschaftliche Zustimmung.
„Es braucht einen breiten gesellschaftlichen Konsens, der nicht nur von der Union oder FDP getragen wird, sondern auch von großen Teilen der SPD und der Grünen – sonst wird das nichts“, erklärte der Physiker Ulrich Waas dem Tagesspiegel. Waas war bis 2021 Mitglied der Reaktor-Sicherheitskommission.
CDU fordert Rückkehr zur Kernkraft: Ampel-Koalition nahm Atomkraftwerke vom Netz
Unter der Ampel-Bundesregierung und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) waren die letzten Atomkraftwerke (AKW) im April 2023 vom Netz gegangen. Und zwar das AKW Isar 2 beim niederbayerischen Landshut, das AKW Emsland (Niedersachsen) sowie das AKW Neckarwestheim 2 nahe dem schwäbischen Heilbronn. Die Abkehr von der durch Kernkraft erzeugten Energie hin zu erneuerbaren Energien ist ein wesentlicher Punkt der Politik der Grünen.
Die Partei hatte lange Jahre in der Opposition im Bund darum gekämpft. Und jetzt sollte sie direkt wieder klein beigeben? Technisch sei die Wiederinbetriebnahme von Kernkraftwerken durchaus möglich, erklärt Waas. Er hält einen Neustart der AKWs Isar 2, Emsland, Neckarwestheim 2 sowie der 2021 abgeschalteten Atomkraftwerke Grohnde (Landkreis Hameln-Pyrmont) und Brokdorf (Metropolregion Hamburg) für realisierbar. „Was im nicht-nuklearen Teil abgebaut wurde, kann relativ schnell ersetzt werden“, erklärte Waas dem Tagesspiegel: „Dafür erhält man etwa sieben Gigawatt Leistung für nahezu CO₂-neutrale, wetterunabhängige Stromlieferungen.“
Man müsste investieren, Brennstäbe kaufen, Gesetze ändern, aber es geht technisch und - wenn alle zur Vernunft kommen - auch regulatorisch.
Zwar würden neue Brennelemente benötigt, diese könnten jedoch binnen eines Jahres bereitstehen. Die Kosten für ein Comeback schätzt er je Kernkraftwerk auf einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag. CDU-Fraktionsvize Spahn will abgeschaltete Atomkraftwerke „schnellstmöglich bis mindestens Mitte der 30er-Jahre wieder ans Netz“ bringen.
CDU und Jens Spahn wollen Kernkraft wieder - statt Atomstrom aus Frankreich
„Man müsste investieren, Brennstäbe kaufen, Gesetze ändern, aber es geht technisch und - wenn alle zur Vernunft kommen - auch regulatorisch“, sagte er im Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ): „Bei einer Laufzeit von mindestens zehn Jahren werden sich die notwendigen Investitionen lohnen. Die Kernkraftwerke sind abgeschrieben. Sie könnten sicheren und günstigen Strom produzieren, mindestens bis in die Mitte der 30er-Jahre, vielleicht auch länger.“ Dafür könnte Deutschland dann „auf den Atomstrom aus Frankreich verzichten“. (pm)
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