Zeit vor Sommerpause wird knapp
Bundestag streitet über Heizungsgesetz: Spahn wütet - „Für die Tonne“
VonChristian Störschließen- Bettina Menzelschließen
Wochenlang haben sie um die erste Lesung gerungen. Jetzt ist das umstrittene Heizungsgesetz im Bundestag. Die Debatte im News-Ticker.
- Scharfe Kritik an der Ampel: Spahn geht mit „verkorkstem“ Vorgehen beim Heizungsgesetz ins Gericht
- Erste Debatte zum Heizungsgesetz: Wie es mit der Reform weiter geht
- Heizungsgesetz der Ampel: Diese Themen müssen die Bundestagsausschüsse diskutieren
Update vom 15. Juni, 12.10 Uhr: Die Opposition hat genervt auf das Vorgehen der Ampel-Koalition beim Heizungsgesetz reagiert. So griff Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) die Ampel scharf an (s. auch Update v. 10.15 Uhr). Spahn sprach von einer „Zumutung“. Der Bundestag befasse sich mit einem veralteten Gesetz, sagte er bei der ersten Lesung des Entwurfs für einen schrittweisen Austausch von Öl- und Gasheizungen. Eine Spitzenrunde von SPD, Grünen und FDP hatte sich am Dienstag auf wesentliche Änderungen am ursprünglichen Entwurf zum Gebäudeenergiegesetz (GEG), dem sogenannten Heizungsgesetz, verständigt. „Die Ampel- und das GEG, das ist längst ein Running Gag, nur kein lustiger“, beklagte Spahn.
Ralph Lenkert von der Linksfraktion nannte die Kommunikation der Ampel zum Heizungsgesetz „zum Kotzen“. Er sagte: „Ich hoffe - und wenn ich religiös wäre, würde ich beten – dass Sie die Wärmewende nicht komplett vor die Wand gefahren haben.“ Der AfD-Politiker Karsten Hilse sprach von einer „grünen Klimasekte“ und einem verheerenden Gesetzentwurf. Es sollten alle Bürger in ein „Klimajoch“ gepresst werden.
Spahn geht mit „verkorkstem“ Vorgehen beim Heizungsgesetz ins Gericht
Update vom 15. Juni, 10.15 Uhr: Das Heizungsgesetz der Ampel-Koalition wird inzwischen beraten. Der Bundestag stimmte mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen einer Änderung der Tagesordnung zu. Direkt danach begann die erste Lesung des Gebäudeenergiegesetzes, dem sogenannten Heizungsgesetz.
Nach den einleitenden Worten von Robert Habeck, der die Veränderung des ursprünglichen Gesetzes erklärte, ging Jens Spahn ans Rednerpult. Der Stellvertretende Fraktionsvorsitzender der CDU sparte nicht mit Kritik am Heizungsgesetz. „Die Koalition hat schon längst ihren Kurs verloren“, sagte Spahn. „Das ist eine Farce. Das Gesetz, das jetzt gerade eingebracht wurde, ist ein Gesetz für die Tonne.“ Es gebe zahlreiche ungenaue Formulierungen, so Spahn, das alles sei ein „verkorkstes Verfahren“.
Heute erste Debatte im Bundestag zum Heizungsgesetz: Wie es mit der Reform weiter geht
Erstmeldung vom 15. Juni: Berlin - Die Zeit drängt, wenn das Heizungsgesetz noch vor der parlamentarischen Sommerpause verabschiedet werden soll. Nach wochenlangen Diskussionen in der Ampel-Koalition beginnt heute die erste Lesung über das Gebäudeenergiegesetz (GEG) im Bundestag. Die FDP, SPD und die Grünen hatten lange um diesen Moment gerungen und erst am Dienstag den entscheidenden Durchbruch erzielt. Wie geht es weiter?
Der Weg des Heizungsgesetzes in den Bundestag war steinig. Wegen massiver Bedenken hatte die FDP die erste Lesung im Mai zunächst verhindert und grundlegende Änderungen gefordert. Die Grünen warfen den Liberalen deshalb „Wortbruch“ vor. Nun ist der erste Schritt getan und die Debatte im Bundestag beginnt. Doch um den Zeitplan noch einzuhalten, muss der Beschluss spätestens am 7. Juli erfolgen – und zuvor gilt es noch zahlreiche Details zu klären.
Wird das Gesetz rechtzeitig umgesetzt, muss von 2024 an jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbarer Energie betrieben werden. Das dient dem übergeordneten Ziel der Bundesregierung, bis 2045 Klimaneutralität zu erreichen, denn eine herkömmliche Heizung ist im Haushalt laut Umweltbundesamt der mit Abstand größte Verursacher von CO₂. Die Details des geplanten Heizungsgesetzes sind allerdings teilweise offen, was für weitere Diskussionen zwischen FDP, Grünen und SPD sorgen könnten.
Diese Themen müssen die Bundestagsausschüsse diskutieren
Im Anschluss an die erste Lesung im Bundestag geht die Arbeit in Bundestagsausschüssen weiter. Dort werden Experten gehört und Änderungen in das Gesetz eingepflegt. Zudem müssen noch offene Details geklärt werden, etwa das Thema Förderungen. Unbestritten ist, dass Bürger und Bürgerinnen Unterstützung vom Staat für den Einbau klimafreundlicher Heizungen erhalten werden, doch die genaue Höhe steht noch nicht fest. Ebenso steht eine mögliche Einkommensgrenze noch zur Diskussion, bis zu der Hausbesitzer Förderungen erhalten können.
Kritisch ist auch die sogenannte Modernisierungsumlage. Diese Maßnahme soll für Vermieter einerseits Anreize für die Investition schaffen, andererseits aber Mieter vor Kosten in Form von möglichen Mieterhöhungen schützen. Debattiert wird eine „weitere Modernisierungsumlage“, die zum Tragen kommt, wenn Hausbesitzer staatliche Förderungen nutzen und die Mieter von der Umstellung finanziell profitieren, hieß es – Details blieben aber offen.
Auch Ausnahmeregeln müssen beschlossen werden. Denn manche Verbraucher müssen für den Einbau der neuen Heizung einen Kredit aufnehmen. Banken gewähren älteren Menschen allerdings wegen des fortgeschrittenen Alters oftmals keine Fremdfinanzierung mehr. Deshalb kam der Vorschlag einer Obergrenze von 80 Jahren für das Heizungsgesetz, die manche als willkürlich kritisieren. Alternativ wäre denkbar, eine Umbauverpflichtung nur für Hausbesitzer bis zum Rentenalter vorzusehen, doch dies würde wiederum zahlreiche Menschen ausnehmen und womöglich den Klimaeffekt der Maßnahme reduzieren.
Zudem muss die Ampel Übergangsfristen regeln, etwa wenn jemand jetzt eine auf Wasserstoff umrüstbare Gasheizung einbaut, seine Kommune aber später gar kein damit kompatibles Gasnetz plant. Die Ampel-Fraktionen haben bislang nur festgelegt, dass dann „angemessene Übergangsfristen zur Umstellung auf die neue Technologie“ gelten sollen. Was genau als angemessen gilt, muss die Ampel noch diskutieren.
Kommt ein Beschluss des Gebäudeenergiegesetzes vor der Sommerpause?
Die FDP hält eine Einigung vor der Sommerpause für unrealistisch und betonte, sich nicht unter Zeitdruck setzen zu lassen. „Wir brauchen kein schnelles Gesetz, sondern ein gutes“, sagte Fraktionsvize Christoph Meyer Anfang Juni. Vertreter der Kommunen und der Wohnungswirtschaft forderten, das Gesetz erst im Herbst zu verabschieden. Sobald das Gesetz den Bundestag passiert hat, geht es an den Bundesrat. Wann das klappt, ist derzeit noch offen. Der letzte Beschlusstermin wäre dann laut aktuellem Zeitplan der 7. Juli, dafür wäre eine Fristverkürzung nötig. Die parlamentarische Sommerpause beginnt am 8. Juli.
Der Bundesrat kann gegen das Gesetz allerdings allenfalls Einspruch erheben, eine Zustimmung ist nicht nötig. Würde das Gebäudeenergiegesetz tatsächlich noch vor der Sommerpause beschlossen werden, träte es zum Jahreswechsel in Kraft. Wer dann neu baut oder eine neue Heizung braucht, könnte die Folgen des GEG ab Januar sofort spüren, sofern die jeweilige Kommune bereits eine Wärmeplanung hat. In allen anderen Fällen bleibt mehr Zeit. Funktionierende Heizungen müssen nicht ausgetauscht, eine kaputte Heizung darf repariert werden (dpa/bme).
