Politische Karriere in Gefahr?

Habecks Kanzler-Ambitionen könnten nach Offenbarungseid scheitern

  • Stephanie Munk
    VonStephanie Munk
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Habeck versucht trotz mieser Wirtschaftsprognosen einen Hoffnungsschimmer zu sehen. Seine Laufbahn als Kanzlerkandidat der Grünen könnte wanken.

Berlin – Als Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im letzten Herbst die Konjunkturprognose für 2024 präsentierte, war die Stimmung noch optimistisch. Eine Wachstumsrate von 1,3 Prozent schien greifbar. Doch am Mittwoch (9. Oktober) musste der Vize-Kanzler eingestehen, dass Deutschland das zweite Jahr in Folge in die Rezession gerutscht ist.

Trotz dieser düsteren Aussichten versucht Robert Habeck, eine positive Perspektive zu bieten. Er verweist auf gesunkene Inflationsraten und steigende Löhne, die den Bürgern mehr Kaufkraft verleihen sollen. Habeck hat diesen Optimismus auch dringend nötig, denn mit dem Wachstum der deutschen Wirtschaft sind auch seine großen politischen Ambitionen in Gefahr.

Mitsamt der deutschen Wirtschaft aus dem absteigenden Ast? Robert Habeck will Grünen-Kanzlerkandidat werden.

Der Grünen-Spitzenmann möchte sich als Kanzlerkandidat der Grünen für die Bundestagswahl 2025 positionieren. Schon in rund vier Wochen steht für ihn die Kür zum Spitzenkandidat seiner Partei an. Dann hat Deutschland neben CDU-Mann Friedrich Merz und – voraussichtlich – Kanzler Olaf Scholz noch einen Bewerber für das Kanzleramt.

Wirtschaftsprognose könnten Habecks Pläne für die Kanzlerkandidatur vermiesen

Doch die aktuelle Wirtschaftskrise, die er als Wirtschaftsminister erklären und mitverantworten muss, könnte Habecks Pläne durchkreuzen, sich gegenüber Merz und Scholz als tüchtiger Erneuer zu profilieren. Und interne Konflikte innerhalb der Koalition erschweren es ihm, seine Visionen umzusetzen.

Trotz der unbestreitbaren Herausforderungen betont Habeck wohl auch deshalb unerschütterlich, dass er dran sein, die Probleme des Landes zu lösen. Und 2025 und 2026 Wachstumsraten prognostiziert er bereits eine positive Trendwende für die deutsche Wirtschaft mit Wachstumsraten von 1,1 und 1,6 Prozent.

Doch die Maßnahmen der Ampel-Koalition, die dieses Wachstum fördern sollen, sind umstritten. Ein Konjunkturprogramm mit rund 120 Einzelmaßnahmen soll das Wachstum um 0,3 Prozentpunkte steigern. Nicht nur die internationale Presse reagiert skeptisch auf Habecks optimistische Schätzung.

Habeck für viele zum Feindbild geworden – Pläne auch in der Ampel umstritten

Auch gesellschaftlich stößt Habecks Politik teils auf Widerstände, für viele Bürger ist er zum Feindsymbol für die Angst auslösende Transformation der Wirtschaft geworden. Habecks geplanter Umbau der deutschen Wirtschaft als einer, die auf erneuerbaren Energien basiert, ruft Existenzängste hervor. Befeuert wurden diese zuletzt durch Hiobsbotschaften von großen deutschen Konzernen wie Volkswagen und Thyssen-Krupp.

Die Bundesvorsitzenden der Grünen: Von Jürgen Trittin bis Ricarda Lang

Krista Sager und Jürgen Trittin von den Grünen
Im Dezember 1994 traten Krista Sager und Jürgen Trittin als Doppelspitze des noch jungen Zusammenschlusses namens „Bündnis 90 / Die Grünen“ an. Beide wurden zu Sprecherin und Sprecher des Bundesvorstands der Partei gewählt. Gemeinsam lenkten sie die Geschicke der Partei für zwei Jahre bis 1996. © Sepp Spiegl/imago-images
Jürgen Trittin blieb Sprecher der Grünen, von 1996 bis 1998 aber mit neuer Kollegin an seiner Seite: Auf Krista Sager folgte Gunda Röstel.
Jürgen Trittin blieb Sprecher der Grünen, von 1996 bis 1998 aber mit neuer Kollegin an seiner Seite: Auf Krista Sager folgte Gunda Röstel. © Jürgen Eis/imago-images
Gunda Röstel blieb für zwei weitere Jahre Sprecherin des Bundesvorstands der Grünen. Antje Radcke ersetzte den scheidenden Jürgen Trittin.
Gunda Röstel (l) blieb für zwei weitere Jahre Sprecherin des Bundesvorstands der Grünen. Antje Radcke ersetzte den scheidenden Jürgen Trittin. Von 1998 bis 2000 wurde die Partei damit von zwei Frauen an der Spitze geführt. © Sven Simon/imago-images
Fritz Kuhn und Renate Künast wurden zu Sprecher und Sprecherin des Bundesvorstands.
Im Jahr 2000 tauschten die Grünen ihr Führungspersonal komplett aus. Fritz Kuhn und Renate Künast wurden zu Sprecher und Sprecherin des Bundesvorstands. Ihre Amtszeit hielt aber nur ein Jahr bis 2001. © imago stock&people
Fritz Kuhn und Claudia Roth
Aus Bundesprechern wurden bei den Grünen im Jahr 2001 Bundesvorsitzende. Die ersten Beiden, die dieses Amt bekleideten, waren Fritz Kuhn und Claudia Roth. © Sven Simon/imago-images
Reinhard Bütikofer und Angelika Beer
Nur ein Jahr später der nächste Wechsel an der Spitze der Grünen. Reinhard Bütikofer und Angelika Beer rücken auf und bilden den Bundesvorstand der Partei von 2002 bis 2004. © imago-images
Claudia Roth als Vorsitzende der Grünen zurück - an der Seite von Reinhard Bütikofer
2004 kehrte Claudia Roth als Vorsitzende der Grünen zurück - an der Seite von Reinhard Bütikofer. Das Duo blieb bis 2008 im Amt. © Sven Simon/imago-images
Claudia Roth und diesmal Cem Özdemir das Führungsduo der Grünen
Claudia Roth blieb insgesamt bis 2013 im Amt. Ab 2008 mit neuem Co-Vorsitzenden: Cem Özdemir. © Jan Huebner/imago-images
Cem Özdemir blieb Parteivorstand. Von 2013 bis 2018 führte er die Grünen gemeinsam mit Simone Peter.
Cem Özdemir blieb Parteivorstand. Von 2013 bis 2018 führte er die Grünen gemeinsam mit Simone Peter. © Rüdiger Wölk/imago-images
nnalena Baerbock und Robert Habeck als Führungsduo den Vorstand der Grünen
Im Jahr 2018 übernahmen Annalena Baerbock und Robert Habeck als Führungsduo den Vorstand der Grünen. Nach dem Einzug der Grünen in die Bundesregierung legten sie ihre Ämter nieder und schlossen sich dem Kabinett von Bundeskanzlern Olaf Scholz an. © Chris Emil Janssen/imago-images
Omid Nouripour und Ricarda Lang
Es folgten Omid Nouripour und Ricarda Lang. Sie übernahmen den Vorsitz des Bundesvorstands der Grünen im Jahr 2022. Zwei Jahre später verkünden beide ihren Rücktritt als Reaktion auf zahlreiche Wahlschlappen ihrer Partei. Wer die Umweltpartei künftig führt, ist noch offen. © dpa

Und sogar innerhalb der Koalition mit SPD und FDP stoßen Habecks Pläne ja auf Protest. Der Steuerbonus für ausländische Fachkräfte und die Prämie für Langzeitarbeitslose sind massiv umstritten. FDP und Teile der SPD, zuletzt sogar Olaf Scholz selbst, kritisieren etwa die 1000-Euro-Prämie für Arbeitslose als ineffizient. Habecks wiederholte Versuche, die deutsche Schuldenbremse zu reformieren und neue Sondervermögen zu schaffen, lässt Finanzminister Christian Lindner (FDP) stoisch verpuffen.

Habeck hat Grünen-Kanzlerkandidatur im Blick und bleibt trotz schlechter Prognose optimistisch

Trotz der widrigen Umstände bleibt Habeck nach außen eisern optimistisch. Er hofft, dass sich die Wirtschaft in den kommenden Jahren erholen wird und verweist auf externe Faktoren wie den Ukraine-Krieg, schwacher Nachfrage aus China und Protektionismus aus den USA.

Der Vizekanzler bemüht sich, die Prognosen für die deutsche Wirtschaft nicht schlechtzureden, verweist darauf, dass der Ampel trotz aller Unkenrufe schon vieles gelungen ist. „Wir sollten nicht blind die Narrative derjenigen übernehmen, die ein Interesse daran haben, dass das Land seine eigene Kraft und sein Selbstbewusstsein verliert“, sagte Habeck am Mittwoch mit Blick auf populistische Parteien. Man müsse sich „immer fragen, wessen Lied man an der Stelle singt“. (smu)

Rubriklistenbild: © IMAGO/Chris Emil Janssen