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„Die Menschen wissen, was passiert“ – Putin muss Soldaten-Frauen zum Schweigen bringen
VonFelix Durach
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Russische Frauen fordern die Heimkehr ihrer Ehemänner von der Front. Putin versucht händeringend seine Kritiker zum Schweigen zu bringen.
Moskau – Russlands Streitkräfte erleiden im Ukraine-Krieg weiterhin hohe Verluste. Die Truppen von Präsident Wladimir Putin kämpfen aktuell vor allem in den Gebieten um die Stadt Awdijiwka sowie am Ostufer des Flusses Dnipro in der Region Cherson gegen die ukrainische Armee.
Kritik an Ukraine-Krieg wird lauter – Soldaten-Ehefrauen gegen Putin
Eine Gruppe von Ehefrauen russischer Soldaten hat sich inzwischen in Moskau mobilisiert, um öffentlich gegen den Krieg und die Politik Putins zu demonstrieren. Doch der Kreml-Chef ist bemüht darum, die Kontrolle über die Deutungshoheit des Kriegs zu bewahren. Wie das russische Exilmedium Meduza am Freitag (18. November) berichtete, haben die Behörden in Moskau den Antrag der Gruppierung für eine Demonstration in der russischen Hauptstadt abgelehnt.
Wie der Telegram-Kanal Put Domoi (dt. der Weg nach Hause) meldete, war die Protestveranstaltung für den 25. November auf dem Moskauer Theaterplatz geplant gewesen. Die Veranstalter hatten mit knapp 300 Teilnehmern gerechnet. In ihrer Absage bezogen sich die Moskauer Behörden auf die nach wie vor geltenden Regelungen, gegen die Ausbreitung des Coronavirus.
Nach Auffassung von Put Domoi nur ein Vorwand: „Wo bleibt die Gerechtigkeit für uns?“, kommentierten die Betreiber des Telegram-Kanals die Entscheidung. „Wo bleibt die Gerechtigkeit für unsere Männer? Unterstützt ihr so die Helden des Landes? Gibt es Covid auch an der Front?“
Kriegsmüdigkeit in Russland? Moskauer Behörden verbieten Demonstration
Der Telegram-Kanal stellt weiter fest, dass Versammlungen und Demonstrationen zu anderen Themen sehr wohl genehmigt würden und forderte seine Abonnenten zum Protest auf. Befürworter einer Demonstration für die Rückkehr der russischen Soldaten sollten Briefe an den Moskauer Bürgermeister Sergei Sobjanin schreiben, um diesen umzustimmen.
Aus dem Posting ging nicht hervor, ob die Demonstration am 25. November trotz offiziellem Verbot durchgeführt werden solle. Die russischen Behörden drohten in ihrer Absage damit, Demonstranten zur Rechenschaft zu ziehen.
Wladimir Putin: Der Aufstieg von Russlands Machthabern in Bildern
Der Vorgang kann als ein Hinweis darauf gewertet werden, dass sich in der russischen Bevölkerung zunehmend eine Kriegsmüdigkeit einstellen könnte. Der Beginn der „militärische Spezialoperation“, wie Russland den Ukraine-Krieg nennt, jährt sich im Februar 2024 bereits zum zweiten Mal. Große Erfolge kann Putin seiner Bevölkerung bislang jedoch nicht vorweisen. Seit längerer Zeit hat sich der Konflikt zum erbitterten Stellungskrieg entlang der Frontlinien entwickelt. Große Durchbrüche blieben seit der ukrainischen Gegenoffensive in der Region Cherson weitestgehend aus.
Kaum Erfolge und enorme Verluste – Russland tritt im Ukraine-Krieg auf der Stelle
Russland und die Ukraine kämpfen immer wieder über Monate hinweg über die Kontrolle vergleichsweise kleiner Städte. Die Verluste sind dabei auf beiden Seiten enorm. In der ersten Jahreshälfte 2023 konzentrierten sich die Kämpfe vor allem auf die Stadt Bachmut in der Region Donezk. Russlands Armee gelang mithilfe der Söldner der Gruppe Wagner im Mai die Einnahme der durch die Kämpfe völlig zerstörten Stadt.
Seit mehreren Monaten haben die russischen Truppen nun die Kleinstadt Awdijiwka ins Visier genommen – ukrainische Truppen gelang es bisher, die Angriffe zurückzuschlagen. Der US-Thinktank „Institute for the Study of War“ (ISW) schrieb Anfang November in seinem Lagebericht, Russlands Generalstab zeige sich unfähig, aus den vergangenen Fehlern des Krieges zu lernen und seine Taktik anzupassen. In Awdijiwka würden die Truppen von Oberbfehlshaber Waleri Gerassimow ähnliche Fehler machen, wie ein halbes Jahr zuvor in Bachmut. Auch hier seien die Verluste erheblich.
Putin braucht Erfolge für seine Propaganda – „Die Menschen wissen bereits, was passiert“
Auch wenn die Einname von Awdijiwka durch Russland wohl keine Wende im Ukraine-Krieg einleiten würde, könnte Putin diese als Erfolg für seine Kriegspropaganda nutzen und der zunehmenden Kriegsmüdigkeit entgegenwirken. Denn in Russland werden immer mehr kritische Stimmen gegen die Kämpfe in der Ostukraine laut. Am 7. November versammelten sich bereits dutzende Ehefrauen von russischen Soldaten in Moskau, um die Rückkehr ihrer Männer zu fordern. Die Versammlung wurde von der Polizei aufgelöst. Das berichtete das Portal Newsweek.
Der Kreml geht seit Kriegsbeginn hart gegen Dissidenten vor. Im März erhöhte das russische Parlament die Strafe für die „Verbreitung wissentlich falscher Informationen“ über das russische Militär. Angeklagten drohen seitdem bis zu 15 Jahren Haft. Die Betreiber des Telegram-Kanals Put Domoi schrieben zum Ende ihres Beitrags mit Blick auf die Absage der Demonstration: „Ihr zeigt ein schönes Bild in den Medien, aber das ist die Realität. Für wen ist das eine komplette Lüge? Die Menschen wissen bereits, was passiert.“ (fd)