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Felßner zieht die Reißleine – Prominente Grüne sieht trotzdem „Beigeschmack“
VonJan-Frederik Wendt
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Nachdem sich der bayerische Bauernpräsident Felßner aus dem Rennen um das Bundesagrarministerium zurückgezogen hat, gibt es zahlreiche Reaktionen.
Update, 10.40 Uhr: Günther Felßner hat sich im Interview mit Welt zu der Protestaktion der Tierrechts-Bewegung „Animal Rebellion“ auf dessen Hof im Nürnberger Land geäußert. „Das war ein gewalttätiger Übergriff auf meine Familie und in meine Privatsphäre hinein“, so Felßner gegenüber dem Sender. Seine Frau habe sich zum Zeitpunkt des Protests im Stall befunden. „Sie hatte Angst um Leib und Leben.“
Dann fügte er, wohl mit Blick auf seinen Rückzug als möglicher nächster Bundesagrarminister, hinzu: „Solchen Dingen setze ich meine Familie nicht aus. Das sind Antidemokraten und Gewalttäter.“
„Ich verstehe seine Entscheidung, ich respektiere sie, aber ich bin traurig“, sagte Söder, wie das Fachmagazin Top Agrar berichtete. Ein Bauernpräsident als Minister hätte für Söder bedeutet, „dass endlich ein Fachmann eine Chance gehabt hätte, mitzuwirken“.
Felßner hatte seine Entscheidung insbesondere mit einer Protestaktion von Tierrechtsaktivisten begründet. Am Montag (24. März) waren Aktivisten der Tierrechtsorganisation „Animal Rebellion“ auf das Dach von Felßners Rinderstall im Landkreis Nürnberger Land geklettert, um ein Transparent zu befestigen – mit dem Schriftzug: „Kein Tierausbeuter als Agrarminister.“ Weitere Aktivisten hätten sich auf dem Hof verteilt und Plakate mit Protestnoten in die Höhe gehalten, teilte „Animal Rebellion“ mit.
„Unsere Protestaktion war friedlich“, sagte nun Scarlett Treml von „Animal Rebellion“. Felßners Aussage, er habe sich aus Angst um seine Familie zurückgezogen, „lehnen wir in aller Deutlichkeit ab und halten dies für vorgeschoben“.
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Felßner-Nachfolger: Söders Wunschkandidat springt ab – strafrechtliche Konsequenzen gefordert
Mittlerweile ermittelt die Polizei wegen des Verdachts auf Hausfriedensbruch. Söder bezeichnete die Aktion als „kriminelles Verhalten“. Dies sei „nicht die Form der Demokratie, die wir akzeptieren können“. Söder forderte strafrechtliche Konsequenzen.
Trotz Felßners Rückzug bleibt die CSU am Agrarministerium interessiert, sagte Söder. Für einen geeigneten Nachfolge-Kandidaten habe sich der CSU-Chef noch nicht entschieden. „Wer es wird, ist völlig offen. Üblicherweise ist das eine Entscheidung des Parteivorsitzenden, aber ich habe mit mir selber noch nicht geredet.“
Der aktuelle Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir (Grüne), verurteilte die Protestaktion. „Einschüchterungen und Drohungen haben in unserer Demokratie nichts, aber auch gar nichts verloren. Nicht gegen Günther Felßner und seine Familie und auch gegen niemand anderen. Das gilt für alle und das gilt ganz genauso für Galgen, Blockaden von Fähren und alle anderen Übergriffe“ schrieb der Bundestagsabgeordnete auf X.
Bayerns Bauernpräsident zieht sich zurück – Ex-Agrarministerin Künast sieht Beigeschmack
Ähnlich bewertete der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, das Vorgehen der Aktivisten. Es sei unverständlich, „dass solche persönlichen Angriffe und Bedrohungen gegen die Familie und das Eigentum eines politisch aktiven Landwirts teilweise gesellschaftlich geduldet werden.“ Rukwied kategorisierte die Aktionen als „Straften“. Dabei handele es sich weder um freie Meinungsäußerung noch um legitimen Protest.
Die ehemalige Agrarministerin Renate Künast (Grüne) bezeichnete den Protest als Hausfriedensbruch. Allerdings schränkte sie in ihrem Beitrag auf der Nachrichten-Plattform X ein: „Angesichts von Demos mit Galgen, dem Satz von Rukwied, dass die Republik was erleben würde, was sie noch nie erlebt hat, wenn seine Forderung nicht zu 100 Prozent erfüllt wird, hat die Erklärung von Felßner einen Beigeschmack.“
Auch Bayerns Agrarministern Michaela Kaniber kritisierte die Aktivisten: „Was hier dem Menschen Günther Felßner und seiner Familie angetan wurde, ist verabscheuungswürdig und menschlich betrachtet ein schwer erträglicher Vorfall.“ Die Drohungen und Anfeindungen stellten eine „ernstzunehmende Bedrohung der Demokratie“ darf, sagte die CSU-Politikerin.
Felßner und Bauernproteste: Grüne kritisieren CSU
Der Präsident des Zentralverbands der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG), Hans-Peter Goldnick, zollte Felßner für seine Entscheidung höchsten Respekt. Das berichtete die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Er kritisierte den öffentlichen Umgang von Felßner. „Die Entscheidung zu Gunsten der Sicherheit seiner Familie ist uneingeschränkt zu akzeptieren.“
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Karl Bär zeigte Verständnis für Felßner und kritisierte gleichzeitig die CSU: „Wenn Günther Felßner und die CSU die Aktion von Animal Rebellion zum Anlass von für einen Kulturkampf gegen Tierschützer und NGOs nehmen, schütten sie weiter Öl ins Feuer. Wenn sie aber anerkennen, dass auch die Bauernprotesten letztes Jahr Grenzen überschritten haben, kommen wir gemeinsam weiter“, sagte Bär.
Campact freut sich über Felßners Rückzug um Posten im Bundesagrarministerium
Der Vorsitzende des Umweltausschusses im Deutschen Bundestag, Harald Ebner (Grüne), bezeichnete Felßners Rückzug als „gute Nachricht für die Natur und alle Bauern, die naturverträglich wirtschaften wollen.“ Er fügte hinzu: „Ein Lobbyist, der wegen Gewässerverunreinigung verurteilt wurde und wissenschaftliche Fakten zur Ökologie und zu Klima- und Umweltschäden leugnet, wäre eine schwere Hypothek für jede Bundesregierung gewesen. Die werdende Koalition hat jetzt die Gelegenheit, eine dialogfähige Person für dieses Amt zu benennen.“
Auch der Geschäftsführende Vorstand von Campact, Christoph Bautz, freute sich über Felßners Entscheidung: „Es ist gut, dass Günther Felßner nicht Agrarminister wird. Der Cheobbyist des Deutschen Bauernverbandes ist nicht nur verurteilter Umweltsünder, sondern verbreitet auch Desinformation und ist stark vernetzt mit der Agrarlobby.“ Allerdings schränkte Bautz ein, dass gerechtfertigter Protest Grenzen benötige. Diese seien von den Aktivisten „eindeutig überschritten“ worden. (Jan-FrederikWendt)