Veto aus Ankara
Erdogan-Partner drängt Schweden zu mehr Zugeständnissen für Nato-Beitritt
VonErkan Pehlivanschließen
Die rechtsradikale MHP lehnt derzeit eine Nato-Mitgliedschaft Schwedens ab. Präsident Erdoğan kann das nicht ignorieren, denn die Partei ist Partner seiner Regierung.
Ankara – Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte auf dem Nato-Gipfel am 11. und 12. Juli zugesichert, sein Veto für einen Beitritt Schwedens in das westliche Verteidigungsbündnis aufzuheben. Bislang ist das aber nicht geschehen. Derzeit berate der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten über den Nato-Beitritt des skandinavischen Landes, hatte die türkische Regierung zuletzt mitteilen lassen.
Eines der Gründe, warum das Veto noch nicht aufgehoben wurde, könnte auch die rechtsradikale MHP sein. In einem Interview in der parteieigenen Zeitung Türkgünü sagte der Vorsitzende der Partei, Devlet Bahceli, dass er einen Nato-Beitritt ablehne. „Der Heilige Koran wurde in Schweden verbrannt. Unsere Religion wurde beleidigt. Schwerste Angriffe wurden auf unsere Spiritualität verübt“, so Bahceli.
Rechtsradikalen-Chef fordert Prozess gegen Netanyahu
Bahceli nennt in dem Interview die Bedingungen für einen Nato-Beitritt Stockholms. „Wenn es zu einem dauerhaften Frieden zwischen Israel und Palästina kommt, wenn ein unabhängiger und territorial integrierter palästinensischer Staat mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt in den Grenzen von 1967 anerkannt wird, wenn Israel sich bereit erklärt, Entschädigungen zu zahlen, wenn der Weg für einen Prozess gegen Netanjahu in Den Haag geebnet wird, dann werden wir Schwedens Nato-Mitgliedschaft befürworten“. Sowohl Bahceli als auch Erdoğan haben Israel immer wieder Kriegsverbrechen gegen Palästinenser vorgeworfen.
Die Worte von Bahceli kann der türkische Präsident nicht einfach ignorieren, da die Partei als „stiller Koalitionspartner“ gilt. Die MHP unterstützt die AKP-Regierung von Erdoğan und kann so mitreden. Der vergangene Innenminister Süleyman Soylu, Hardliner und blühender Nationalist, war ein Wunschkandidat der rechtsradikalen Partei.
Auch im Wahlkampf zur Türkei-Wahl im Mai konnte man die Zusammenarbeit zwischen Erdoğans AKP und Bahçelis MHP sehen. Die MHP unterstützte uneingeschränkt die Kandidatur von Erdoğan. Auch in Deutschland sah man die Einigkeit zwischen den beiden Parteien. So war der AKP-Abgeordnete Mustafa Acikgöz in einer Moschee der nationalistischen „Grauen Wölfe“ im nordrheinwestfälischen Neuss im Januar auf einer Wahlkampfrede zu sehen, in der er unter anderem drohte, gegen Kurden und Anhänger der Gülen-Bewegung Jagd zu machen. Nachdem den Fall fr.de von IPPEN.MEDIA exklusiv aufgedeckt wurde, wurde der türkische Botschafter sogar ins Auswärtige Amt zitiert.
Türkei muss am Ende Blockade gegen Nato-Beitritt aufgeben
Dennoch halten Expertinnen und Experten es kaum für möglich, dass die Türkei noch lange einen Nato-Beitritt Schwedens blockieren kann. Das Land pocht weiterhin auf eine EU-Mitgliedschaft und braucht dringend moderne Kampfflugzeuge. Bislang weigern sich sowohl die USA F-16 als auch die Europäer Eurofighter an Ankara zu verkaufen. Erdogan hatten immer wieder in der Vergangenheit gegen westliche Nato-Partner gepoltert. (erpe)
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