Trump vor Oberstem Gericht

Selbst Mord ohne Konsequenz? Supreme Court bei Trumps Immunität skeptisch

  • Nils Thomas Hinsberger
    VonNils Thomas Hinsberger
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Donald Trump pocht für mögliche Straftaten als Präsident auf seine Immunität. Das oberste Gericht der USA befasst sich jetzt mit der Forderung – das hat auch Auswirkungen auf die anstehenden Wahlen.

Update vom 26. April, 10.25 Uhr: Bei der Frage, ob Trump sich bei möglichen Straftaten auf seine präsidiale Immunität berufen kann, herrscht wohl Skepsis am obersten Gericht der USA. Bei den gestern gestarteten Verhandlungen sei aber klar geworden, dass eine vollständige Immunität für den Ex-Präsidenten eher unwahrscheinlich sei, wie die Tagesschau berichtete.

„Was, wenn ein Präsident entscheidet, dass sein Konkurrent korrupt ist und er dem Militär befiehlt, ihn umzubringen?“, wollte Richterin Sonia Sotomayor von Trumps Anwälten wissen. „Wäre das im Rahmen einer offiziellen Amtshandlung und er immun vor Strafverfolgung?“. Die Antwort von Trumps Anwälten: Unter Umständen ja.

Oberster Richter hegt Bedenken an Ablehnung von Trumps Immunität

Doch es gibt auch Stimmen am Gericht, die zumindest eine teilweise Immunität für sinnvoll halten. Der Oberste Richter und Konservative, John Roberts, sagte gegenüber Michael Dreebe, dass er Bedenken hinsichtlich der vorangegangenen Ablehnung von Trumps Immunität habe, berichtete die dpa. Dreebe fungiert als Vertreter für Sonderermittler Jack Smith, der Trump wegen des versuchten Wahlbetrugs vor Gericht anklagte.

Trump steht wegen möglicher Vergehen vor Gericht. Bald entscheidet das Oberste US-Gericht über die Immunität des Ex-Präsidenten.

Roberts begründete seine Bedenken wie folgt: „So wie ich es lese, heißt es einfach: ‚Ein ehemaliger Präsident kann strafrechtlich verfolgt werden, weil er strafrechtlich verfolgt wird‘“. Er stellte die Frage, weshalb das Gericht den Fall nicht wieder an das Berufungsgericht zurückschickt, oder eine Stellungnahme veröffentlicht, die besagt, „dass das nicht das Gesetz ist“.

Die Verhandlungen um eine mögliche Immunität für Donald Trump, könnte sich noch eine ganze Weile hinziehen. Mit einer Entscheidung wird erst Ende Juni gerechnet. Damit steht die Befürchtung im Raum, dass Trump sich selbst, aufgrund des verzögerten Prozessbeginns, begnadigen könnte – sollte er erneut zum Präsidenten der USA gewählt werden.

Erstmeldung: Washington, D.C. – In der Hauptstadt der USA steht eine historische Entscheidung an. Die Richter des obersten Gerichtshofs entscheiden über die Frage, ob Donald Trump für möglicherweise strafrechtlich relevante Handlungen während seiner Zeit als Präsident belangt werden kann. Die Entscheidung könnte einen Wendepunkt bei laufenden Strafverfahren gegen den Ex-Präsidenten markieren.

Trump ist in Washington wegen versuchten Wahlbetrugs angeklagt, nachdem er seine Anhänger dazu aufgestachelt hatte, das Kapitol in Washington am 6. Januar 2021 zu stürmen. Der Republikaner hatte damals die Verschwörungstheorie verbreitet, dass die Demokraten um Präsident Joe Biden die Wahl manipuliert hätten. Bereits vor dem Sturm auf das Kapitol hatte Trump versucht, das Wahlergebnis zu kippen. Gegen eine Entscheidung, dass er keine Immunität im Zusammenhang mit seinen Handlungen genieße, geht er nun gerichtlich vor.

Spielt Trump auf Zeit? Prozess wegen Wahlbetrug vor US-Wahlen wohl nicht mehr möglich

Trump wurde in der US-Hauptstadt von Sonderermittler Jack Smith in vier Punkten angeklagt, wie der Sender NBC News berichtete: Verschwörung zum Betrug an den Vereinigten Staaten, Verschwörung zur Behinderung eines amtlichen Verfahrens, Behinderung und Versuch der Behinderung eines amtlichen Verfahrens sowie Verschwörung gegen Rechte. Trump plädierte in allen Anklagepunkten auf nicht schuldig.

In Washington wird sich heute mit der Frage befasst, ob Trump für seine Vergehen während seiner Präsidentschaft Immunität besitzt.

Der Prozess gegen Trump hätte eigentlich schon wesentlich früher fortgeführt werden sollen. Ein Bundesgericht hatte den Antrag auf Immunität bereits gekippt, womit einem ursprünglichen Prozessbeginn am 4. März eigentlich nichts mehr im Wege stand. Doch durch Trumps Berufung gegen das Urteil hat sich das Verfahren verzögert – zugunsten des Ex-Präsidenten. Denn eine Verurteilung vor den im November anstehenden US-Wahlen gilt nun als fast unmöglich.

Damit kann Trump nicht mehr vor den Wahlen verurteilt werden und ihm eine ganz neue Möglichkeit eröffnen. Denn es sei möglich, dass sich Trump selbst begnadigt, sollte er erneut zum Präsidenten der USA gewählt werden. Gegenüber Zeit Online sagte der US-Jurist Russell Miller, dass ein Urteil in diesem Fall „erstmal keine Wirkung“ habe.

Immunität für Trump – Entscheidung wird Auswirkung auf zukünftige Präsidenten haben

Die Entscheidung des Gerichts wird vielleicht eine Auswirkung auf künftige Präsidenten und Präsidentinnen haben. Denn sollte Trump tatsächlich Anspruch auf Immunität während seiner Amtszeit zugesprochen bekommen, bedeute dies, dass die Staatsoberhäupter der USA prinzipielle Straftaten begehen dürfen, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen, schreibt die Nachrichtenagentur dpa. Dies hänge aber davon ab, wie das Urteil am Ende formuliert wird.

Trump vor Gericht: Die wichtigsten Personen beim Prozess in New York

Donald Trump ist der Angeklagte in New York.
Donald Trump ist der Angeklagte in New York. Der ehemalige Präsident der USA ist im Prozess um mutmaßliche Schweigegeldzahlungen in 34 Punkten angeklagt. Vorgeworfen wird ihm dabei nicht die Zahlung von Schweigegeld an sich. Vielmehr soll Trump Geschäftsberichte gefälscht haben, um die Zahlungen geheim zu halten. Damit soll der Kandidat der Republikaner für die US-Wahl 2024 sowohl gegen Steuergesetze wie auch gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung verstoßen haben. Trump ist der erste Präsident der USA, der sich in einem Strafprozess wiederfindet.  © Pool/Getty Images/afp
Alvin Bragg ist der Staatsanwalt im Prozess gegen Donald Trump.
Alvin Bragg ist der Staatsanwalt im Prozess gegen Donald Trump. Mit seinem Team an Ermittlern ist es sein Ziel, nachzuweisen, dass Trump mit den Schweigegeld-Zahlungen versucht haben soll, die öffentliche Meinung vor der US-Wahl 2016 zu beeinflussen. Bragg ist Mitglied der Demokraten und seit 2022 Bezirksstaatsanwalt des Bezirks New York. © Angela Weiss/afp
Verteidigt wird Donald Trump in New York von Todd Blanche
Verteidigt wird Donald Trump in New York von Todd Blanche. Der ehemalige Staatsanwalt, der seit April 2023 für den Ex-Präsidenten arbeitet, hat beste Beziehungen in das MAGA-Universum. So verteidigte Blanche bereits Igor Furman, ein Mitarbeiter Rudy Giulianis, und Paul Manafort, Trumps ehemaligen Wahlkampfmanager.  © Mark Peterson/Imago
Unterstützt wird Todd Blanche bei der Verteidigung Donald Trumps von Susan Necheles.
Unterstützt wird Todd Blanche bei der Verteidigung Donald Trumps von Susan Necheles. Sie gilt als sehr erfahrene Strafverteidigerin, auf deren Dienste unter anderem Donald Trumps Firma, die „Trump Organization“, in der Vergangenheit vertraute. Wenn Necheles nicht gerade den Ex-Präsidenten oder seinen Familienkonzern vertritt, verteidigt sie andere zwielichtige Gestalten aus New York - darunter in der Vergangenheit auch Venero Frank Mangano. Der mittlerweile verstorbene Mafiaboss galt Zeit seines Lebens als hochrangiges Mitglied der „Cosa Nostra“ und Chef der berüchtigten „Genovese-Familie“. © Pool/Getty Images/afp
Der Richter im Fall von Donald Trump in New York heißt Juan Merchan.
Der Richter im Fall von Donald Trump in New York heißt Juan Merchan. Geboren wurde er in Kolumbien, aufgewachsen ist er in New York. Dort begann er seine Karriere als Staatsanwalt. Seit 2006 ist er als Richter in der Stadt tätig. Merchan gibt an, kein Mitglied einer politischen Partei in den USA zu sein. Bei der US-Wahl 2020 soll er aber nach Informationen von CNN in drei Fällen kleine Geldbeträge an die Demokraten und ihren damaligen Kandidaten, den heutigen US-Präsidenten Joe Biden, gespendet haben. © Jane Rosenberg/dpa
Der Richter im Fall von Donald Trump in New York heißt Juan Merchan.
Sie brachte den Stein ins Rollen. Stephanie Clifford, besser bekannt unter ihrem Künstlernamen Stormy Daniels. Die Erotikdarstellerin behauptet, im Jahr 2006 eine kurze Affäre mit Donald Trump gehabt zu haben. Kurz vor der US-Wahl 2016 soll Trumps damaliger Anwalt Michael Cohen ihr 130.000 Dollar Schweigegeld gezahlt haben, damit die Affäre nicht ans Licht kommt und Trumps Wahlkampf behindert. Dass Daniels im Prozess gegen Donald Trump aussagen wird, gilt als nahezu sicher. © John Angelillo/Imago
Michael Cohen. Der ehemalige Anwalt Trumps gilt mittlerweile als einer seiner größten Gegner.
Die Eröffnungsplädoyers im Prozess gegen Donald Trump haben bewiesen, dass Michael Cohen der für beiden Seiten wichtigste Zeuge werden wird. Der ehemalige Anwalt Trumps gilt mittlerweile als einer seiner größten Gegner. Das dürfte auch daran liegen, dass Cohen 2018 in Zusammenhang mit Geschäften, die er für Trump abwickelte, wegen Steuerhinterziehung und Falschaussagen vor dem Kongress zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt worden war. © Spencer Platt/afp
Der erste Zeuge im Prozess gegen Donald Trump war David Pecker, ehemaliger Herausgeber des National Enquirer.
Der erste Zeuge im Prozess gegen Donald Trump war David Pecker, ehemaliger Herausgeber des National Enquirer. Pecker stammt wie Trump aus New York. Die beiden verbindet eine Geschäftsbeziehung, die bis in die 1990er Jahre zurückreicht. Vor Gericht bestätigte Pecker, dass er Trump dabei geholfen habe, Geschichten über Affären, die der Ex-Präsident gehabt habe, zu vertuschen. So soll der Zeitungsmann unter anderem in die Schweigegeldzahlungen an Stormy Daniels als auch an Karen McDougal verweickelt gewesen sein. © Imago
Neben Stormy Daniels behauptet auch Karen McDougal, sie habe Schweigegeld von Donald Trump erhalten.
Denn neben Stormy Daniels behauptet auch Karen McDougal, sie habe Schweigegeld von Donald Trump erhalten, um eine neun Monate dauernde Affäre geheim zu halten. Das ehemalige Playmate und spätere Model behauptet, sich zwischen 2006 und 2007 mehrmals mit dem späteren Präsidenten getroffen zu haben. Damit die Geschichte geheim bleibt, soll McDougal 150.000 Dollar erhalten haben. © Imago
Ein weiterer Zeuge, der im Prozess gegen Donald Trump vor Gericht erwartet wird, ist Allen Weisselberg.
Ein weiterer Zeuge, der im Prozess gegen Donald Trump vor Gericht erwartet wird, ist Allen Weisselberg. Er ist der ehemalige Finanzvorstand der „Trump Organization“ und hat bereits Erfahrungen mit New Yorker Justiz sammeln dürfen: Im Januar 2023 wurde Weisselberg zu einer neunmonatigen Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Laut Michael Cohen soll Weisselberg auch in die Schweigegeldzahlungen an Stormy Daniels verwickelt gewesen sein. © Kena Betancur/afp
Eine weitere hochkarätige Zeugin im Prozess gegen Donald Trump könnte Hope Hicks werden.
Eine weitere hochkarätige Zeugin im Prozess gegen Donald Trump könnte Hope Hicks werden. Das ehemalige Model steht seit 2012 mit der Familie Trump in Verbindung und arbeitete unter anderem für Donalds Tochter Ivanka Trump. Ab 2015 war sie Pressesprecherin der Wahlkampagne des späteren Präsidenten und blieb in verschiedenen Positionen auch nach Trumps Wahlsieg für ihn tätig. Im Prozess in New York dürfte sie nach ihren Kenntnissen über mutmaßliche Schweigegeldzahlungen im Wahlkampf 2016 befragt werden. © Andrew Harnik/dpa
Was sagt eigentlich Melania Trump? Die ehemalige First Lady hält sich bislang aus Prozess gegen ihren Mann heraus.
Was sagt eigentlich Melania Trump? Die ehemalige First Lady hält sich bislang aus Prozess gegen ihren Mann heraus. Weder begleitet die dritte Ehefrau Trumps ihn zum Gericht in New York, noch hat sie sich bislang zu den Vorwürfen geäußert, ihr Ehemann habe sie mit Playmates und Pornostars betrogen, während sie mit dem gemeinsamen Kind schwanger war. Bislang steht nicht fest, ob Melania Trump als Zeugin geladen wird. Sollte das geschehen, könnte Donalds Ehefrau wohl von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen. © Lynne Sladky/dpa
Zum Thema vor Gericht in New York wurde auch Barron Trump, der jüngste Sohn Donalds und das einzige Kind von Melania Trump.
Zum Thema vor Gericht in New York wurde auch Barron Trump, der jüngste Sohn Donalds und das einzige Kind von Melania Trump. Der über zwei Meter große Teenager feierte im März 2024 seinen 18. Geburtstag und wird noch dieses Jahr seinen Highschool-Abschluss feiern - womöglich ohne seinen Vater. Dessen Anwälte stellten für ihren Mandanten einen Antrag, dass er am 17. Mai, dem Tag der Abschlussfeier seines Sohnes, dem Gericht fernbleiben könne. Im Anschluss behauptete Trump, Richter Juan Merchan habe ihm das verboten - eine Falschbehauptung. Merchan hatte lediglich gesagt, er sei noch nicht bereit, eine Entscheidung über diesen Antrag zu fällen. Diese hinge vor allem davon ab, wie der Prozess in den kommenden Wochen verlaufen werde. © Damon Higgins/Imago

Dass es zu einem solchen Urteil kommen wird, sei aber unwahrscheinlich. Peter Shane, Professor für Verfassungsrecht an der Universität von New York sagte gegenüber Newsweek, dass es unwahrscheinlich sei, dass das Gericht im Sinne Trumps entscheidet. „Ob Präsidenten während ihrer Amtszeit wegen Verbrechen angeklagt werden können, ist eine schwierige Frage; ob ehemalige Präsidenten angeklagt werden dürfen, ist es nicht“, so Shane.

Verfahren gegen Trump – Ex-Präsident in vier Strafverfahren angeklagt

Das Verfahren in Washington ist jedoch nicht das Einzige gegen den ehemaligen US-Präsidenten. Insgesamt wird Trump in drei weitere Strafverfahren der Prozess gemacht. Der wohl prominenteste Fall ist die Schweigegeld-Affäre gegen die ehemalige Erotikdarstellerin Stormy Daniels.

Während des Wahlkampfes 2016 soll Trump sich das Schweigen von Daniels wegen einer vermeintlichen Affäre erkauft haben, was an sich nicht strafbar ist. Doch Trump soll die Zahlungen falsch verbucht und damit verschleiert haben – wegen der Fälschung von Geschäftsunterlagen droht eine Haftstrafe. (nhi)

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