Analyse
Tauwetter in den Beziehungen: China spricht wieder mit US-Militär
VonJörn Petringschließen
Zwischen hochrangigen amerikanischen und chinesischen Militär-Vertretern herrschte zuletzt Funkstille. Doch auf seinem Verteidigungsforum Xiangshan geht Peking auf Washington zu.
Peking hat das Xiangshan-Forum genutzt, um ein Entspannungssignal in Richtung Washington zu senden. Der wichtigste Satz des Verteidigungsgipfels, der eine Art chinesische Version der Münchner Sicherheitskonferenz oder des asiatischen Shangri-La-Forums ist, kam von Zhang Youxia. Der 73-Jährige ist Vizechef der mächtigen Zentralen Militärkommission. Über ihm steht als Chef der Kommission nur Staats- und Parteichef Xi Jinping.
Einerseits, so Zhang in seiner Eröffnungsrede am Montag, werde China die strategische Zusammenarbeit mit Russland ausbauen. Gleichzeitig sei China aber auch bestrebt, „auf Basis von gegenseitigem Respekt, friedlicher Koexistenz und Win-Win-Zusammenarbeit, die militärische Beziehungen zu den USA weiterzuentwickeln“.
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Diese Analyse liegt IPPEN.MEDIA im Zuge einer Kooperation mit dem China.Table Professional Briefing vor – zuerst veröffentlicht hatte sie China.Table am 31. Oktober 2023.
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Diese Aussage ist insofern von Bedeutung, als die militärische Kommunikation zwischen Washington und Peking zuletzt zumindest auf höchster Ebene eingefroren war. China weigerte sich, mit hochrangigen US-Vertretern zu sprechen, weil der frühere chinesische Verteidigungsminister Li Shangfu mit US-Sanktionen belegt war. Die Sanktionen stammen aus einer Zeit, als Li noch nicht Minister war.
Zhang schlug in seiner Rede allerdings auch harte Töne mit Blick auf Taiwan an. „Egal wer Taiwan in irgendeiner Weise von China abspalten möchte, die chinesische Armee wird dem niemals zustimmen und niemals Nachsicht üben“, sagte er. Taiwan läge in Chinas Kerninteresse.
Wenn Chinas Regierung gezwungen wäre, die Taiwan-Frage mit Gewalt zu lösen, werde es sich um einen rechtmäßigen und wiedervereinigenden Krieg handeln, hatte Generalleutnant He Lei der staatlichen Zeitung Global Times bereits am Sonntag gesagt.
Gesprächskanal wieder offen
Nun also die ausgestreckte Hand der Chinesen beim Xiangshan-Forum. Möglich war das nur, weil Li bekanntlich vergangene Woche abgesetzt wurde. Zuvor war er wochenlang nicht mehr öffentlich aufgetreten. Er teilt damit das Schicksal des früheren Außenministers Qin Gang. Auch er wurde Ende Juli seines Amtes enthoben, ohne dass Peking bis heute eine Erklärung dafür geliefert hätte.
Ein neuer Verteidigungsminister wurde noch nicht ernannt. Klar ist aber schon jetzt, dass der neue nicht unter US-Sanktionen stehen wird und somit Gespräche wieder problemlos möglich sein werden. Bemerkenswert: Während für Deutschland nur der Verteidigungsattaché der Botschaft beim Forum vertreten war, schickten die USA immerhin eine kleine Delegation.
Treffen zwischen Xi und Biden rückt näher
Das Tauwetter zwischen Peking und Washington hält also an. Nach dem Besuch von Wang Yi in Washington rückt ein Treffen von Xi Jinping und Joe Biden im November beim APEC-Gipfel in San Francisco in greifbare Nähe. Harmonisch verlief in den vergangenen Tagen auch der Besuch des kalifornischen Gouverneurs Gavin Newsom in China. Er zeigte sich sogar beim gemeinsamen Basketballspiel mit chinesischen Schulkindern.
Dass Gesprächsbedarf besteht, daran ließ Zhang in seiner Rede keinen Zweifel. Denn er bot nicht nur das Gespräch an. Er griff die USA zumindest indirekt auch an. „Einige Länder sorgen bewusst für Turbulenzen, mischen sich in die inneren Angelegenheiten anderer Länder ein und zetteln Farbrevolutionen an“, sagte Zhang ohne einen Namen zu nennen.
Schoigu holt gegen Washington aus
Sergej Schoigu sprang ihm bei. Der russische Verteidigungsminister warf den USA am Montag in Peking vor, geopolitische Spannungen zu schüren, um ihre „globale Vorherrschaft mit allen Mitteln“ aufrechtzuerhalten. Auch beschuldigte Schoigu die NATO, ihre Präsenz im asiatisch-pazifischen Raum unter dem Vorwand des Dialogs und der Zusammenarbeit mit den Ländern der Region auszuweiten.
Die US-Delegation kennt solche Reden und dürfte sie mit Gelassenheit aufgenommen haben. Denn ein wichtiges Ziel ist erreicht. Washington drängt seit langem darauf, die Militärgespräche mit China wieder in Gang zu bringen. Denn nur so können folgenschwere Missverständnisse vermieden werden.