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Berlin muss nochmal wählen: Verfassungsgericht hat über Wahl-Debakel entschieden
VonStephanie Munk
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Christian Stör
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Berlin wird den Makel der vermurksten Wahl 2021 nicht los. Nun fällte das Verfassungsgericht sein Urteil zur Wiederholung der Bundestagswahl.
Karlsruhe – Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Die Bundestagswahl von 2021 muss wegen zahlreicher Pannen in 455 von 2256 Wahlbezirken des Landes Berlin wiederholt werden, das sind gut ein Fünftel der Wahlbezirke. Anders als bislang beschlossen, erklärte das Gericht damit die Wahl in weiteren 31 Wahlbezirken für ungültig.
Der Bundestag hatte mit den Stimmen der Ampel-Regierung bereits im November 2022 eine teilweise Wiederholung beschlossen, allerdings in weniger Wahlbezirken, als das Urteil des Gerichts nun besagt. Laut dem Parlamentsbeschluss sollte in 327 der 2256 Wahlbezirke der Hauptstadt neu abgestimmt werden.
Die Wahl müsse aber in insgesamt 455 Berliner Wahlbezirken und den zugehörigen Briefwahlbezirken wiederholt werden, entschied die Vorsitzende Richterin, Doris König. Die Wiederholungswahl sei als Zweistimmenwahl durchzuführen, also mit Erst- und Zweitstimme.
Geklagt hatte die Unionsfraktion im Bundestag, die laut dem Urteil nun teilweise erfolgreich ist mit ihrer Wahlprüfungsbeschwerde. Der Beschluss der Ampel-Koalition zum Umfang der Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin sei im Ergebnis überwiegend rechtmäßig, so das Verfassungsgericht. Der Bundestag habe jedoch das chaotische Wahlgeschehen in vielen Berliner Bezirken unzureichend aufgeklärt. Er habe Niederschriften einzelner Wahlbezirke nicht ausgewertet. Das habe das Gericht nachgeholt.
Urteil des Verfassungsgerichts zur Berlin-Wahl: Erste Reaktionen
Auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Berlin-Wahl reagiert hat bereits Berlins regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU): Er habe „volles Vertrauen“ in den Landeswahlleiter Stephan Bröchler, „dass die Wahlen reibungslos ablaufen werden“, erklärte Wegner nach der Entscheidung. Der Senat habe „mit ihm gemeinsam alle notwendigen Voraussetzungen geschaffen, damit Wahlen in Berlin wieder funktionieren“.
Die Linke zeigte sich nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts erleichtert. „Mit dem Urteil ist klar, dass wir im Bundestag bleiben und unsere Aufgabe als soziale Opposition weiter wahrnehmen werden“, sagte der frühere Fraktionschef Dietmar Bartsch der Deutschen Presse-Agentur. Hätte die Wahl ganz wiederholt werden müssen, hätte eines der Direktmandate der Linken verloren gehen können – und mit ihm sämtliche Sitze der Linken. Das bleibt der Partei nun erspart.
Verfassungsgericht urteilte über Teilwiederholung der Bundestagswahl
Hintergrund: Bei der Bundestagswahl 2021 in Berlin herrschte das pure Chaos. Das Bundesverfassungsgericht verkündete nun am 19. Dezember (10.00 Uhr) in Karlsruhe, ob und in welchem Umfang die Wahl vom 26. September 2021 wiederholt werden muss. Der Wahltag war damals in vielen Berliner Wahllokalen chaotisch verlaufen: Menschen mussten lange warten und Schlange stehen, Stimmzettel waren falsch oder fehlten ganz. Vorübergehend mussten Wahllokale schließen oder blieben bis weit nach 18.00 Uhr geöffnet.
Bundesverfassungsgericht urteilt über Teilwiederholung der Bundestagswahl in Berlin
Beim Bundestag waren 1713 Einsprüche gegen die Bundestagswahl im Land Berlin erhoben worden. Im November 2022 hatte der Bundestag mit den Stimmen der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP beschlossen, dass die Wahl teilweise wiederholt wird. Betroffen waren demzufolge 327 der 2256 Wahlbezirke der Hauptstadt sowie 104 der 1507 Briefwahlbezirke. Laut dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts muss die Wahl aber nun in noch mehr Berliner Bezirken wiederholt werden.
Aus Sicht der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag war der Beschluss der Ampel-Regierung rechtswidrig, unter anderem weil der Bundestag die Wahl in sechs vom Bundeswahlleiter angefochtenen Wahlkreisen nicht insgesamt für ungültig erklärt hatte. Aus Sicht der Unionsfraktion sollte die Wahl folglich in mehr Wahlbezirken wiederholt werden.
Kabinett Scholz: Nach dem Ampel-Aus kommt Rot-Grün ohne Mehrheit
Wann könnte in Berlin die Bundestagswahl 2021 wiederholt werden?
Es gilt eine Frist von 60 Tagen nach dem Urteil. Wahlleiter Stephan Bröchler hatte schon vor geraumer Zeit den 11. Februar 2024 als denkbaren Termin genannt. Schon seit dem Sommer würden aber generell die Voraussetzungen für einen neuen Urnengang geschaffen. „Landeswahlleitung und Bezirke sind vorbereitet“, so Bröchler. Final ist das Datum aber noch nicht. Der Wahltermin muss im Amtsblatt verkündet werden.
Welches Wahlrecht gilt bei einer Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin?
Genau dasselbe, das auch im ersten Durchlauf 2021 galt. Das Bundesverfassungsgericht hat erst vor kurzem entschieden, dass die zugrundeliegende Wahlrechtsreform von 2020 verfassungskonform war. Inzwischen wurde das Wahlgesetz zwar noch einmal reformiert. Das wird aber nicht bei der Wiederholungswahl angewendet.
Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus wurde bereits wiederholt
Wegen der Pannen am 26. September 2021 hatte der Berliner Verfassungsgerichtshof die Wahl zum Abgeordnetenhaus wegen „schwerer systemischer Mängel“ und zahlreicher Wahlfehler für ungültig erklärt. Diese Wahl wurde am 12. Februar 2023 komplett wiederholt. Am Ende löste eine schwarz-rote Koalition das Dreierbündnis von SPD, Grünen und Linken ab. (dpa/cs)