Zurück zum alten Credo?
Neues CSU-Papier rügt „Multi-Kulti-Kuschelkurs“ der Ampel – und pocht wieder auf „deutsche Leitkultur“
VonStephanie Munkschließen
Markus Söders CSU hat ein Positionspapier zur Integration vorgestellt. Darin versammelt sie Forderungen, die im konservativen Milieu gut ankommen dürften.
München – Die „deutsche Leitkultur“ ist wieder da – zumindest in einem Positionspapier der CSU zur Integrationspolitik, das die Partei von Ministerpräsident Markus Söder jetzt vorgestellt hat. „Wir müssen von den zu uns kommenden Migranten einfordern, dass sie unsere Leitkultur akzeptieren“, heißt es im Entwurf des Papiers.
15 Jahre lang war von einer solchen Leitkultur nicht viel die Rede. 2016 war sie schon einmal in aller Munde gewesen, als es nämlich die CSU im Alleingang nach 16 Stunden Dauerdebatte in einem eigenen bayerischen Integrationsgesetz verankerte. Die Opposition – Grüne, SPD, Freie Wähler – störten sich damals immens am Begriff „deutsche Leitkultur“.
CSU stellt Positionen zur Integration von Migranten dar
Was mit Leitkultur gemeint ist, sorgte schon damals für kontroverse Diskussion. Im jetzigen Positionspapier der CSU steht: Zur Leitkultur gehörten „insbesondere Demokratie, Freiheit, Rechtsstaat, Gleichberechtigung, Toleranz und ein positives Bekenntnis zu unserem Land und natürlich auch das unverbrüchliche Existenzrecht Israels“. Integration bedeute, die Werte des Einwanderungslandes anzunehmen.
Das Papier der CSU bringt aber nicht nur die Leitkultur zurück ins politische Rampenlicht – auch die übrigen Punkte sind betont konservativ. So fordert die Fraktion einmal mehr eine Obergrenze für Zuwanderer, mehr Bildungs- und Wertevermittlung, keine Auslandsfinanzierung für Moscheen und harte Sanktionen gegen Antisemiten. Erst kürzlich machte Söder von sich reden, als er mit einer Bezahlkarte für Asylbewerber vorpreschte.
Söder mied in letzter Zeit markige Worte zur Migration
Das Papier markiert offenbar eine Neujustierung des CSU-Kompasses zurück zu Positionen, die die Partei bereits in der Asylkrise 2015 bis 2018 vertreten hatte. Es war in dieser Zeit, als Markus Söder in den „Tagesthemen“ und im „heute Journal“ im erbitterten Asylstreit mit der Schwesterpartei CDU bewusst das Wort „Asyltourismus“ fallen ließ. Danach hagelte es Kritik, er bediene sich in seiner Wortwahl bei der AfD. Söder ruderte reumütig zurück und erklärte im Landtag, er werde den Begriff nicht mehr benutzen.
In der Folge hat sich die CSU in letzter Zeit dann gegen derart markige und klare Aussagen entschieden. In internen Sitzungen warnte Söder seine Parteifreunde vor unbedachten Aussagen. Die Medien würden genau beobachten, wie sich die CSU verhalte. Er selbst hielt sich zurück und ließ Presseanfragen zur Integrationspolitik unbeantwortet.
Doch das neue Positionspapier legt nahe, dass es nun wieder ein Umdenken in der CSU gibt. Angedeutet hatte sich das bereits, als Söder sich im bayerischen Wahlkampf auf den plakativen CSU-Asylkurs früherer Jahre rückbesann – zum Beispiel mit seiner Wortkreation „Integrationsgrenze“. Hintergrund war wohl der Stimmungswechsel in der Bevölkerung zu Migration, den Söder – bekannt für seine vielen Sinneswandel – wohl wahrgenommen hat.
CSU kritisiert Migrationspolitik der Ampel: „Multi-Kulti-Kuschelkurs gescheitert“
Landtagsfraktionschef Klaus Holetschek sagte jetzt am Dienstag (21. November) bei der Vorstellung des neuen Papiers: „Wir müssen Integration völlig neu denken – denn Islamismus und Antisemitismus auf unseren Straßen zeigen, dass wir hier mit dem Multi-Kulti-Kuschelkurs von Rot-Grün gescheitert sind.“ Eine 180-Grad-Kehrtwende in der Migrationspolitik reiche nicht. „Der Bund muss endlich unsere Leitkultur und unsere Werte in den Mittelpunkt stellen und als Basis für unser Zusammenleben einfordern – so, wie wir es bereits im Bayerischen Integrationsgesetz verankert haben.“
Sogar das vor Jahren einmal kontrovers diskutierte Kopftuchverbot erlebt eine Neuauflage: „Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass wir auch das Tragen von Kopftüchern an Schulen kritisch hinterfragen“, sagte Holetschek. Es dürfe keine Denkverbote mehr geben.
Bayerns Ministerpräsidenten seit 1945




Besinnt Söder und CSU sich auf altes Credo?
Was steckt hinter der harten Linie? Erhofft Söder sich mehr Zustimmung in konservativeren Kreisen? Dazu passen Aussagen zur „illegalen Migration“, die mit allen zulässigen Mitteln bekämpft werden müsse – samt Warnungen, dass ansonsten der soziale Frieden im Land gefährdet sei.
Aus der CSU heißt es, einige der Positionen wirkten, als besinne sich die Partei nun wieder verstärkt auf das einstige Credo von Franz Josef Strauß, wonach es rechts von der CSU keine demokratisch legitimierte Partei geben dürfe. Diesen Status hatte die Partei in den vergangenen Jahren an die AfD und in Teilen auch an die Freien Wähler verloren. (dpa/smu)
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