Analyse
AfD-Erfolg auch bei Brandenburg-Wahl: Ist „mal eine neue Strategie“ nötig?
VonFlorian Naumannschließen
Trotz des SPD-Sieges in Brandenburg hat die AfD erneut zugelegt. Ein Politikwissenschaftler sieht Fehler in den Wahlkämpfen der anderen Parteien.
Die Wahl in Brandenburg ist vorüber – gerade viele Wähler der auf den letzten Wahlkampf-Metern erstarkten SPD dürften erleichtert sein, dass die AfD nicht die stärkste Partei geworden ist. Und doch: Hochrechnungen zeigten früh, dass die AfD auch im dritten Ost-Bundesland an Zustimmung gewonnen hat. Warum ist es allem Anschein nach so schwer, ein wirksames Mittel gegen die Rechtspopulisten zu finden?
Werner Krause, Politikwissenschaftler der Universität Potsdam, sieht mögliche Versäumnisse und eventuell falsche Prioritätensetzungen bei den anderen Parteien, wie er in einem Gespräch mit IPPEN.MEDIA erläutert. „Der AfD-Wahlkampf mit dem Thema Zuwanderung hat unglaublich viel Gewicht erhalten“, stellt er fest. Darüber hinaus betont er: „Die Zuspitzung auf das Migrationsthema hat der AfD nicht geschadet, das können wir klar beobachten.“ Eine Lehre, die auch die CSU in Bayern gezogen hatte – zwischenzeitlich.
Brandenburg-Wahl: „Eine Wahl für die AfD ist auch immer ein Abstrafen der Ampel-Koalition“
Krause sah zuletzt „Fehler in allen Wahlkämpfen“. Denn der Politikwissenschaftler, der unter anderem zu Umständen des Erstarkens radikal rechter Parteien forscht, urteilt auch mit Blick auf Thüringen und Sachsen eindeutig: „Diese Fehler wurden in allen drei Wahlkämpfen gemacht.“ Die CDU erlitt am Sonntag ohnehin eine deutliche Niederlage.
Es gab jedoch auch Faktoren außerhalb der Landespolitik. „Auf der anderen Seite ist eine Wahl für die AfD auch immer ein Abstrafen der Ampel-Koalition, der Bundesregierung“, erläuterte Krause. Darüber hinaus sieht er mit Blick auf die Rechtspopulisten ein strukturelles Problem: „Wir wissen auch: Wenn diese Parteien erst einmal in einem Parteiensystem etabliert sind, ist es auch gar nicht mehr so leicht, effiziente Gegenstrategien zu entwickeln – weil die AfD natürlich in der Lage ist, ihre Kernthemen immer wieder in die Öffentlichkeit zu bringen.“
Dass der Wahlsieg letztlich an die SPD und nicht an die AfD ging, ist auf einen stark polarisierten Wahlkampf zurückzuführen – darin sind sich Krause und sein Berufskollege Peter Ulrich vom Kommunalwissenschaftlichen Institut der Universität Potsdam einig. Die SPD habe in der Endphase stark mobilisieren können. „Viele Stimmen, wahrscheinlich auch von der CDU, sind Richtung SPD gegangen, um eine Wahlsiegerin AfD zu verhindern“, vermutet Ulrich. Er sieht jedoch auch spezifische Faktoren bei der Brandenburg-Wahl.
Die Drohung des SPD-Ministerpräsidenten Dietmar Woidke, bei einem Wahlsieg der AfD zurückzutreten, habe offenbar „extrem gezogen“. Woidke könnte zudem als „Landesvater aus den Transformationsregionen“, also den Kohleabbaugebieten in der Lausitz, zusätzliche Stimmen gewonnen haben. Auch die traditionelle Stärke der SPD ist „wirklich eine Besonderheit“.
Ergebnis in Brandenburg bei Rekord-Wahlbeteiligung „ein demokratischer Erfolg“
Ulrich betonte im Gespräch mit IPPEN.MEDIA, dass die SPD auch in Mecklenburg-Vorpommern recht stark ist – anders als in Thüringen oder Sachsen. „Insofern kann man nicht sagen, der Osten ist es, wo die AfD stark ist – vielmehr gibt es auch im Osten unterschiedliche Wahlgeografien, je nach Bundesland.“ Das Ergebnis in Brandenburg sei bei einer Rekord-Wahlbeteiligung „ein demokratischer Erfolg“. Ulrich spekuliert, dass es eine Art Sehnsucht nach „Normalität“ gibt – was für eine Große Koalition sprechen könnte. Ob diese eine Mehrheit erhält, war am Wahlabend jedoch unklar.
Ungeachtet der Polarisierung in der Brandenburg-Wahl und regionaler Besonderheiten scheint die AfD keineswegs eingedämmt oder zurückgedrängt zu sein. Angesichts der hitzigen Debatten über Migration während des Wahlkampfs blickt Experte Krause skeptisch in die Zukunft: „Es bleibt abzuwarten, ob sich die Parteien für den nächsten Bundestagswahlkampf doch nochmal eine andere Strategie überlegen.“
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