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AfD-Jugend setzt den „Stahlhelm auf“: Junge Alternative will sich gegen Auflösung wehren
VonKilian Beck
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Die AfD-Spitze will die „Junge Alternative“ kontrollieren und vor einem Verbot schützen. Die radikale Parteijugend fühlt sich gegängelt.
Berlin – In der „Jungen Alternativen“ (JA), der Jugendorganisation der AfD, regt sich Widerstand gegen den geplanten Umbau des Jugendverbandes durch die Mutterpartei. Die in Teilen rechtsextreme AfD will ihre deutlich radikalere Parteijugend enger an sich binden und besser kontrollieren können. Die Bundesspitze der JA und mehrere Landesverbände wollen sich nun gegen eine allzu enge Bindung an die Partei wehren, das berichteten das Portal Zeit Online unddie Tageszeitung taz am Donnerstag (5. Dezember). Die JA gilt als Radikalisierungsmotor der AfD.
AfD-Bundesvorstand will Umbau der Parteijugend „Junge Alternative“ noch vor Bundestagswahl einleiten
Das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) berichtete am Mittwoch, der AfD-Bundesvorstand habe beschlossen, die JA, aktuell ein unabhängiger Verein, nach dem Vorbild der „Jungsozialisten“ (Jusos) in der SPD umzubauen: Dies würde bedeuten, dass jedes AfD-Mitglied zwischen 16 und 35 Jahren automatisch JA-Mitglied wäre und jedes JA-Mitglied umgekehrt auch AfD-Mitglied sein müsste. Auch könnten zuständige Vorstandsgremien dann JA-Amtsträger mit Zwei-Drittel-Mehrheiten ihrer Ämter entheben und per Parteiordnungs- oder Ausschlussverfahren gegen JA-Mitglieder vorgehen. JA-Bundessprecher Hannes Gnauck, Mitglied im AfD-Bundesvorstand, unterstützte den Vorschlag gegenüber dem RND.
Beschlossen werden soll die dafür notwendige Satzungsänderung noch vor der Bundestagswahl. Thüringens Verfassungschutzpräsident Stephan Kramer sah demnach darin „ein durchsichtiges Ablenkungsmanöver für den Bundestagswahlkampf“. Weidel ließ sich kürzlich zur designierten Kanzlerkandidatin ausrufen. In Umfragen steht die Partei bei etwa 18 Prozent auf Platz zwei hinter der Union mit etwa 32 Prozent.
Streit bei der AfD-Jugend: Scharfe Kritik an JA-Chef Gnauck
Nun ist Gnauck, Ex-Soldat, der vom Militärischen Abschirmdienst 2021 als Rechtsextremist eingestuft wurde, scharfer Kritik aus seinem Verband ausgesetzt. „Wer seine eigene Parteijugend so abschießen“ wolle, schrieb Sven Kachelmann, stellvertretender JA-Bundesvorsitzender auf der Plattform X, „sollte sein Amt räumen“. Andere hochrangige Funktionäre äußerten sich auf der Plattform ähnlich.
„Stahlhelm auf“ – Interne Chats der „Jungen Alternative“ zeigen Wut auf die AfD
Besonders drastisch wurde es, dem Fachdienst table.media zufolge, allerdings intern: „Jetzt heißt es, Stahlhelm auf und ab in den Schützengraben. Unsere JA nehmen sie uns nicht“, schrieb JA-Bundesvize Nils Hartwig demnach in einer Chat-Gruppe. Ein hoher Funktionär aus Nordrhein-Westfalen bezeichnete die Pläne der AfD-Spitze demnach als „das Krankeste“, was er „je gehört“ habe. Der Bundesvorstand der JA zeigte sich demnach in einer internen Stellungnahme „erschüttert“, dass der Reformvorschlag zuerst der „linken Mainstream-Presse“ vorlagen.
JA-Bundesspitze will AfD-Vorschlag zur Auflösung der Parteijugend „grundlegend überarbeiten“
Gegenüber Zeit Online gab sich Hartwig zurückhaltender: Eine vom JA-Bundeskonvent eingesetzte Arbeitsgruppe werde den Antrag der AfD-Spitze nun „grundlegend überarbeiten“, eine „umfangreiche Nachbesserung“ sei aus Sicht der JA notwendig. Die JA fürchte besonders, dass Hunderte ihrer etwa 2.500 Mitglieder nicht in die AfD aufgenommen werden könnten, berichtete das Portal. Zudem beharre die JA darauf, dass nur Parteigerichte Disziplinarmaßnahmen erlassen dürften. Auf dem Bundesparteitag im Januar wolle man einen Gegenantrag einbringen, sollte man sich nicht mit der AfD-Spitze verständigen können. JA-Bundesvize Tomasz Froelich gab sich dialogbereit, eine „engere Einbindung“ der Parteijugend ergebe Sinn, allerdings müsse „eine gewisse Autonomie“ bewahrt werden.
AfD-Jugend fiel bisher durch Nähe zur extremen Rechten auf
Die JA fiel zuletzt immer wieder durch Verbindungen zur extremen Rechten auf. Etwa suchten einige Landesverbände, trotz eines theoretisch aufrechten Unvereinbarkeitsbeschlusses der AfD, immer wieder die Nähe zur „Identitären Bewegung“ und eigneten sich ihr Vokabular an. So gehört der rechtsextreme Kampfbegriff „Remigration“, hinter dem der Wunsch nach massenhafter Vertreibung von Migranten mit und ohne deutschen Pass steht, zum festen Kanon der JA.
Verwaltungsgericht Köln bescheinigt der AfD-Jugend „völkisch-abstammungsmäßigen Volksbegriff“
Im Februar kam das Verwaltungsgericht Köln zu dem Schluss, dass die JA einen „völkisch-abstammungsmäßigen Volksbegriff“ vertrete und daher bundesweit als rechtsextrem einzustufen sei. Die JA hatte zuvor gegen eine solche Einstufung durch den Verfassungsschutz geklagt. Eine Beschwerde gegen das Urteil ist noch anhängig. Nach der Festnahme der mutmaßlich rechtsterroristischen „Sächsischen Separatisten“ Anfang November schloss die AfD zwei der Verdächtigen aus, die JA entzog ihnen, dem RND zufolge, lediglich die Mitgliedsrechte, bis der Sachverhalt geklärt sei.
JA-Bundeschef will die rechtsextreme AfD-Jugend unter den „Schutzschirm des Parteienrechts“ stellen
In dieser Gemengelage liegt wohl ein Grund für die Pläne der AfD-Bundesspitze: Als Verein ist die JA relativ leicht zu verbieten. Und die AfD benötige einen Jugendverband, „der nicht Gefahr läuft, jederzeit über das Vereinsrecht verboten zu werden“, sagte Jochen Roos, Hessens JA-Chef, der Frankfurter Rundschau.Andererseits solle die JA professionalisiert werden, sagte AfD-Bundessprecherin Alice Weidel der Tageszeitung Welt. JA-Chef Gnauck sagte demnach, dass der „Schutz der jungen Leute“ vor dem Vereinsverbot durch den „Schutzschirm des Parteienrechts“ seine oberste Priorität sei.
Die AfD-Spitze im Wandel der Zeit: von Bernd Lucke bis Alice Weidel
Wanderwitz kritisiert geplante JA-Auflösung als Ablenkungsmanöver zum AfD-Verbot
Die AfD könnte sich durch den Umbau der Parteijugend etwas Luft in der Debatte, um ihre eigenen Verbindungen zur extremen Rechten verschaffen. Gleichzeitig wies der CDU-Politiker Marco Wanderwitz, einer der Wortführer für ein AfD-Verbot, darauf hin, dass die AfD sich so bereits einmal selbst verharmlost habe. Das „durchsichtige Manöver“ sei „dieselbe Nummer, wie bei der Auflösung des rechtsextremen Flügels“ 2020, sagte er der Tageszeitung Augsburger Allgemeine. „Die Leute sind alle noch da, haben nur offiziell keinen eigenen Verein mehr unter dem Dach der AfD“, so Wanderwitz. (kb)