Auf ihrem Weg zum Wunschkind stoßen alleinstehende Frauen auf „moralische und bürokratische Hürden“, die sie ins Ausland treiben. Was ist das Problem?

Für viele Frauen in Deutschland wird der Partner bei der Kinderplanung immer unwichtiger. 36 Prozent von ihnen können sich vorstellen, auch ohne festen Partner ein Kind zu bekommen. Bei den Single-Frauen sind es sogar 53 Prozent, zeigen Daten das Bundesfamilienministeriums (Bmfsfj) von 2020.

Stephanie Pinkowsky hat sich für eine Regenbogenfamilie und gegen Vater, Mutter, Kind entschieden. Sie ist „Solo-Mutter“, hat ihre Tochter also ohne Partner und mittels Samenspende zeugen lassen. Aber nicht in Deutschland, sondern in einer Klinik in Dänemark. 70 Prozent aller Patient:innen dort sind Deutsche, teilt uns die Einrichtung mit.

„In Deutschland waren mir die bürokratischen und moralischen Hürden für Solo-Mütter viel zu hoch“, sagt die 32-Jährige BuzzFeed News Deutschland, einem Portal von IPPEN.MEDIA.

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Solo-Mütter in Deutschland: So werden sie diskriminiert

In Deutschland gibt es rund 140 Kinderwunschkliniken. Nur etwas mehr als die Hälfte von ihnen behandelt Solo-Mütter. Als Voraussetzung für eine Behandlung fordern viele dieser Kliniken eine rechtliche und psychische Beratung, bei der die Frauen vorab ihren Kinderwunsch reflektieren. Etwa ein Viertel aller Einrichtungen setzt eine Garantieperson voraus, die für den Unterhalt des Kindes aufkommt, wenn die Mutter stirbt, oder sich ihr Kind nicht mehr leisten kann.

„Weniger als zehn Kliniken haben keine zusätzlichen Anforderungen für Single-Frauen“, sagt die Solomama Hanna Schiller. Unter alleinstehenden Frauen mit Kinderwunsch falle immer mal wieder der Spruch: „Häng doch lieber einem Typ ein Kind an“, erzählt sie. „Das ist doch scheiße!“ Um es solchen Frauen einfacher zu machen, teilt die 43-Jährige ihr Wissen über die Solomutterschaft auf ihrem Blog. Sie führt eine Datenbank mit deutschen Kliniken, die Alleinstehende behandeln und listet auf, was welche Klinik voraussetzt.

Pinkowsky kennt Schillers Blog. Sie weiß, dass sie sich auch in Deutschland hätte behandeln können. Trotzdem hat sie sich dagegen entschieden. Zu viele Hürden: „Da fühle ich mich als Single-Frau ganz klar diskriminiert“, sagt Pinkowsky. „Bevor jemand nach dem Club ungeschützten Sex hat, fragt auch niemand nach einem psychologischen Gutachten.“

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Was die Diskriminierung von Solo-Müttern in Deutschland ermöglicht

Die Reproduktionsmedizinerin und gynäkologische Endokrinologin Imke Mebes behandelt Solo-Mütter. Eine Garantieperson und psychosoziale Beratung sind bei ihr in der Amedes-Klinik in Hamburg keine Voraussetzung. Sie kenne jedoch auch Kollegen, die das anders handhaben. „Jeder Arzt und jede Ärztin kann individuell entscheiden“, sagt Mebes BuzzFeed News Deutschland.

Genau das sei das Problem, erklärt der Anwalt für Familien- und Medizinrecht Marko Oldenburger. „Es ist nicht akzeptabel, die Entscheidung Ärztinnen und Ärzten zu überlassen und Solomüttern so den Zugang zu versperren.“ Möglich sei dies, weil künstliche Befruchtung gesetzlich nur im Paragraf 27a Sozialgesetzbuch V geregelt werde. Da gehe es aber nur um die finanzielle Förderung von Kinderwunschbehandlungen bei verheirateten und heterosexuellen Paaren.

Jurist sieht „Fortpflanzungsfreiheit in Deutschland gefährdet“

Um diese „unzureichende Rechtsgrundlage“ auszugleichen, gebe es Richtlinien der Bundesärztekammer, so Oldenburger. Verschiedene Landesärztekammern würde diese in ihren Berufsordnungen jedoch unterschiedlich auslegen. Zum Beispiel die Ärztekammer Nordrhein. Auf deren Berufsordnung verweist die Klinik UniKid Düsseldorf, die Solo-Mütter nicht behandelt.

„So wie die Situation aktuell ist, sehe ich die Fortpflanzungsfreiheit in Deutschland gefährdet“, sagt Oldenburger BuzzFeed News Deutschland. Weil es nur Richtlinien und keine Gesetze gebe, komme es immer wieder zu „Gewissensentscheidungen“, wie der Forderung einer Garantieperson. „Das ist unsinnig“, ärgert sich der Jurist. Eine Garantieperson bekomme im Notfall nicht automatisch die Vormundschaft, hier entscheide immer noch ein Familiengericht nach Beratung mit dem Jugendamt.

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„Nicht zeitgemäß“: Solo-Mütter tragen auch alle Kosten selbst

Die FDP-Abgeordnete Katrin Helling-Plahr weist darauf hin, dass es Solo-Mütter nicht nur wegen der unzureichenden Rechtsgrundlage außerhalb 27a Sozialgesetzbuch V, sondern auch explizit wegen dieses Paragrafen schwer haben, denn er vergesse sie einfach.

Der Paragraf regelt, dass die Krankenkasse bei verheirateten Paaren, die Fortpflanzungsschwierigkeiten haben und die „Ei- und Samenzellen der Ehegatten“ benutzen, die Hälfte der Kosten einer Kinderwunschbehandlung übernimmt. Weitere 25 Prozent on top ermöglicht in zwölf Bundesländern eine Richtlinie des Familienministeriums – auch für nicht-eheliche Paare.

Solo-Mütter und Homosexuelle sind auch von dieser Richtlinie ausgeschlossen und müssen Kosten (pro Kinderwunschbehandlung zwischen 2000 und 3000 Euro) selbst tragen. „Dass die Krankenkasse nur zahlt, wenn ein Paar heterosexuell ist und den eigenen Samen benutzt, ist längst nicht mehr zeitgemäß“, findet Helling-Plahr.

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Im Koalitionsvertrag habe man sich geeinigt, diese Diskriminierung zu beenden. „Künstliche Befruchtung wird [...] bei heterologer Insemination*, unabhängig von medizinischer Indikation, Familienstand und sexueller Identität förderfähig“ steht auf Seite 92. „Das muss jetzt endlich in ein Gesetz gegossen werden“, fordert Helling-Plahr.

*künstliche Befruchtung mit Spermien, die nicht vom (Ehe)-Partner stammen

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Solo-Mütter in Deutschland: Gesundheitsministerium äußert sich

BuzzFeed News Deutschland fragt beim Gesundheitsministerium nach, warum die Rechte von Solo-Müttern bisher nicht explizit juristisch verankert sind und wann das Vorhaben im Koalitionsvertrag zur Finanzierung von Kinderwunschbehandlungen umgesetzt wird. Zum zweiten Punkt teilt uns ein Sprecher mit, das Vorhaben im Koalitionsvertrag sei bekannt, man „prüfe aktuell Möglichkeiten“, es umzusetzen.

„Es wird höchste Zeit, dass Gesundheitsminister Lauterbach Taten sprechen lässt und mit der angekündigten Gesetzesänderung den Weg frei macht“, sagt Helling-Plahr. „Zuerst muss unser Gesundheitsminister die Gesetzgebung ändern, dann sollte Lisa Paus umgehend mit der entsprechenden Richtlinie nachziehen“, sagt sie. „Eigentlich hätte das schon vergangenes Jahr passieren sollen.“

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